Im Bad Oeynhausener Hallenbad ist kein Platz für kleine Kinder

Bad Oeynhausen. Niemand hat die Absicht, einen Kinderbereich im Hallenbad zu bauen. Auch in einer selbsternannten familiengerechten Kommune wie der Stadt Bad Oeynhausen nicht. Weil unter der Woche sämtliche Zeiten im Mehrzweckbecken des Sielbades von Schulen und Vereinen belegt sind, und das große 25-Meter-Becken keinen Nichtschwimmerbereich hat, bleiben Familien mit kleinen Kindern außen vor. Ihnen bleibt nur der Weg in die Nachbarstädte. Ändern soll sich daran künftig: nichts. "Das ist ein politischer Beschluss gewesen", betonen Stadtwerke-Chef Andreas Schwarze und Bürgermeister Lars Bökenkröger auf Anfrage der NW. Drei Mal hat Björn Birkefeld mit seiner kleinen Tochter in den vergangenen Monaten den Versuch gestartet, im Sielbad baden zu gehen. Drei Mal musste er wieder nach Hause. Ein viertes Mal wird es für den Bad Oeynhausener Familienvater nicht geben. "Jedesmal waren Kurse im kleinen Becken, so dass wir gar nicht erst reinzugehen brauchten", sagt Birkefeld, dessen Tochter noch weit vom Seepferdchen-Alter entfernt ist. Aus genau diesem Grund wollten Papa und Tochter in das kleine warme Becken. Ähnlich ging es Alexandra Gießelmann. Die Bad Oeynhausenerin wollte mit den Enkeln ins Schwimmbad. Doch auch sie wusste, dass es dafür unter der Woche keine Chance gibt. "Es gibt für Kinder eh kein Angebot im neuen Hallenbad", winkt Gießelmann ab. "Da geht nur reines Schwimmen." Vergnügen drumherum - Fehlanzeige. Notgedrungen ging es für Oma und Enkelkinder also in die Bali-Therme. "Ist halt etwas teurer", bilanziert sie. Und auch nicht unbedingt ein Kinder-Erlebnisbad. Anfragen von Vereinen abgelehnt Wie die NW exklusiv berichtete, ist das Mehrzweckbecken des im Sommer 2022 eröffneten Sielbades unter der Woche durchgehend von Schulen, Vereinen und Organisatoren belegt. Badegäste haben in dieser Zeit keinen Zugriff. Was dazu führt, dass auch Familien mit kleinen, nicht schwimmfesten Kindern das Nachsehen haben. "Die Problematik ist uns bekannt", sagt der Geschäftsbereichsleiter Bäder bei den Stadtwerken, Marco Kersten. Der Familienvater hat diese Rückmeldung bereits von vielen Seiten bekommen. Damit Familien mit Kindern aber nicht ganz leer ausgehen, "haben wir die Wochenenden und Feiertage freigehalten", so Kersten. Auch für samstags und sonntags habe es Anfragen von Vereinen gegeben. "Die haben wir abgelehnt." Kersten macht auch aus, warum es diesen Ansturm gibt: "Die Bäder in Löhne und Porta Westfalica fallen derzeit weg - deshalb haben wir hier eine riesige Nachfrage." Schon auf der Homepage machen die Stadtwerke inzwischen darauf aufmerksam, dass das Multifunktionsbecken unter der Woche nicht zur Verfügung steht. Lediglich ab 11 Uhr an den Wochenenden sowie in den Ferienzeiten sei es im Kombibad zugänglich. "Wir sind nicht zufrieden mit der Situation, dass Familien keinen Platz finden", gibt Marco Kersten zu. Eine Veränderung sei aber nicht geplant. "Wir haben von Anfang an gesagt, wir wollen uns das ein Jahr anschauen - dann müssen wir sehen, wie es weitergeht." Mobile Sachen fürs Mehrzweckbecken Dass sich nicht groß etwas ändern wird, ist für Stadtwerke-Vorstand Andreas Schwarze allerdings schon jetzt klar. "Das Thema Kinderbereich ist seit der Diskussion über den Neubau allgegenwärtig", erinnert er. "Aber nun ist es so gebaut, wie geplant und wie einst beschlossen." Einen Umbau oder Anbau schließt Schwarze aus. "Zum einen ist das Bad unterkellert, weshalb nicht einfach irgendwo ein Becken eingelassen werden kann, zum anderen wären das unverhältnismäßige Kosten. Derzeit freuen wir uns, dass das neue Bad so gut ausgelastet ist. Da werden sicherlich wieder andere Zeiten kommen", sagt Schwarze. Die Belegung werde nicht über Jahre so bleiben. Man versuche trotzdem immer, Zeiten für Familien freizuhalten. Schwarze: "Wir haben ja auch einige mobile Sachen für das Mehrzweckbecken angeschafft. Eine mobile Mini-Rutsche zum Beispiel." Dadurch lasse man die Kinder nicht außer Acht - aber in einem anderen Umfang. Ein Rückblick zeigt, es hat Jahrzehnte gedauert, den Bau eines neues Hallenbades politisch auf den Weg zu bringen. Die Diskussionen begannen 2000und mündeten im Jahr 2017 im Beschluss des Stadtrates, ein reines Sportbad zu bauen - so wie es die Lobbyisten von BSG und Stadtsportverband wünschten. Das Vorbild: ein Sportbad in Gütersloh, das sich die Mitglieder des Sportausschusses einst anschauten. Dabei hätte der Blick über den Berg nach Minden gereicht. Auch dort wurde vor Jahren ein neues Bad gebaut: das Melitta-Bad. Auch das war lediglich mit Sportbecken ausgestattet. Minden baute am Bedarf vorbei und steuerte 2006 nach. Für zwei Millionen Euro wurden dort Lehrschwimmbecken, Erlebnisbecken und ein Kinderbadeland mit drei Becken angebaut. Minden hätte über Fehler berichten können - wurde aber nicht gefragt. Von Minden hätte man lernen können Stattdessen setzte die Bad Oeynhausener Politik auf die ältere Generation. Als sich Stadtwerke-Chef Schwarze 2018 kurz aus der Deckung wagte und bei der Planung den fehlenden Kinderbereich im Inneren anmahnte und die Pläne entsprechend ergänzen wollte, musste er massive Kritik einstecken. CDU, SPD und BBO waren strikt dagegen. Nur CDU-Mann Kurt Nagel hätte den Kinderbereich gerne gesehen, fand dafür in seinen Reihen aber keine Mehrheit. Einen letzten Versuch wagten 2019 die Grünen zusammen mit den Linken und den Unabhängigen Wählern, um die Minimalvariante im Siel zu verhindern. Den anderen Parteien allerdings waren die Mehrkosten von 1,7 Millionen Euro (bei Gesamtkosten von 20,9 Millionen Euro) für einen Kinderbereich zu teuer. Dabei wirbt Bad Oeynhausen mit dem Slogan "familiengerechte Kommune" und verspricht auf der Homepage, die Infrastruktur für Familien stetig weiterzuentwickeln. Bürgermeister Lars Bökenkröger (CDU) sieht ebenfalls keine Chance, das Bad nachträglich zu verändern. "Das ist alles vor meiner Zeit passiert", betont er. "Aber ich hätte es anders gebaut - mit Kinderbereich." Das aber stehe nun nicht mehr zur Debatte. "Die Entscheidung ist einst in der Politik gefallen." Zugleich ist das Stadtoberhaupt froh, dass das Bad gut ausgelastet ist. "Das ist eine Auszeichnung." In den Wintermonaten haben Familien weiterhin das Nachsehen im neuen Hallenbad im Siel. Lediglich im Sommer steht ihnen im neugestalteten Außenbereich eine Kinderlandschaft zur Verfügung. "Das neue Freibad bietet sehr viel für Kinder", ist auch Bökenkröger überzeugt. Bis zur Freibadsaison aber werden die Familien weiter in die Nachbarstädte fahren. Nach Herford. Oder auch nach Minden - denn die haben schon vor Jahren aus ihren Fehlern gelernt.

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