Dieser Maschinenbauer aus Bad Oeynhausen baut in Rekordzeit ein neues Kundenzentrum

Bad Oeynhausen. Das Ballett der Baukräne bei der Firma Battenfeld-Cincinnati ist eine bühnenreife Aufführung. Hoch über den Dächern der benachbarten Wohnhäuser tanzen die Ausleger der Stahltürme und schleppen Wände, Beton und allerlei Baumaterialien. Auf der Baustelle des Weltmarktführers für Extrudertechnik hat sich seit dem symbolischen Spatenstich im Januar viel getan. Der Rohbau des neuen Kundenzentrums ist fast fertig. In einem Jahr soll das Gebäude bezugsfertig sein. Der langjährige Firmenchef Gerold Schley wird dann allerdings nicht mehr selbst in die neuen Räume umziehen. Schley hat die Geschäftsführung am 1. Juli an Henning Stieglitz übergeben. Für den 53-jährigen Maschinenbauingenieur ist das kein Neuland. Stieglitz hat an der Universität Paderborn studiert und seine Doktorarbeit geschrieben. Seit 2008 arbeitet er bereits bei Battenfeld-Cincinnati und ist seit 2015 neben Schley auch Geschäftsführer der Holding. Nun steht Stieglitz allein an der Spitze. Battenfeld-Cincinnati gehört zur Extrusion Technology Group, die Anfang des Jahres vom US-amerikanischen Konzern Davis-Standard übernommen wurde. Davis-Standard bezeichnet sich als &bdquo;weltweit führendes Unternehmen in der Entwicklung und Herstellung von Extrusions- und Verarbeitungstechnologie“. Battenfeld-Cincinnati ist künftig eine Marke des Konzerns neben Exelliq und Simplas. &bdquo;Regionale Verbundenheit ist gut“ Die Firma Battenfeld-Cincinnati hat fünf Standorte in Deutschland, den USA, China und Österreich. Das Unternehmen baut Extruder und Extrusionsanlagen. Mit den Stangenpressen können Rohre, Tiefzieh-Folien und Platten geformt werden. Mit den Maschinen aus Bad Oeynhausen stellen Kunden in aller Welt Trinkwasserrohre, Folien, Bodenbeläge, Glasfaserkabel, Joghurtbecher oder Fensterprofile her. Bad Oeynhausen ist mit rund 280 Mitarbeitern der größte Standort der Firmengruppe, in Kempen arbeiten rund 20 Mitarbeiter, in der österreichischen Hauptstadt Wien 160, in den USA etwa 60 und in China 130 Menschen. Die Firma ist 1943 aus einem Familienbetrieb für Getriebebau entstanden. Und wie so viele Unternehmen aus der vermeintlich alten Wirtschaft, der &bdquo;Old Economy“, ringt Battenfeld-Cincinnati um qualifizierte Arbeitskräfte. &bdquo;Maschinenbau ist vielleicht nicht fancy“, sagt Stieglitz mit Blick auf öffentliche Diskussionen über die moderne Arbeitswelt. Battenfeld-Cincinnati macht aber eine ganze Menge, um ein guter Arbeitgeber zu sein, gute Leute zu bekommen - und zu halten. Die äußerst geringe Fluktuation in der Mitarbeiterschaft spricht nach Ansicht von Stieglitz für den Erfolg der Personalpolitik: &bdquo;Wir versuchen Leute aus der Region zu bekommen, regionale Verbundenheit ist gut“, sagt der Geschäftsführer: &bdquo;Wenn wir jemanden haben, dann bleibt er.“ In den vergangenen Monaten hat die Firmengruppe ganz schön viel Geld in die Hand genommen, damit das so bleibt. Die Arbeitsplätze der Mitarbeiter sind auf den neuesten Stand gebracht worden. 20 Millionen Euro für die Sanierung des Standorts Das Betriebsgelände am Grünen Weg wurde praktisch auf links gezogen und komplett saniert. Die Gebäude wurden innen und außen runderneuert, die Bodenbeläge in den Produktionshallen erneuert, die Außenhüllen gedämmt und Photovoltaikanlagen montiert. Außerdem wurden auf dem Gelände zwei Wohnhäuser abgerissen, die bislang als Büros dienten. Damit wurde Platz für den Neubau eines Technikums geschaffen. Rund 20 Millionen Euro hat Battenfeld-Cincinnati in die Sanierung des Standorts Bad Oeynhausen gesteckt. Im Erdgeschoss des neuen Technikums sollen Kunden aus aller Welt künftig die nagelneuen Extruder bei der Arbeit erleben und in den repräsentativen Räumlichkeiten im Obergeschoss darüber können die Kunden dann direkt beim Firmenchef die Kaufverträge unterzeichnen. Der Vertrieb, der bislang in einem angemieteten Gebäude an der Weserstraße untergeschlüpft ist, soll künftig ebenfalls im Neubau Platz finden. Zehn Monate warten auf den neuen Trafo Zuständig für die Koordination der Baukräne, der Handwerker und der Bauarbeiten ist Hartmut Kern. Kern stellt sich als Bauherrenvertreter vor. Ein Beruf, für den es keine Ausbildung gibt, Erfahrung aber Gold Wert ist. Kern kommt aus der Baubranche, hat selbst für ein Architekturbüro gearbeitet. Nun jongliert er Termine, Baumaterialien und Baupreise auf der Baustelle - in enger Abstimmung mit Firmenchef Stieglitz. Allein die Wartezeit für den neuen Trafo auf dem Firmengelände ist nichts für schwache Nerven: etwa zehn Monate musste Kern auf die Lieferung warten. Wegen des vielen Regens ist der Grundwasserspiegel auf der Baustelle gestiegen und behinderte die Bauarbeiten. Trotz alledem hält Kern die Zügel fest in der Hand und sagt: &bdquo;Wir werden Ende Juli 2025 fertig.“ Der Neubau hat etwa 4.000 Quadratmeter Nutzfläche. Der neue Technikkeller mit etwa 300 Quadratmetern Nutzfläche ist bereits betoniert. Über das Kellerdach rollen schon die Mitarbeiter-Autos auf den Parkplatz. Im Keller soll Ende August die Fernwärmeleitung der Stadtwerke-Tochter Neue Energien Bad Oeynhausen (NEO) andocken. Außerdem ist Platz für etwa 10.000 Liter Wasser zur Kühlung, wenn die Extruder im Technikum in Betrieb genommen werden. Die Abwärme der Extruder soll künftig über Wärmetauscher im Technikkeller in die Heizungsanlage des ganzen Standorts fließen. Ein zweiter Fernwärme-Anschluss an der Königsstraße ist bereits vorbereitet. Wann die Sperrung für Schulbusse aufgehoben wird Eigentlich wollte Battenfeld-Cincinnati im kommenden Winter bereits mit Fernwärme heizen. Ob das jedoch auch so klappt wie geplant, liegt in der Hand der NEO. Bauherrenvertreter Kern hat deshalb in dieser Woche vorsichtshalber entschieden, dass die alte Gasheizung doch noch einen Winter länger bleibt und nicht abgebaut wird. Der Gasliefervertrag wird ebenfalls verlängert. Das Technikum ist seiner Einschätzung nach zu 30, 40 Prozent fertig. Die Seitenwände werden vorproduziert und über Tieflader zur Baustelle gefahren. Jede mögliche Kältebrücke in dem entstehenden Neubau wird von spezialisierten Fachkräften unter die Lupe genommen und ausgemerzt. Das Ziel ist ein möglichst niedriger Energieverbrauch für Heizen und Kühlen. Das Baukran-Ballett bleibt den Anwohnern noch einige Zeit erhalten. Der Grüne Weg ist bei Anlieferungen deshalb immer wieder mal teilweise gesperrt worden. Wenn die Sommerferien enden, ist aber auch die Zeit der Sperrungen vorbei. Ab Mittwoch, 21. August, sollen die Schulbusse ungestört wieder über den Grünen Weg rollen.

Meistgelesen