Bissiger Dobermann: Halter vor Gericht

Bad Oeynhausen. Hunde und Menschen leben seit Jahrtausenden zusammen. Doch diese Koexistenz war und ist nicht immer friedlich. Es gibt Hunde, die beißen Menschen. Andersrum ist das deutlich interessanter, kommt aber selten vor. Bissige Hunde sind ein Problem, mit dem sich Ordnungsämter beschäftigen. Ein Fall aus Bad Oeynhausen beschäftigt jetzt sogar den Strafrichter am Amtsgericht. Es geht laut Anklage um einen Dobermann, der wiederholt Menschen gebissen haben soll. Nicht das Tier, sondern der Halter muss sich derzeit wegen fahrlässiger Körperverletzung vorm Amtsgericht Bad Oeynhausen verantworten. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld wirft dem 55-jährigen Mann vor, dass der Dobermann im Abstand weniger Wochen zugebissen hat. Einem Spaziergänger, der am Grundstück des Angeklagten am Montag, 6. September, um 19.35 Uhr vorbei gegangen sein soll, hat der freilaufende Hund laut Anklage in den Oberarm gebissen. Die zweite Bissattacke soll am Mittwochabend, 22. September 2021, um 17.16 Uhr gegen den Fuß einer Kundin gerichtet gewesen sein. Dabei soll auch der Schuh der Frau zerstört worden sein. Der Hundehalter widerspricht dieser Darstellung. Ja, er besitze einen 52 Kilogramm schweren Dobermann, aber von den Bissen habe er erst im Nachhinein erfahren. Beim ersten Fall sei er am Nachmittag noch mit seinem Sohn beim Zahnarzt gewesen und dann nach Hause gefahren, der Hund sei dabei gewesen: "Da kann er nicht ausbüxen." Er sei sich deshalb auch nicht sicher, ob es wirklich sein Hund war, der den Spaziergänger in den Oberarm gebissen habe. Fotos der Polizei belegen zwar den Biss in den Arm, nicht aber, zu welchem Tier die Bissspuren gehören. Laut Polizeibericht, so der Verteidiger des Angeklagten, soll ein Dobermann in Richtung des Eigentümergrundstücks weggelaufen sein. "Ich bin auch nicht der Einzige, der einen Dobermann hat", sagt der Angeklagte. "Wenn mein Hund Schaden verursacht, wird das beglichen." Im zweiten Fall leugnet der Angeklagte nicht, dass sein Hund beteiligt sein könnte, hat aber erhebliche Zweifel, ob sich der Biss wirklich so zugetragen hat, wie die Staatsanwältin das behauptet. Demnach saß sein Dobermann unterm Schreibtisch, als die Kundin den Laden betrat. Er habe gefragt, ob sie etwas dagegen habe, dass der Hund im Laden sei, was die Frau aber verneint haben soll, weil sie selbst Hunde halte. Im Verlauf des Kundengesprächs habe die Frau dann erklärt, dass der Hund sie wohl gerade gebissen hat. "Gesehen habe ich das aber nicht", sagt der Angeklagte. Die Frau habe auch weder vor Schmerzen aufgeschrien, noch später gehumpelt. Sein Schreibtisch sei im Fußraum mit einem Sichtschutz ausgestattet. Der Hund habe sich deshalb nur im Fußraum des Schreibtisches aufgehalten. Im weiteren Verlauf des Kundengesprächs habe er sich noch mehrfach nach dem Befinden der Frau erkundigt und gefragt, ob es ihr gut gehe, was sie stets bejaht habe: "Wenn mein Hund Schaden verursacht, wird das beglichen. Da brauche ich nicht drüber nachzudenken." Später jedoch habe die Kundin ihm eine "böse E-Mail" geschrieben und eine Schmerzensgeldforderung formuliert. "Die Mail habe ich leider zu spät aus meinem Spam-Filter gefischt", sagt der Angeklagte. Er habe dann mit ihr telefoniert und erfahren, dass wohl auch ein Schuh bei dem angeblichen Hundebiss kaputt gegangen sei. Sein Hund habe angeblich nicht bloß einmal, sondern zweimal zugebissen. Gegenüber der Polizei soll die Frau später sogar von drei Bissen in den Fuß berichtet haben, so der Angeklagte: "Das ist schon merkwürdig." Eine Reihe von Merkwürdigkeiten Das blieb aber aus Sicht des angeklagten Hundehalters nicht die einzige Merkwürdigkeit in diesem Fall: Die Frau forderte nämlich 250 Euro für ihren kaputten Schuh. Auf dem Foto, das die Kundin ihm zur Schadensregulierung schickte, sei zwar ein kaputter Schuh gewesen, aber nicht der gewesen, den die Frau noch beim Kundengespräch getragen habe: "Der war, Entschuldigung, so hässlich, daran kann ich mich sehr gut erinnern." Die Hundehaftpflicht des Angeklagten hat inzwischen offenbar einen Teil der Forderung gezahlt, was der Verteidiger des Angeklagten aber nicht als Schuldeingeständnis verstanden wissen wollte. Der Rechtsanwalt regte an, einen Gutachter einzusetzen, der klären soll, ob der kaputte Schuh tatsächlich von dem Dobermann des Angeklagten zerstört wurde. Bei der Gelegenheit solle der Gutachter außerdem prüfen, ob der Biss in den Oberarm ebenfalls von dem Hund des Angeklagten stammen. Das Gericht vertagte sich auf unbestimmte Zeit, um das Gutachten abzuwarten.

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