Darum verzeichnet die Polizeistatistik kaum Tumult in Bad Oeynhausen

Bad Oeynhausen. Die letzte Schlägerei in der Innenstadt liegt schon ein paar Wochen zurück. In einer Kneipe an der Klosterstraße wechselten zwei Gruppen wortreich Unfreundlichkeiten. Gegen 2 Uhr morgens flogen dann von mindestens zehn Männern die Fäuste auf der Portastraße, wo einer der Beteiligten sein Auto geparkt hatte. Über die Schlägerei vom Samstag, 19. Juni, gibt's einen Polizeibericht, der viele Fragen offen lässt. Denn als die Beamten eintrafen, waren die Schläger verschwunden. Zurück blieben erstaunlich viele Zeugen, die angeblich bloß schlichtend eingegriffen hatten. Es ist das jüngste Beispiel einer Reihe von Gewaltausbrüchen in der Kurstadt. Besonders der Zentrale Busbahnhof (ZOB) ist immer wieder Kristallisationspunkt für Reibereien von größeren und kleineren Männergruppen, aber auch anderer Straftaten. Bürgermeister Lars Bökenkröger (CDU) will das nicht länger hinnehmen. Im Gespräch mit der NW hat er Zusammenhänge zur Clankriminalität hergestellt und ein Sicherheitspaket für die Kurstadt angekündigt. Am Freitag will Bökenkröger mit Landrätin Anna Bölling (CDU), die zugleich Chefin der Kreispolizeibehörde ist, eine Kooperationsvereinbarung zur Zusammenarbeit von Polizei und Ordnungsamt unterzeichnen. Dabei geht es offenbar auch um eine klare Regelung für die gemeinsamen Streifengänge von Polizei und Ordnungsamt. Kein Kriminalitätsschwerpunkt Dabei ist der ZOB in der Kurstadt aus Sicht der Kreispolizei kein Kriminalitätsschwerpunkt. In der Kreisstadt Minden und am dortigen ZOB ist blaulichtmäßig bereits deutlich mehr los als in der zweitgrößten Stadt des Mühlenkreises, in Bad Oeynhausen. Und auch, wenn öfters Tumult am ZOB ist, bedeutet das nicht, dass die Polizei das genauso sieht. Seit dem 1. Januar 2018 erfasst die Polizei sogenannte "Tumultlagen" nach einer einheitlichen Definition. So soll offenbar ein landesweites Lagebild entstehen. Die Polizei spricht immer dann von einer Tumultlage, wenn "eine Einsatzlage durch oder aus einer aggressiv auftretenden Personengruppe hervorgerufen wird". Wenn die Polizei also nicht genau weiß, mit wem sie es zu tun hat und warum. Mögliche Straftaten, die in diesem Zusammenhang meist festgestellt werden, sind Landfriedensbruch, Beleidigung, Körperverletzung, Sachbeschädigung oder Widerstand gegen die Polizeigewalt. Im Jahr 2020 gab es in ganz NRW 67 solcher Tumultlagen, aber nur eine davon in Bad Oeynhausen. Die Bad Oeynhausener Tumultlage war nach Angaben von Polizeisprecher Thomas Bensch die Massenschlägerei am ZOB am Mittwoch, 18. November 2020. Beteiligt waren zwei Gruppen von Männern, die aus Syrien und aus dem Libanon nach Deutschland eingewandert sind oder einen Migrationshintergrund aus diesen Ländern haben. Die Polizei hat dazu inzwischen fünf Strafanzeigen wegen Körperverletzung, Raub, Widerstand, versuchte Gefangenenbefreiung sowie Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz gefertigt. Einen Zusammenhang zur Clankriminalität haben die Ermittler jedoch nicht festgestellt. Tumult in Minden In diesem Jahr gab's kreisweit bisher nur eine Tumultlage: am Montag, 29. März, an der Rodenbecker Straße in Minden mit 20 Beteiligten und fünf Verletzten. Ausgangspunkt war offenbar ein Driftmanöver auf Kanzlers Weide, bei dem wegfliegende Schottersteine ein anderes Auto beschädigten. Aufgebrachte Angehörige des Autobesitzers stellten den mutmaßlichen Drift-Fahrer auf eigene Faust zur Rede und der rief offenbar seine Verwandtschaft zur Hilfe. Der Gewaltausbruch an der Portastraße nach dem Kneipenstreit in der Klosterstraße in Bad Oeynhausen ist aus Sicht der Kreispolizei dagegen keine Tumultlage. Auf Nachfrage verweist Polizeisprecher Thomas Bensch auf die landesweit einheitliche Definition. Die Einsatzleitung der Polizei sah offenbar nicht alle Kriterien erfüllt. Für die Strafverfolgung spielt das keine Rolle. Die Staatsanwaltschaft entscheidet darüber, ob Anklage erhoben wird, und die Gerichte über die Verurteilung.

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