Ein Jahr nach GNTM – so sieht neue Karriere von Lywine aus Lemgo aus

Lemgo. Vor einem Jahr hat die Studentin Lydwine Nitidem (22) an der Casting- und Unterhaltungsshow &bdquo;Germany’s Next Topmodel“ auf &bdquo;ProSieben“ teilgenommen. Sie flog zwar deutlich vor dem Finale raus, durfte aber auf Wunsch von Topmodel-Chefin Heidi Klum das Finale moderieren. Wie denkt die Lipperin, die an der Hochschule Innenarchitektur studiert, heute über ihren Ausflug in die Welt von Glitzerkleidern und Dauerlächeln? Warum sie jetzt erst recht als PoC-Frau (&bdquo;Person of Colour“) ins Fernsehen möchte. Im Interview mit der &bdquo;Lippischen Landes-Zeitung“ vor einem Jahr, als die Topmodel-Staffel mit dir noch lief, hast du gesagt, es sei ein Traum, dabei zu sein. Würdest du das heute immer noch so formulieren? Lydwine Nitidem: Vor allem das Finale war ein Fiebertraum, obwohl ich längst raus war. Aber ich durfte die letzte Show moderieren. Live. In einem Studio voller Menschen, meine Mama war da. Mehrfach umziehen, Witze reißen – da war ich voll in meinem Element. und im Flow. Du hast moderiert wie im Rausch. Lydwine Nitidem: So hat es sich auch angefühlt. Ich war total dabei. Es hat sich alles so natürlich angefühlt. Irgendwann habe ich nicht einmal mehr meine Moderationskarten mit den Notizen drauf gebraucht. Ein Fernsehtraum, der im Abspann für gewöhnlich immer auch ein Ende findet Lydwine Nitidem: Klar, aber die ganze GNTM-Staffel bleibt für mich ein Traum, weil ich das Moderieren für mich entdeckt habe. Ja, ich studiere wieder Innenarchitektur. Aber ich habe mich auch bei einer Agentur beworben – und innerhalb von zwei Wochen hatte ich meinen ersten Job. Als Moderatorin? Lydwine Nitidem: Als Moderatorin – und mit Content Creation. Viele kehren nach GNTM komplett in ihr altes Leben zurück. Ich aber wollte weitermachen, auf dem Pfad bleiben. Das Sprungbrett für die weitere Karriere nutzen und die Bubble verlassen. Was meinst du genau mit der Bubble, also der Blase? Lydwine Nitidem: Naja, du wirst bei GNTM komplett ins kalte Wasser geschmissen, was ich aber total liebe. Dann tauchst du vollständig in die Topmodel-Staffel ein, es gibt nichts daneben. Und schlagartig ist es vorbei: Du musst gehen. Da macht sich schon Panik breit, was danach kommt. Man versucht, sich festzuklammern, aber merkt, das funktioniert nicht – du musst dich entwickeln. Weil nur die wenigsten tatsächlich als Models erfolgreich durchstarten? Lydwine Nitidem: Das ist ein Punkt. Dazu kommt, du hast in der Gruppe so krasse Sachen erlebt, die ich teils bis heute nicht raffe. Du wirst eingeflogen nach L.A. – in eine Villa, es gibt Mega-Essen, tolle Kleider, Fotoshootings, bei denen du im Mittelpunkt stehst. Besteht nicht die Gefahr, dass man sich da selbst verliert? Lydwine Nitidem: Unbedingt, viele haben dort eine Rolle gespielt, die sie anschließend nicht mehr losgeworden sind. Ich denke, ich habe mich nicht verändert, bin als Person nur gewachsen. Aber klar, es besteht ein Risiko: Du öffnest dich emotional total, machst dein ganzes Leben sichtbar. Sichtbar für alle Lydwine Nitidem: Genau. Ich meine, bei meinem Bruder im Kurs machen sie was über Social Media – an meinem Fallbeispiel. Das fühlt sich schon komisch an. Immerhin habe ich weiter gepostet, was ich schon vorher von mir gezeigt habe – Familie, Alltag, gute Laune und Humor. Wer da nur schauspielert, für den wird es anstrengend. Wie sehr fordert einen die Zeit in der Öffentlichkeit? Lydwine Nitidem: Sehr. Trotzdem hat sich GNTM für mich zu 100 Prozent gelohnt, es war die beste Zeit meines Lebens, nicht wegen der Nostalgie, die wir immer wieder schieben. Wegen der Chance, die ich bekommen und genutzt habe. Also Heidi Klums Topmodel-Casting als Türöffner? Lydwine Nitidem: Als Türöffner für die Berufung, die für mich bestimmt war und ist. Meine Mama spricht immer davon, dass ich als Kind Moderatorin werden wollte. Und da bin ich nun! Ich bin so glücklich und dankbar für die Möglichkeiten, die mir offenstehen. Meine Eltern hätten auch in Kamerun bleiben können – dann sähe mein Leben jetzt vermutlich anders aus. Wer viel von sich preisgibt, geht damit auch Risiken ein, wie man immer wieder sieht. Lydwine Nitidem: Oh ja, man bekommt oft zu hören: Das hast du nicht verdient! Du wirst doch eh kein Model! Den Stempel &bdquo;Möchtegern-Model“ hast du weg, das ist ein Druck, mit dem auch ich lernen musste umzugehen. Hat deine Hautfarbe dabei auch eine Rolle gespielt? Lydwine Nitidem: Dort nicht, aber vor allem im Netz musst du dir viel Hass anhören und auch verdammt viel rassistische Sachen oder zu deinem Aussehen. Da gibt es nur eins: Nicht diskutieren. Wer Hass verbreitet, wird blockiert. Wie sieht du denn die gesellschaftlichen Strömungen im Land? Die deutsche Weitsprung-Olympiasiegerin Malaika Mihambo, die auch PoC ist, hat sich gerade sehr kritisch geäußert: Sie habe Angst um ihr Leben, rufe aber zu Wachsamkeit und Engagement auf. Lydwine Nitidem: So sehe ich das auch. Vordergründig heißt es immer, Diversität würde gesucht und gefördert. In Wahrheit ist das für viele nur ein Lippenbekenntnis. Auch als Frau wirst du von vielen nicht ernstgenommen, da musst du doppelt geben, um das Gleiche zu erreichen. Und als PoC-Frau erst recht. Das jüngste Wahlergebnis scheint das zu unterstreichen ... Lydwine Nitidem: Leider. Ich war ja das erste Mal wählen und echt stolz, mit meinem Pass im Wahllokal zu stehen. Um 18 Uhr war ich dann echt sauer und habe gedacht: Leute, wollten wir nicht gemeinsam etwas verändern? Jetzt will ich erst recht als schwarze Frau ins Fernsehen ... Doch dafür muss ich realistisch bleiben, trotzdem das Studium weitermachen, aber nach links und rechts schauen – das war der beste Rat. Dabei bist du dann über den Moderatorenjob bei der &bdquo;Icon League“, der Hallenfußball-Liga, die Toni Kroos ins Leben gerufen hat, &bdquo;gestolpert“? Lydwine Nitidem: Ja, das war einer der Seitenpfade, die man erkennen muss, wenn sie sich öffnen. Ich meine, ich habe dort Herbert Grönemeyer interviewt. Mit einer völligen Selbstverständlichkeit, schien mir. Wie kam es dazu? Lydwine Nitidem: Das war lustig. Mein Chef war ganz aufgeregt und meinte: Da, das ist Herbert Grönemeyer. Ich habe ihn also angetippt und gefragt, ob er Lust auf ein Interview hat. Seine Antwort? Ich muss erst auf die Bühne für meinen Auftritt. Als Toni Kroos ihn dann vorgestellt hat, dachte ich, oh, der ist vielleicht doch noch ein paar Nummern größer, als ich so dachte. Dann habe ich ein bisschen das Flattern bekommen. Beim Interview schien das dann wieder verflogen Lydwine Nitidem: Das wirkt nur so. Da waren ganz viele Sender, Mikros, andere Medien, die ihm hinterhergerannt sind für einen O-Ton. Teils erfolglos. Dann kam er zu mir und meinte, Sie bekommen jetzt noch das Interview. Das war dann eigentlich ganz locker. So wie mit Culcha Candela und vielen anderen. Aber an meinem ersten Tag bei der League hatte ich ganz schön Bauchschmerzen. Wie geht es für dich weiter? Lydwine Nitidem: Ich will das professionell machen, weitere Jobs neben dem Studium annehmen. Aber ich mache auch meinen Bachelor in Innenarchitektur zu Ende und möchte dann ein Volontariat, eine Ausbildung machen – Fernsehen, Radio Podcast, die Richtung. Denn ich kann stundenlang reden im Gespräch mit Sebastian Fitzek für den Hörbuch-Anbieter Audible bin ich etwa voll versunken.

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