Was der neue Radverkehrsbeauftragte alles bewirken will

Herr Flohre, Sie leben im Landkreis Osnabrück, arbeiten im Rathaus II. Gehen Sie als neuer Mobilitäts- und Radverkehrsbeauftragter mit gutem Beispiel voran und nutzen öffentlichen Nahverkehr und Rad für die Fahrt zum Arbeitsplatz? Martin Flohre: Leider nicht, ich muss mit dem Auto kommen. Der Zug fährt nur alle zwei Stunden, es gibt auch keine passenden zeitnahen Busverbindungen zu den Bahnhöfen. Da erlebe ich täglich hautnah, dass man bei der Verkehrswende in größeren Bereichen denken muss, eine bessere Radverkehrsstruktur allein reicht nicht aus. Privat bin ich aber häufig mit dem Rad unterwegs, nehme das auch auf dem Fahrradträger mit nach Bad Oeynhausen, um damit zu Terminen zu fahren. Im Rathaus stehen doch Dienstfahrräder zur Verfügung... Das habe ich auch schon genutzt, aber auf meinem privaten Hollandrad fahre ich bequemer. Mal abgesehen von Ihren persönlichen Nahverkehrserfahrungen. Warum haben Sie die Aufgaben des Radverkehrsbeauftragten übernommen? Mich reizt die Vielzahl von Projekten. Der Radverkehr ist ja nur ein Teil meines Aufgabengebiets, grundsätzlich soll ich mich um die Verbesserung der Nahverkehrsmobilität kümmern. Besonders freue ich mich jedenfalls auf den Radschnellweg, das ist ein Leuchtturmprojekt, das seinesgleichen sucht. Woher kommt diese Begeisterung? Ich bin bereits seit dem letzten Jahr an der Entwurfsplanung beteiligt und kenne daher fast alle Details. Mit dem Schnellweg werden wir es schaffen, viele Pendler vom Auto aufs Rad zu holen. Da die Politik nicht zuletzt mit dem neuen Konzept des Bundesverkehrsministers ganz deutlich gemacht hat, wie wichtig ihr die Schaffung solcher Trassen ist, werden auch ausreichend Fördermittel bereitgestellt. Deshalb bin ich auch ganz zuversichtlich, dass wir Ende 2023 mit dem Bau beginnen können. Die derzeitigen Pläne sehen eine einstreifige Trasse zwischen Ringstraße und Herforder Straße vor. Es gibt also Begegnungsverkehr. Ist das für schnelle Radler nicht zu gefährlich? Mit einer Breite von vier Metern sehe ich da keine Gefahr, da dies auch im Leitfaden für Radschnellwege so vorgesehen ist. Und grundsätzlich bedeutet der Radweg eine enorme Verbesserung, derzeit gibt es ja für Radler überhaupt keinen geschützten Weg auf diesem Abschnitt. Zwischen Herforder Straße und Werre-Park geht es zwar auf beiden Seiten weiter, dafür gibt es dort viele Grundstückseinfahrten. Möglicherweise mit Autofahrern, die die Radler gefährden. Wie wollen Sie das vermeiden? Vor allen Zufahrten gibt es erhöhte Bordsteine, der Autofahrer muss also erst über einen Rampenstein fahren. Der Radler wird dadurch auch bautechnisch bevorrechtigt und geschützt. Wie sieht es mit den Zufahrten auf den Schnellweg aus? Derzeit endet der Radweg auf der Steinstraße zwischen Breitenbachstraße und Mindener Straße ganz abrupt. Grundsätzlich werden auch alle Knotenpunkte mitgeplant und sollen umgebaut werden, deshalb wird es auch an der Steinstraße mehr Sicherheit geben. Bei der Abstimmung zur fahrradfreundlichen Stadt hat Bad Oeynhausen nur ausreichend und Platz 319 erreicht. Wie wollen Sie dieses Ergebnis verbessern? Auch hier hilft der Radschnellweg sicher weiter. Aber natürlich muss auch die Infrastruktur im Kleinen verbessert werden. Ich habe den großen Vorteil, dass die Fördertöpfe von Land und Bund für die Nahmobilität gut gefüllt sind, da lässt sich manches gemeinsam mit meinen Kollegen leichter umsetzen. Kritisiert wurden unter anderem schlechte Fahrbahnbeläge und fehlerhafte Beschilderung. In Mönichhusen stehen die Radwegweiser beispielsweise noch am alten Standort vor dem Bau der A30, am Bahnhofsvorplatz ist der Beginn des Radfernweges Bremen – Bad Oeynhausen ausgeschildert. Der wurde aber mittlerweile aufgegeben. Können Sie diese Mängel als Fahrradbeauftragter beseitigen? Ich bin natürlich Teil eines Teams im Bereich Infrastrukturmanagement, kann aber kleine Aufträge im Wert von bis zu 10.000 Euro selbst vergeben. Das passiert in enger Absprache nicht nur mit der Straßenverkehrsbehörde, sondern auch mit den Stadtwerken. Ein Mitarbeiter dort führt regelmäßig Überprüfungen durch, sodass auch kurzfristig kleinere Mängel beseitigt werden können. Der VCD hat als Reaktion auf das schlechte Abschneiden im Test einen dauerhaften Radfahrstreifen als Süd-Nord-Hauptachse durch Bad Oeynhausen - zwischen dem Kreisel Weserstraße/Steinstraße bis zum Kreisel Eidinghausener Straße/Alter Postweg gefordert. Er schlägt einen Fahrradschutzstreifen, auf der Fahrbahn abgegrenzt mit Mini-Pollern, vor. Was halten Sie von diesem Vorschlag? Der ist leider derzeit nicht zu realisieren. Für die Eidinghausener Straße ist der Landesbetrieb Straßen NRW der Baulastträger. Leider gibt es vom Landesbetrieb kein positives Signal. Er sieht keinen Umbau vor, weil er dafür insbesondere den Fahrbahn-Querschnitt nicht für ausreichend hält. Aber ich bin froh, dass wir als Stadt Bypasslösungen bieten können. Mit der neuen Radwegverbindung von der Straße In der Ahe über eine zusätzliche Werrebrücke wird es eine gute Nord-Süd-Verbindung geben. Und auch die neue Sielwehrbrücke wird zukünftig aufgrund der vorhandenen Mindestbreite ausdrücklich für den Radverkehr freigegeben werden können. Unter Ihren Vorgängerinnen und Vorgängern gab es jahrelang einen Arbeitskreis, in dem unter anderem engagierte Bürger Ideen für mehr Fahrradfreundlichkeit eingebracht haben. Die waren zum Schluss ziemlich frustriert, weil die meisten Anregungen zwar befürwortet, aber nie realisiert wurden. Wollen Sie den wiederbeleben? Sobald Corona ein persönliches Treffen zulässt, werde ich Kontakt aufnehmen. Ich hoffe sehr, dass ich möglichst viele Akteure an einen Tisch bringen und die Radler motivieren kann, sich wieder für die Stadt zu engagieren. Einer der Arbeitskreismitglieder, Ulrich Wehmeier, hat von der damaligen Fahrradbeauftragten Noack und Staatsbad-Geschäftsführer Peter Adler den Auftrag für einen Fahrradstadtplan erhalten - und den auch erfüllt. Bisher gibt es den aber nicht. Steht der Plan noch auf Ihrer Arbeitsliste? Das Projekt ist mir derzeit nicht bekannt. Aber ich nehme die Anregung gern auf und werde mich informieren. Seit Jahren wird ein Radweg an der Weserstraße geplant. Derzeit verhindert ein Klageverfahren die Umsetzung. Wann rechnen Sie damit, dass das Verbindungsstück zwischen Hüffe und Oberbecksener Straße geschlossen wird? Das Klageverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Die Realisierung hängt aber dann auch davon ab, welche Priorität der Kreis Minden-Lübbecke als neuer zuständiger Straßenbaulastträger diesem Radweg einräumt. Noch mal zurück zum guten Beispiel: Mit welchem Argument wollen Sie Menschen motivieren, sich aufs Rad zu setzen? Weil man damit Geld und Zeit spart. Wer regelmäßig Rad fährt, kann doch auf den Besuch im Fitness-Studio verzichten.

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