
Bad Oeynhausen. Apathisch sitzt der Storch am Kiesufer der Weser. Ab und an hebt er den Kopf, meist verbirgt er ihn aber schützend unter seinem Brustgefieder. Sein linkes Bein hält er leicht angewinkelt in Schonstellung.
"Wir machen uns Sorgen um den verletzten Storch", sagt Erwin Mattegiet. Woher seine Verletzung stammt, kann der Naturschützer nur vermuten. "Vielleicht hat er im Tiefflug einen Stacheldrahtzaun gestreift." Gebrochen ist das Gelenk nicht, doch der Vogel humpelt stark. Statt reglos am Ufer zu stehen, müsste er mit Nahrungssuche oder Gefiederpflege beschäftigt sein."Mit diesen Tätigkeiten verbringen Störche normalerweise die meiste Zeit des Tages", erklärt Erwin Mattegiet.
Fliegen kann der Storch problemlos. Doch wenn er bei der Nahrungssuche Mäuse oder kleine Amphibien verfolgen muss, macht ihm sein Handicap zu schaffen.
Das Brüten hat mittlerweile komplett die Störchin übernommen. In den nächsten Tagen wird der Schlupf der Jungvögel erwartet. "Dann wird der Storch dringend gebraucht, denn ein Vogel allein kann nicht ausreichend Nahrung für den hungrigen Nachwuchs heranschaffen." Regenwürmer sind die Hauptnahrung der Jungen. "Nach den Regenfällen müssten sie zahlreich an der Erdoberfläche zu finden sein", hofft Erwin Mattegiet auf leichte Beute für den Storch.
Da beide Vögel unberingt sind, bleiben Alter und Herkunft ungewiss. "Beringt werden Störche als Nestlinge", erklärt der Vogelfreund. "Wenn wir uns mit Hubwagen oder Feuerwehrleiter nähern, verlässt der Altvogel vorübergehend den Horst. Die Jungvögel fallen in Schockstarre, als ob ein Raubvogel käme. In Minutenschnelle werden sie mit Clipverschlüssen beringt."
Im Kreis Minden-Lübbecke hat "Storchenvater" Dr. Alfons Bense aus Windheim die Erlaubnis der Vogelwarte Helgoland, die Beringung durchzuführen. 40 Storchenpaare brüten aktuell im Kreisgebiet. Das Aktionskomitee "Rettet die Weißstörche" kümmert sich um das Lebensumfeld des Kulturfolgers.
Möglichkeiten, dem humpelnden Storch zu helfen, sieht Erwin Mattegiet nicht. "Man kann ihn nicht einfangen. Auch wenn man ihn in eine Pflegestation bringen würde, ist die Brut vorbei, bis er geheilt wäre. Man kann nur hoffen, dass er es schafft."
Zufüttern möchte der Naturschützer nicht. "Die Störche sollen Wildtiere bleiben." Um unnötigen Stress für den hinkenden Vogel zu vermeiden, bittet der Naturschützer um Rücksichtnahme. Hundehalter sollten ihre Tiere an der Leine führen.