Warum ein Ehepaar aus Bad Oeynhausen keine Erdwärme nutzen darf

Bad Oeynhausen. Nachhaltig mit regenerativer Energie wollte die Familie Hönerhoff künftig heizen. Doch daraus wurde nichts. Und das liegt nicht allein an der Höhe der Investitionen. Die Gründe liegen tiefer, sie haben mit kurstädtischen Gegebenheiten zu tun, aber auch mit einer besonderen Zurückhaltung des Kreises. Das Haus der Familie Hönerhoff ist 35 Jahre alt. Es liegt in einer ruhigen Seitenstraße auf der Lohe. Vor ein paar Jahren haben die Hönerhoffs mit den ersten üblichen Sanierungsarbeiten begonnen. Angesichts des viel diskutierten Heizungsgesetzes der Ampel-Koalition haben sie im Januar Überlegungen für eine neue, nachhaltige Heizungsanlage angestellt. "Unsere Gasheizung war genauso alt wie unser Haus. Sie funktionierte zwar noch einwandfrei, aber wir wollten ohne den Zeitdruck einer defekten Heizung eine neue planen", erzählt Gerald Hönerhoff. Das Ehepaar zog einen Energieberater zurate und ließ sich umfassend informieren. Darüber, welche Möglichkeiten der energetischen Sanierung es für ihr 35 Jahre altes Haus gibt und welche sinnvoll seien. "Unser Haus hat ein zweischaliges Mauerwerk mit einer Dämmschicht von zehn Zentimetern dazwischen", berichtet Gerald Hönerhoff, "das war damals Standard." Heute liege dieser Standard bei 20 Zentimetern. Die Fenster ihres Hauses haben die Hönerhoffs vom Tischler ihres Vertrauens prüfen lassen. Heizungsplanung ohne Zeitdruck Geheizt haben sie bis dato mit Gas und einem Specksteinofen, der für Wärme im Wohnzimmer und in der Küche sorgt. Als Ersatz für die Gasheizung wollten die Hönerhoffs Wärme aus den Tiefen der Erde schöpfen. Also mit einer Erdwärmeheizung, bei der mit Hilfe von Erdsonden, die bis zu 100 Meter tief in den Boden gebohrt werden, Wärme aus dem Grundwasser gewonnen wird. Eine Erdwärmeheizung hätte in dem Haus nach Auskunft des Energieberaters funktioniert, allerdings hätten die Hönerhoffs zusätzlich zur neuen Anlage ihre Heizkörper gegen Flächenheizungen austauschen und eine Photovoltaikanlage installieren lassen müssen. Dennoch war die Familie willens, das Projekt "nachhaltiges Heizen" anzugehen. Im Februar fragte Gerald Hönerhoff telefonisch und schriftlich bei den Stadtwerken Bad Oeynhausen nach, ob eine Bohrung für die Sonden auf seinem Grundstück auf der Lohe möglich sei. Die Stadtwerke leiteten die Anfrage an die Kreisverwaltung weiter, denn das Kreisumweltamt ist als untere Aufsichtsbehörde für die Genehmigung zuständig. Mit dem Verweis auf den Heilquellenschutz in Bad Oeynhausen erhielt Gerald Hönerhoff allerdings schon früh den Hinweis, dass wenig Aussicht auf eine Genehmigung für die Bohrung bestehe. Und tatsächlich: Drei Wochen nach seiner Anfrage erhielt Hönerhoff die Ablehnung. Die Bohrung könne nicht genehmigt werden, weil sich das Grundstück der Hönerhoffs nicht nur im Heilquellenschutzgebiet befindet, sondern auch in einem Trinkwasserschutzgebiet der Zone 3A. "Für die Alternative hätten wir den ganzen Garten umkrempeln müssen" "Statt der Erdsonden hat uns das Kreisumweltamt als Alternative eine geothermische Anlage mit Erdwärmekollektoren vorgeschlagen", erzählt Gerald Hönerhoff. Diese Kollektoren werden großflächig in einer Tiefe von etwa 1,50 Meter verlegt. "Da war uns der Flächenverbrauch aber zu groß, wir hätten unseren ganzen Garten umkrempeln müssen und hätten wegen der Gefahr der Verwurzelung kaum etwas nachpflanzen können." Im Gegensatz dazu hätten die Erdsonden im Vorgarten Platz gefunden. "Da hätten wir für die Bohrung die Rosen weggenommen und hinterher neue gepflanzt", sagt Hönerhoff. Zwei Punkte haben die Hönerhoffs dennoch stutzig gemacht. Zum einen gibt es im Mailverkehr zur Genehmigung einen Hinweis auf eine Erdwärmebohrung an der Brucher Straße in Bad Oeynhausen. Und zweitens erstaunen ihn die im Oktober im Ausschuss für Stadtentwicklung vorgestellten Pläne für Tiefenbohrungen im großen Stil an drei Standorten im Stadtgebiet. Wie berichtet, befinden sich diese Pläne, die Experten des Fraunhofer Instituts Bochum im Ausschuss vorgestellt haben, noch ganz im Anfangsstadium. Die Fraunhofer-Experten haben drei Standorte für Tiefengeothermie in Bad Oeynhausen analysiert und diesen Standort eine überdurchschnittlich gute Effizienz bescheinigt. "Einer dieser Standorte liegt im Siekertal", sagt Hönerhoff. Dort würde bis in eine Tiefe von 1.000 Metern gebohrt. Dieser Standort läge zwar laut der Fraunhofer-Experten knapp außerhalb des Heilquellenschutzgebiets, aber ebenso wie das Grundstück der Hönerhoffs in einem Wasserschutzgebiet. Inwieweit die deutlichen Tiefenunterschiede eine Rolle spielen, dürfte erst die Machbarkeitsstudie für die Tiefenbohrung im großen Stil ans Tageslicht bringen. Tatsächlich sehen die Hönerhoffs einen Teil-Grund für die Ablehnung ihres Antrags in dem Hinweis auf die Bohrung an der Brucher Straße - in der Nähe ihres eigenen Grundstücks. 2014 wurden dort bei dem Neubau eines Mehrfamilienhauses Bohrungen für drei Erdsonden bis in 70 Meter Tiefe vorgenommen. Wenig später sprudelten mysteriöse Quellen auf den Grundstücken der Anwohner. Versuche, die Quellen zum Versiegen zu bringen, schlugen fehl oder waren nicht von Dauer. 2016 wurde das Wasser schließlich über eine Rohrleitung und einen Kontrollschacht ins Regenwassernetz der Stadtwerke eingeleitet. An der Haltung des Kreises und am Genehmigungsverfahren gab es damals massive Kritik. Seitdem soll das Kreisumweltamt bei der Genehmigung von Bohrungen für Erdsonden nach NW-Informationen deutlich zurückhaltender geworden sein. Letztlich fällt die Wahl doch auf eine fossile Lösung Die Hönerhoffs haben sich - statt noch mehr Energie und Geld in eine nachhaltige Heizungstechnik zu investieren - letztlich für eine neue Gasheizung und eine Luft-Wärmepumpe fürs Warmwasser entschieden. "Die Luft-Wärmepumpe zieht die Wärme aus der Kellerluft und gibt die kalte Luft in den benachbarten Vorratskeller ab. Das funktioniert gut", sagt Gerald Hönerhoff. Mit einem gesonderten, selbst finanzierten Gutachten hätten die Hönerhoffs möglicherweise beim Kreis noch auf Umsetzung der Geothermieanlage insistieren können. "Aber auch angesichts der Kosten haben wir uns für die fossile Lösung entschieden." Eine erste grobe Kalkulation hatte für die Erneuerung der Gasheizung Kosten von rund 14.000 Euro ergeben, für eine Luft-Wärmepumpe für Heizung und Warmwasser inklusive einer Photovoltaik-Anlage Kosten in Höhe 48.000 Euro und die Erdwärmeheizung mit Sonden und PV-Anlage hätte mit 59.000 Euro zu Buche geschlagen. Für die beiden nachhaltigen Lösungen hätten die Hönerhoffs eine Förderung zwischen 12.000 und 14.000 Euro vom Staat bekommen. "Der Kostenvergleich hinkt allerdings etwas, denn von der PV-Anlage erzeugte Strom hätte unsere Stromkosten künftig auch erheblich reduziert", fügt Hönerhoff hinzu. Ein bisschen enttäuscht sind die Hönerhoffs schon, dass sie ihren Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit nicht umsetzen konnten. Aber immerhin wird ihr Warmwasser nun regenerativ erzeugt.

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