Eine Bad Oeynhausenerin war auf Familienbesuch in der Türkei - als plötzlich die Erde bebte

Bad Oeynhausen. Das Haus in Schutt und Asche, kein Platz in den Hilfszelten und draußen Schnee und Regen - den Besuch beim Vater hatte sich Dilara Akyürek ganz sicher anders vorgestellt. Denn mitten in den Geburtstagsfeierlichkeiten bebte am Montagmorgen plötzlich die Erde. Die Bad Oeynhausenerin, ihr Vater und weitere Verwandte überlebten die Katastrophe in der kurdischen Stadt Malatya. Derzeit sind sie mit vielen hundert Menschen auf einem Acker vor der Stadt gestrandet - die Flucht aus dem Epizentrum scheiterte. Der Tank war leer, die Tankstellen zerstört, Hilfe fern. "Wir hoffen mit ihnen", sagt Schwägerin Gülay Akyürek. Diesen Besuch beim Vater in Malatya wird Dilara Akyürek wohl nie vergessen. Die Bad Oeynhausenerin flog pünktlich zum 59. Geburtstag in die Türkei. Direkt in die Metropole in Ostanatolien. Doch der Geburtstag wurde jäh unterbrochen, als plötzlich die Erde bebte. Ein Erdbeben der Stärke 7,7 hatte am frühen Montagmorgen die Südosttürkei im Grenzgebiet zu Syrien erschüttert. Mittags folgte ein weiteres Beben der Stärke 7,5 für dieselbe Region. In der Türkei sind zehn Provinzen und nach Einschätzung der Regierung 13,5 Millionen Menschen betroffen. Inzwischen ist die Zahl der Todesopfer auf mehr als 11.000 gestiegen - allein in der Türkei sind mehr als 8.500 Menschen gestorben, mehr als 49.000 sollen (Stand Mittwoch) verletzt und rund 6.000 Gebäude zerstört sein. Aus Syrien wurden zuletzt 2. 662 Tote gemeldet. Retter in Syrien vermuten, dass noch immer Hunderte Familien unter den Trümmern begraben sind. Eines der am schwersten betroffenen Gebiete in dem Land ist die von Rebellen kontrollierte Region Idlib. Nachbeben live miterlebt Auf türkischer Seite wartet derzeit Dilara Akyürek darauf, wie es weitergeht. Sie ist telefonisch kaum zu erreichen, aber es gehe ihr gut, vermeldet Schwägerin Gülay Akyürek, die aus der Kurstadt den Kontakt hält. "Allen geht es gut. Ihrem Vater auch", berichtet sie. Die 38-Jährige versucht, die Schwägerin immer wieder auf dem Handy zu erreichen. Das scheitert oft daran, dass es nicht immer Strom gibt und somit Akkus oft erst mit Verzögerung aufgeladen werden könnten. Bei einem solchen Videotelefonat erlebte Gülay Akyürek auch unmittelbar mit, wie die Erde bebte. "Eine der zahlreichen Nachbeben", sagt sie. Eine schreiende Schwägerin, im Hintergrund in sich zusammenfallende Häuser und ein Vater, der plötzlich weg war - für die 29-jährige Dilara, die als Zahnarzthelferin in Löhne arbeitet, die Hölle, für ihre Schwägerin daheim in Deutschland ebenfalls. "Unvorstellbar", sagt sie. In Malatya, einer Stadt mit mehr als 600.000 Einwohnern im kurdischen Teil der Türkei geht nichts mehr. "Die Straße sind alle dicht, niemand kommt rein oder raus", berichtet Gülay Akyürek aus den Telefonaten mit der Schwägerin. Trotzdem versuchten Vater und Tochter, die bei dem Beben viele Angehörige verloren haben, die Stadt zu verlassen. "In den Hilfsunterkünften war kein Platz. Dort werden nur noch Verwundete aufgenommen." Alle anderen, auch alte Menschen aus den Pflegeheimen, lebten seit Montag auf der Straße. Oftmals ohne Schuhe und Strümpfe, ohne Decken. Auch Vater und Tochter verbrachten die Nächte bei Schnee und Regen und kühlen Temperaturen im Auto. "Sie wollten raus aus der Stadt, sind aber mit vielen anderen Hundert auf einem Acker gestrandet." Der Tank war leer. Und die Tankstellen kaputt oder ohne Strom. Hilfe aus der Ferne Von Deutschland aus hat Familie Akyürek versucht, Kontakt zu den Hilfsorganisationen aufzunehmen, um ihnen Standorte durchzugeben, wo Menschen auf Hilfe warten. "Es gab die ersten Tage kein Wasser, kein Essen, kein Dach über dem Kopf." 24 Stunden läuft der Fernseher, auf dem der türkische Sender 24 Stunden am Tag Bilder aus dem Erdbebengebiet sendet. Die Gedanken der Akyüreks sind in der Türkei. Viele ihrer Lieben leben dort. "Auch wenn wir alle hier geboren und aufgewachsen sind - wir haben auch dort eine Heimat. Und es soll einfach allen gut gehen", bringt es Gülay Akyürek auf den Punkt. Sie versucht, per Telefon ihre Schwägerin aufzumuntern. Damit die zusammen mit dem Vater gestärkt durch die Katastrophe und bald nach Hause kommen kann. "Wenn alles gut geht, landen sie Samstag in Düsseldorf", hofft Schwägerin Gülay Akyürek.

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