Mutmaßlicher Brandstifter schweigt

Bad Oeynhausen/Bielefeld. Er wirkt unscheinbar, lauscht bedächtig den Ausführungen des Vorsitzenden Richters Georg Zimmermann sowie den anschließenden Übersetzungen des Dolmetschers, macht sich eifrig Notizen. Für Außenstehende ist es beinahe unmöglich einzuschätzen, was Wasim A. wohl gerade durch den Kopf gehen mag. Der 40 Jahre alte syrischstämmige Ehemann und Vater muss sich derzeit wegen des Verdachts der versuchten, schweren Brandstiftung sowie versuchten Mordes vor dem Bielefelder Landgericht verantworten. Er soll versucht haben, die von seiner Familie bewohnte Doppelhaushälfte mittels einer Explosion vollständig zu zerstören. Dabei soll er auch den Tod der in der angrenzenden Haushälfte lebenden Personen in Kauf genommen haben. Am späten Abend des 24. Novembers 2018 wurde die Polizei zu einem Einsatz an der Albert-Rasch-Straße gerufen. Vor einer dort gelegenen Doppelhaushälfte wartete die Familie des nun angeklagten Manns. Wadim A. und sein damals zehnjähriger Sohn, der als Dolmetscher fungierte, berichteten den Beamten, dass die Familie so eben von einem zweitägigen Kurztrip nach Berlin zurückgekehrt sei. Beim Betreten der Wohnung hätten sie sofort den durchdringenden Benzingeruch wahrgenommen und daraufhin die Polizei verständigt, da sie einen Einbruch vermuteten. Ein brennender Besen sollte offenbar das Benzin entzünden Und tatsächlich sah es für die Polizisten und Feuerwehrleute im Hausinnern danach aus, als hätten sich Unbefugte während der Abwesenheit der Familie A. Zutritt zu deren Haushälfte verschafft. Im Erdgeschoss sowie im Obergeschoss stießen die Beamten überall auf pfützenartige Lachen, bei denen es sich um Benzin gehandelt haben dürfte. Der Geruch des Kraftstoffs war bis nach draußen wahrnehmbar. Im Keller fand sich ein angebrannter Bürstenkopf eines Besens, im ersten Stock ein angebrannter Besen. Allerdings waren beide Feuer ganz offenbar durch einen reinen Zufall wieder erloschen ohne größeren Schaden anzurichten. Die betroffene Haushälfte wurde versiegelt, die Familie A. kam bei Verwandten unter. Die Polizei Bad Oeynhausen verständigte die Kriminalpolizei sowie den Staatsschutz in Bielefeld, da der Verdacht eines fremdenfeindlichen Anschlags im Raum stand. Die Kriminalpolizei ermittelte wegen versuchten Mords sowie versuchter schwerer Brandstiftung – allerdings ohne Ergebnis, die Ermittlungen wurden bald darauf eingestellt. Ein Versicherungsbetrug könnte das Motiv sein Nun muss sich ein Bielefelder Schwurgericht mit eben jenem Verdacht der versuchten Brandstiftung und des Mordversuchs auseinandersetzen. Doch richten sich die Vorwürfe nun nicht mehr gegen einen Dritten, sondern gegen den Bewohner der betroffenen Haushälfte: Wasim A. soll, so die Staatsanwaltschaft, direkt vor der Abreise der Familie am Vormittag des 22. Novembers vor drei Jahren das Benzin in der Wohnung verschüttet und die zuvor angezündeten Besenteile im Keller und Obergeschoss platziert haben, bevor er das Haus verließ. Dadurch habe es zum Brand und durch das entstehende Gasgemisch zu einer Explosion kommen sollen, trug Staatsanwalt Veit Walter nun vor Gericht vor. &bdquo;Wasim A. nahm dabei billigend in Kauf, dass die in der anderen Haushälfte lebende Familie oder vor dem Haus umherlaufende Passanten sterben", sagte Walter. Es war insbesondere eine Besonderheit, die den Verdacht der Ermittler schließlich doch noch auf A. lenkte: Nicht nur, dass die Polizei im November 2018 keine Einbruchspuren im Haus der Familie entdecken konnte. Vielmehr erstaunte noch die Geschwindigkeit, mit der sich der nun angeklagte Mann um die Schadensregulierung kümmerte: So schrieb er unter anderem noch am Abend des 24. Novembers 2018 – mithin nur eine Stunde, nachdem er die Polizei informiert hatte, an seine Hausratsversicherung. Diese Begebenheit legte für die Ermittler schließlich den Verdacht eines geplanten Versicherungsbetrugs nah; eine Verurteilung wegen versuchten Mords aus Habgier sowie zur Verdeckung einer Straftat erscheint möglich. Zum Prozessauftakt vor der I. Großen Strafkammer des Bielefelder Landgerichts teilte Verteidiger Tobias Diedrich mit, dass sich sein Mandant vorerst weder zum Tatvorwurf noch zu seinen persönlichen Verhältnissen äußern werde. Der Prozess wird am 5. November fortgesetzt.

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