Betrug mit Fahrscheinen in Bad Oeynhausen: Busfahrer muss ins Gefängnis

Bad Oeynhausen. In den unendlichen Weiten des Internets gibt es nichts, womit nicht irgendwer Handel treibt. Nur zwei Mausklicks entfernt gibt’s beispielsweise einschlägige Verkaufsportale, die Monatstickets für den öffentlichen Nahverkehr im Wert von 65 Euro anpreisen; Versand diskret im weißen Briefumschlag. Wer da zuschlägt, ist allerdings schön blöd. Noch gibt es nämlich das Deutschlandticket deutlich günstiger. Trotzdem gibt es offenbar einen Markt für Fahrscheine, die auf dubiose Weise ihren Weg ins Netz finden. Das zeigt auch der Fall eines 57-jährigen Busfahrers aus Bielefeld, der nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft rund 1.400 Fahrscheine im Wert von 77.800 Euro ausgedruckt und sich damit der &bdquo;veruntreuenden Unterschlagung“ schuldig gemacht hat. Der Sohn des Fahrers soll versucht haben, solche Fahrscheine im Netz zu verticken. Das allerdings wird dem Angeklagten nicht vorgeworfen. Wohl aber, dass das Busunternehmen, bei dem der Busfahrer angestellt war, für die volle Summe gerade stehen muss. Der Fünf-Personen-Betrieb steht deshalb vor dem Ruin, wie der Firmenchef unter Tränen vor Gericht erklärte. Seit Ende November verhandelt das Amtsgericht Bad Oeynhausen in mehreren Fortsetzungen über den Fall und hat bislang zahlreiche Zeugen gehört. Darunter auch ehemalige Arbeitskollegen, die selbst in Verdacht geraten waren, die Fahrscheine ausgedruckt zu haben. Der angeklagte Busfahrer will es auch nicht gewesen sein. Er habe, erklärte er bereits am ersten Verhandlungstag, einen Haufen Fahrscheine in einer Plastiktüte in seinem Bus gefunden und mit nach Hause genommen, um sie später seinem Arbeitgeber auszuhändigen. Tickets im Wert von 8.000 Euro in der Jackentasche Dazu kam es aber nicht mehr, die Polizei war schneller. Der Chef des kleinen Busunternehmens war misstrauisch geworden, nachdem ihm ein Mitarbeiter von Transdev, das ist das Unternehmen, für das er als Subunternehmer tätig war, für den vermeintlichen Rekordverkauf an Tickets binnen weniger Tage im September 2020 gratulierte. Normal waren Verkäufe um die 500 Euro - im ganzen Monat. Der Busunternehmer vermutete zunächst einen Scherz, schaltete dann aber die Polizei ein. Ermittler fanden schließlich bei der Wohnungsdurchsuchung im Schlafzimmer des Angeklagten Blankorollen und Tickets im Wert von rund 8.000 Euro - in einer Jackentasche des Busfahrers. Auf die Spur kamen die Ermittler dem Busfahrer durch die Protokolle der Fahrkartendrucker in den verschiedenen Bussen, die der Angeklagte gefahren hat. Zunächst geriet deshalb ein Kollege des Angeklagten ins Visier der Ermittler, weil die Bordcomputer in den Bussen mit dessen Geheimzahl in Betrieb genommen worden waren. Wie sich aber herausstellte, war diese Geheimzahl gar nicht so geheim, wie sie eigentlich hätte sein sollen. Offenbar hatten die Busfahrer des Busunternehmens den Nummerncode in einer Whatsapp-Gruppe gegenseitig geschickt. Der Zugangscode war also betriebsöffentlich. Der falsch Verdächtigte war aber laut Dienstplan im Urlaub, als die Tickets ausgedruckt wurden. Er konnte es nicht gewesen sein. Die Verteidigerin des Busfahrers säte im Prozess Zweifel, dass ihr Mandant der Täter ist. Die Fahrkartendrucker, argumentierte sie, könnten von jedem anderen Busfahrer bedient worden sein. Einige Monatstickets seien zudem binnen weniger Sekunden in Petershagen-Schlüsselburg und in Bad Oeynhausen ausgestellt worden, was eigentlich nicht möglich ist, wenn die Drucker Ort und Zeit genau wiedergeben. &bdquo;Ist der Busfahrer wie Superman nachts mit dem Bus durch die Gegend gerauscht?“, fragte die Verteidigerin. Der Busfahrer hat zahlreiche Vorstrafen Diese Zweifel hatte die Staatsanwältin dagegen nicht. Die Fahrkartendrucker protokollieren nämlich nicht den wirklichen Standort der Busse, sondern den angenommenen laut gespeichertem Fahrplan. Das erklärte ein ehemaliger Mitarbeiter von Transdev, der die Drucker damals wartete. Die Fahrer können mit ein paar Handgriffen zur nächsten Haltestelle springen. Außerdem können die Drucker selbst in Bad Oeynhausen Fahrkarten fürs Mindener Land ausstellen. Aus Sicht der Staatsanwältin sprachen alle Indizien gegen den Angeklagten. Minutiös erläuterte sie anhand der Ticketprotokolle, warum die Ermittler letztlich auf den angeklagten 57-Jährigen gekommen sind. Auch außerhalb der Dienstzeiten sei es für den Busfahrer kein Problem gewesen, sich Zugang in einen Bus und damit auch zum Drucker zu verschaffen. Ein Ticket, das sein Sohn im Internet angeboten habe, stamme zudem unzweifelhaft aus einem Bus, den der Angeklagte selbst gefahren sei. Für diese Unterschlagung sei zwar &bdquo;keine größere kriminelle Energie“ nötig, so die Staatsanwältin, dadurch sei &bdquo;aber ein hoher Schaden“ entstanden. Mit Blick auf die Vorstrafen des Angeklagten wegen Körperverletzungen, Fahrens ohne Führerschein und Verstoßes gegen das Waffengesetz sowie vier gescheiterte Bewährungen forderte sie eine Haftstrafe von zwei Jahren. Die Verteidigerin widersprach. Die Staatsanwältin erst habe geschafft, was die Zeugen nicht hätten leisten können: einen Zusammenhang herzustellen, den es eigentlich nicht gebe. Das gesamte Ermittlungsverfahren sei im erst im Gericht nachgearbeitet worden. Einziger Fakt sei der Fund von Tickets im Wert von 8.000 Euro bei ihrem Mandanten, alles andere seien Annahmen. Die Verteidigerin forderte Freispruch. Der Angeklagte selbst beteuerte, er habe nur zweieinhalb Monate bei der Busfirma gearbeitet und wisse eigentlich gar nicht, wie die Drucker zu bedienen seien. Er habe sich &bdquo;noch niemals etwas Derartiges“ zuschulden kommen lassen. Der Angeklagte muss 77.800 Euro zurück zahlen Der Richter folgte in seinem Urteil der Staatsanwältin. Auch er ging von dem Ticketfund bei der Wohnungsdurchsuchung aus und sagte zum Angeklagten: &bdquo;Dafür haben Sie keine nähere Erklärung geliefert.“ Allein die Tatsache, dass er die Tickets aus der Plastiktüte herausgenommen und in seiner Jackentasche aufbewahrt habe, reiche aber schon aus, um den Tatvorwurf der Unterschlagung zu rechtfertigen. In der Gesamtschau der Beweise komme er jedoch zweifelsfrei zu der Überzeugung, dass der Angeklagte die Tickets gedruckt habe, um sie zu verkaufen. &bdquo;Sie sind sie bloß nicht losgeworden“, sagte der Richter und verurteilte den Busfahrer zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung. Der 57-Jährige muss außerdem 77.800 Euro an das Busunternehmen zurückzahlen. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

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