Bad Oeynhausen

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Wie sicher ist Bezahlen ohne PIN?

Bankkarte: NW-Leser wollen wissen, ob Diebe das Konto leerräumen können, wenn man keine Geheimnummer mehr braucht. Bad Oeynhausener Banken klären auf

04.02.2019 | 26.10.2020, 15:38

Bad Oeynhausen. Ohne Bargeld, ohne Kontakt, ohne Geheimzahl: Mit neuen Giro- und Kreditkarten kann man Waren im Wert bis zu 25 Euro quasi im Vorbeigehen bezahlen. Statt die Karte in ein Terminal zu schieben (Wie herum muss die noch ’mal eingesteckt werden?) hält man die Karte nur kurz über ein Display. Aber ist das auch sicher?Zwar kam das Kontaktlos-System schon vor zwei Jahren auf den Markt, doch viele Menschen sind noch unsicher. Auch NW-Leser haben daran Fragen. „Können Diebe das Konto leerräumen, wenn man keine PIN mehr braucht?“ Die NW hat bei heimischen Banken nachgefragt.

WIE FUNKTIONIERT DAS KONTAKTLOSE BEZAHLEN?

Grundlage ist die NFC-Technik (Near Field Communication – Nahfeldkommunikation). Karten, auf denen sich ein Funkwellensymbol findet, sind mit einem Mikrochip und einer kleinen Antenne ausgestattet. Die ermöglichen den Kontakt mit dem Händlerterminal, so der Deutsche Bankenverband. Es reicht, die Karte knapp über das Terminal zu halten, um den Zahlvorgang auszulösen. Der wird akustisch oder mit einer Anzeige auf dem Display bestätigt. Bis zu einem Betrag von 25 Euro ist dabei die Eingabe der PIN nicht erforderlich. Die meisten Geldhäuser – auch die lokalen Institute Sparkasse Bad Oeynhausen-Porta Westfalica und Volksbank Bad Oeynhausen-Herford – statten ihre Karten inzwischen „serienmäßig“ mit der NFC-Technik aus.

KANN MAN DIE FUNKTION ABSCHALTEN?

Ja. Die Kontaktlos-Funktion von Giro-Karten lässt sich abstellen. Es gibt aber unterschiedliche Verfahren. Volksbank-Kunden etwa können die Funktion an Geldautomaten ab- und anschalten. Bei der Sparkasse muss man an den Schalter. „Die Berater in den Filialen kümmern sich darum, die Funktion zu deaktivieren“, sagt Sparkassensprecher Arndt Viering. Unterschiede von Bank zu Bank gibt es bei Kreditkarten: Bei der Volksbank lässt sich die Funktion am Automaten abstellen, bei der Sparkasse geht das gar nicht.

KÖNNEN DIE GELD EINFACH ABSCANNEN?

Das „Magazin für Computertechnik“ hat den Test gemacht: Mit einem drahtlosen Terminal für 29 Euro aus dem Internet haben es Mitarbeiter des Magazins geschafft, 25 Euro von Karten „abzufischen“, die in Portemonnaies in Hosentaschen steckten. Nur: Es bringt nichts. Tatsächlich an das Geld zu kommen, ist schwierig. Für die Nutzung eines Zahlterminals in Deutschland muss man ein inländisches Girokonto haben. Das kann nur eröffnen, wer sich bei einer Bank identifiziert. Zudem: Für Geldtransaktionen müssen Terminals von der Deutschen Kreditwirtschaft, einer Organisation von Banken, zugelassen sein. „Voraussetzung dafür ist eine klare Zuordnung des Terminals zu einem der Bank bekannten Händlerkonto“, sagt Volksbank-Marketingleiter Andreas Kelch. Abzock-Transaktion mit Gegenkonten im Ausland seien „extrem theoretisch“, ergänzt Arndt Viering von der Sparkasse.

WIE KANN MAN SICH SCHÜTZEN ?

„Um das ungewollte Auslesen von funkfähigen Karten zu verhindern, sollten Sie eine Schutzhülle verwenden, die Funkwellen blockiert“, rät die Verbraucherzentrale NRW. Ein Schutz sei auch, eine zweite NFC-fähige Karte in der Börse zu haben: Das Lesegerät erkenne unterschiedliche Kartendaten und streike dann, schreibt das „Magazin für Computertechnik“. Zu kaufen sind auch Portemonnaies mit strahlenabschirmenden Einlagen.

GIBT ES

„Anzahl und Höhe der kontaktlosen Bezahlvorgänge ohne PIN-Eingabe hängen von der Ausstattung der Karte durch die jeweilige Bank ab“, erklärt allgemein der Bankenverband. Meist kann man ohne Geheimnummer jeweils nur 25 Euro pro Vorgang bezahlen. Bei der Volksbank gibt es zudem ein Sicherheits-Limit von 100 Euro: „Wer den Betrag durch fünf kontaktlose Zahlungen oder die Summe insgesamt erreicht, muss bei der nächsten Zahlung eine PIN eingeben. Der Zähler wird erst durch das Einführen der Karte am Geldautomaten oder bei einer kontakt behafteten Zahlung wieder zurückgesetzt“, erklärt Andreas Kelch. Bei der Sparkasse gibt es ein „algorithmisch gesteuertes Sicherheitsmerkmal“, erläutert Arndt Viering:: Wer mehrmals kurz hintereinander ohne PIN bezahle, werde aufgefordert, beim nächsten Mal die Geheimzahl einzugeben. Das könne auch schon nach zweimaligem Gebrauch sein.

WENN DIE KARTE ABHANDENKOMMT?

„Sofort sperren lassen“, sagt die Verbraucherzentrale. Dabei helfe die Hausbank oder die zentrale Sperr-Hotline 116 116. Die Kontaktlos-Funktion wird dann mitgesperrt. Sollte ein Dieb vorher schon ohne PIN mit der Karte bezahlt haben, muss man mit seiner Bank sprechen. „Missbrauchsfälle sind uns aber noch nicht bekannt geworden“, sagen Sparkasse und Volksbank.

WIE VERBREITET IST DAS SYSTEM?

„Mehr als die Hälfte der Bad Oeynhausener Geschäfte hat bereits Terminals mit Kontaktlos-Technik“, berichtet Jörg Beyer vom Handelsverband. „Selbst einfachste Geräte können das und drucken natürlich auch einen Bon aus, wenn ohne PIN bezahlt wurde.“ Die Sparkasse gibt seit 2017 Debitkarten mit Kontaktlos-Funktion aus, der Austausch erfolgt sukzessive. „Seit 2016 ist bei jeder von uns neu ausgegebenen girocard automatisch auch die NFC-Funktion zum kontaktlosen Bezahlen aktiviert“, erklärt Volksbank-Sprecher Kelch. Das gelte auch für die neue Generation der VISA- und Mastercard-Kreditkarten, die seit 2017 mit NFC-Chips ausgestattet sind. Kelch: „Aktuell sind nur noch wenige Restkarten unseres Hauses ohne NFC-Chip im Umlauf“.

WIE HOCH SIND DIE GEBÜHREN?

Das kontaktlose Zahlen mit oder ohne PIN ist eine ganz normale Transaktion mit der Girokarte oder der Kreditkarte, die nichts kostet.

WARUM MACHEN DIE BANKEN DAS?

Kontaktlose Bezahlvorgänge an der Kasse sind einfach und schnell. Auch kleine Beträge lassen sich so begleichen. „Und man behält die Karte immer in der Hand“, wirbt der Bankenverband. Neben Kreditinstituten sind auch Handel und Gastronomie daran interessiert, Bargeldmengen zu verringern. Im Umlauf sind erhebliche Summen: Allein an den 29 Geldautomaten der Sparkasse sind 2018 zwei Millionen Transaktionen durchgeführt worden. Die Geräte müssen gewartet und bestückt werden. Händler müssen Bargeldbestände zur Bank bringen oder neues Wechselgeld holen. Das alles kostet Geld und Zeit. Bargeldloses Bezahlen reduziert Aufwand und Kosten. Andreas Kelch erwartet mittelfristig insbesondere durch jüngere Kunden noch einen weiteren Schub für das kontaktlose Bezahlen: Seit Anfang des Jahres stellt die Bank allen Kunden die VR-BankingApp zur Verfügung. Sie ermöglicht auch das kontaktlose Bezahlen per Smartphone.