Von der Schnapsidee zum Start-up: Brennerei eröffnet in Bad Oeynhausen

Bad Oeynhausen. Tristan Cors juckt es in den Fingern. Lieber heute als morgen würde der 34-Jährige nur einen winzigen Schluck des Fassinhaltes testen. Doch Torben Lührmann ist ist rigoros. "Finger weg", lautet die Ansage des Geschäftspartners und Freundes. Schließlich soll aus dem Inhalt einmal feinster Whiskey werden. Doch erst einmal haben Tristan Cors (34), Torben Lührmann (34) und Adrian Dobrowolski (33) Korn eingelagert. Selbstgebrannt. Vor wenigen Monaten haben sie mit ihrem Start-Up "Die Flüssigfütterung" ihre eigene Brennerei eröffnet - und haben für die nächsten Jahre große Pläne. Die Idee kam, als 2018 das Brandweinmonopol fiel. "Jeder landwirtschaftliche Betrieb durfte eine Brennerei anmelden", erinnert sich Torben Lührmann. Was also lag näher als sein Elternhaus in Volmerdingsen, ein Bauernhof, zu dem auch ein ehemaliger Schweinestall mit Küche, der sogenannten Flüssigfütterung gehörte."Wir hatten immer ein Faible für Schnaps und alle anderen fassgelagerten Getränke", sagen die Drei lachend. Hinzu kam die Lust am Experimentieren, an Technik. Und so wurde aus einer Schnapsidee ein Start-up. 2019 erstanden die Freunde in Süddeutschland eine Destillieranlage. In Eigenleistung wurde aus der Schweineküche die neue Brennerei mit angrenzendem Maischeraum. Mehr zu Freizeit-Themen im Kreis Herford und Kreis Minden-Lübbecke finden Sie in unserem Spezial "Lifestyle, Gastro, Shopping" Die drei Freunde machen Arbeitsteilung. Während Adrian Dobrowolski als Chemieingenieur die Rezepte entwickelt, sich Tristan Cors ums Marketing kümmert, ist Torben Lührmann für die rechtlichen Dinge zuständig. "Als Rechtsanwalt ist er detailverliebt", bescheinigen ihm seine Kumpels schmunzelnd. Während das Handwerk an sich beim Brennen nicht überprüft und somit auch keine Meisterprüfung verlangt wird, sind die Zollvorschriften durchaus strenger. "Die Zollbeamten müssen auch unangekündigt jederzeit freie Sicht auf die Anlage haben", erklärt Lührmann. Heißt in der Praxis: Die Tür zur Schweineküche brauchte ein Fenster, die Brennerei nur einen Ein- und Ausgang. Dinkelbrand als Highlight 2022 Der Weizenkorn war das erste Produkt, das abgefüllt wurde. Danach folgten Gersten-, Hafer- und Roggenkorn. Und aktuell ein Dinkelbrand. "Die sind alle einmalig", ist Tristan Cors überzeugt. "Alles handwerkliche Produktion, keine Industrieware. Da wird niemals wieder ein Korn so schmecken wie der andere." Wenn das Korn den Brennprozess durchlaufen hat, bleibt am Ende ein 78-prozentiger Feinbrand als Ausbeute übrig. "Rund 100 Kilo Getreide ergeben 26 Liter", rechnet Torben Lührmann vor. So laute zumindest die Zollvorgabe. "Fürs Fass wird der Alkohol auf 65 Prozent verdünnt, für die Trinkstärke wird probiert - je nach Geschmack zwischen 35 und 40 Prozent", erklärt er. Das aber muss exakt ermittelt werden. Fürs Etikett und die Lebensmittelüberwachung. Pro Produkt lagern die Drei ein Holzfass im Keller ein. "Der Roggenbrand liegt zur Veredelung zum Beispiel gerade im Kirschfass", sagt Tristan Cors und weist auf die Falltür im Boden. Ein Versuch. Sonst arbeiten die Freunde eher mit Eichenfässern. Die nun Minimum drei Jahre im Untergrund liegen werden. "Unser Ziel war immer der Whiskey. Und der liegt besser zehn bis zwölf Jahre", sagen sie. "Wir müssen jetzt überlegen, was wir in fünf Jahren verkaufen wollen, welche Fässer brauchen wir, wie viele, was soll in die Flasche, was jetzt verkauft werden?" Derzeit lagern die Drei 75 Prozent ihrer Brände in Fässern ein. Der Rest wird verkauft - und ist zum Teil bereits ausverkauft. "Läuft gut", bilanziert Lührmann. Weshalb die Produktion erhöht werden soll. "Unsere Ausbeute ist aber auch deutlich besser als zu Beginn", sagt Cors, im wahren Leben Projektmanager. Vier Grundbrände im Sortiment Vier Grundbrände plus ein Highlight pro Jahr - was dieses Mal der Dinkelbrand ist. Der aber so gut ankommt, dass gerade interne Diskussionen laufen, ob er dauerhaft ins Sortiment rückt. "Wir leben bisher nur von Mundpropaganda, über Familie und Freunde - aber das hat eine Eigendynamik entwickelt." Die Kunden sind begeistert, genau wie die drei Gründer. "Alter Korn mit neuen Geschmack", nennt das Torben Lührmann. Der altbekannte Korn habe wenig Geschmack, ihrer nicht: "Der Geschmack ist das eigentlich coole. Deshalb setzen wir auf Getreide." Vom eigenen Hof oder Nachbarn. Das Ziel: "Wir wollen ein qualitativ hochwertiges Produkt herstellen, kein Massenprodukt, sondern hochpreisig und individuell", so der Rechtsanwalt. Hobby oder doch mehr? "Es ist mehr als ein Hobby - wenn wir die Zeit sehen, die reinfließt. Es wird auch mal Nacht beim Brennen", sagen sie schmunzelnd. Trotzdem bleiben die Drei erst einmal bodenständig. "Klar, große Ziele kann man haben und man kann auch nach den Sternen greifen, aber erst einmal haben wir das Ziel, dass sich die Brennerei selber trägt", erklärt Tristan Cors. "Ob wir noch so locker und entspannt wären, wenn wir damit unseren Lebensunterhalt verdienen müssten?", fragt sich Torben Lührmann. Bisher ist es gut angelaufen, einige Sorten sind bereits ausverkauft. Weshalb weiter gebrannt werden muss. "Wir brauchen ein Lager. Wir wollen schließlich Tastings anbieten. Und das macht nur Sinn, wenn wir auch Produkte verkaufen können", weiß der Rechtsanwalt. Die werden bisher nicht nur in Handarbeit gebrannt, sondern auch von Hand abgefüllt und etikettiert. "Folge dem Keiler" ist darauf zu lesen, dazu ein stilisierter Keilerkopf. "Sieht einfach schicker aus als das Hausschwein." Verschickt werden die Flaschen bisher nicht: "Der Versand ist für uns nicht leistbar und zu teuer. Es geht nur Abholung am Appelkamp." Das Ziel des Whiskeys ist geblieben, das Fassmanagement der nächste Schritt, um später auch verschiedene Fässer miteinander zu veredeln. Das erste liegt bereits knapp ein Jahr im Dunklen. Ungeöffnet. "Und es bleibt auch zu", gibt Torben Lührmann die Anweisung. "Wir haben nicht so viele Mengen, dass wir jedes Jahr ein Fass probieren können. Denn was raus ist, ist raus." Doch darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen - das zumindest deutet Tristan Cors schelmischer Gesichtsausdruck an. www.diefluessigfuetterung.de

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