Von Sündenfall bis Allheilmittel

Leopoldshöhe. Der Apfel ist ein ganz besonderes Obst. In der Bibel wird er als Grund für die Verbannung aus dem Paradies angeführt, Isaac Newton soll durch ihn auf die Gravitation aufmerksam geworden sein und auch in der ikonischen Szene von Wilhelm Tell darf er natürlich nicht fehlen. Darüber hinaus sind Äpfel für ihre gesundheitsförderlichen Eigenschaften bekannt, so dass sich im englischsprachigen Ausland längst die Redensart an apple a day keeps the doctor away etabliert hat. Grund genug, um am 11. Januar den Tag des deutschen Apfels zu feiern, einer Initiative, die 2010 von der Bundesvereinigung der Erzeugerorganisation Obst und Gemüse (BVEO) ins Leben gerufen wurde. Ziel des Aktionstages ist es auf die Vielfalt der einheimischen Apfelsorten aufmerksam zu machen. Wie aber steht es um die regionalen Apfelsorten in der Gemeinde Leopoldshöhe? &bdquo;Alte Apfelsorten sind verträglicher“ Ulrich Käthner hat in seinen 50 Berufsjahren als Gartenlandschaftsbauer mehrere Hundert Apfelbäume gepflanzt. Neben seiner beruflichen Affinität zum Apfel engagiert er sich in der Leopoldshöher Ortsgruppe des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) und hat über den Apfel, insbesondere die alten, regionalen Sorten, nur Positives zu berichten: &bdquo;Die alten Apfelsorten sind generell verträglicher, besonders für Allergiker. Daher ist es umso bedauerlicher, dass diese Apfelsorten – nur weil sie manchmal nicht so aussehen, wie in unserer Vorstellung – nicht im Handel vertreten sind“, sagt Käthner. Gärtnern ist bei den Käthners Familienangelegenheit, Großvater und Urgroßvater waren ebenfalls als Gärtner tätig. Von ihnen hat Ulrich Käthner antike Ausgaben der Zeitschriftenreihe Deutschlands Obstsorten geerbt. &bdquo;Es wird häufig vergessen, dass verschiedene Sorten ganz unterschiedliche Eigenschaften aufweisen, zum Beispiel was Lagerung angeht“, sagt Käthner. In einer Ausgabe aus dem Jahr 1910 findet er Ausführungen zur Apfelsorte Canada Renette. &bdquo;Dieser Apfel wird beispielsweise im September geerntet und kann dann bis zum Mai des nächsten Jahres gelagert werden – ein sogenannter Winterapfel. So eine Sorte findet man nicht im Supermarkt“, erklärt Kät-hner. Die alten Apfelsorten wieder bekannter zu machen ist aber nicht nur ein Anliegen von Apfel- und Naturliebhabern. Auch die Gemeinde Leopoldshöhe versucht, die einheimischen Sorten wieder in der Öffentlichkeit bekannter zu machen. So etwa im Jahr 2019 als der Umweltausschuss, die Gemeindeverwaltung und der NABU gemeinsam eine Spendenaktion organisierten. Bürgerinnen und Bürger erhielten im Gegenzug für ihre Spenden einen Apfelbaum der regionalen und alten Sorten. Eine Apfelsorte stammt aus Leopoldshöhe &bdquo;Die alten Sorten sind ausgesprochen wichtig für die Artenvielfalt“, sagt Reiner Loer. Loer arbeitet in der Gemeinde Leopoldshöhe in der Stabstelle für Klimaschutz und Mobilität und koordiniert unter anderem die Gestaltung von Ausgleichsflächen. &bdquo;In Leopoldshöhe haben wir insgesamt fünf Ausgleichsflächen, auf denen Apfelbäume gepflanzt worden sind. Davon eignen sich zwei zum Pflücken durch Privatleute“, sagt Loer. Bei den Flächen handelt es sich um den Bürgermeister-Brinkmann-Weg in Richtung Heimathof sowie den in Asemissen befindlichen Grünstreifen von der Asemisser Allee bis zur Straße Am Meierhof. &bdquo;Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, von diesen Bäumen Äpfel für den Eigengebrauch zu pflücken. Unter anderem ist dort auch der Tannenkrüger gepflanzt, der seinen Namen vom Leopoldshöher Tannenkrug erhalten hat“, sagt Loer. Die Vorzüge des Tannenkrügers kennt auch der Vorsitzende des Heimatvereins Leopoldshöhe, Helmut Depping. &bdquo;Seit knapp zwölf Jahren pflanzt der Heimatverein Leopoldshöhe die alten Sorten nach und vor vier Jahren haben wir den Tannenkrüger am Heimathof gepflanzt“, sagt Depping. Neben den bereits genannten Vorteilen führt Depping aber noch ein ganz praktisches Argument für die alten Sorten ins Feld. &bdquo;Die alten Sorten sind schmackhafter als der reguläre Apfel im Verkauf“, sagt Depping. Der Heimatverein Leopoldshöhe pflegt und unterhält mehrere Streuobstwiesen am Heimathof, alle dort befindlichen Apfelbäume zählen zu den alten Sorten. Wer nun selbst herausfinden möchte, ob die alten Sorten in Sachen Geschmack den handelsüblichen Äpfeln überlegen sind, kann direkt am Heimathof – jeden Dienstag zwischen 9 und 12 Uhr – Äpfel pflücken. Doch der Heimatverein plant noch zwei weitere Veranstaltungen, die ganz im Zeichen des Apfels stehen. &bdquo;Aufgrund der ausgesprochen positiven Rückmeldungen werden wir im Herbst wieder einen Obstpflücktag am Heimathof ausrichten“, sagt Depping. Und am 28. September lädt der Heimatverein zum Apfel- und Kartoffelfest, einem Familienfest mit inzwischen 30-jähriger Tradition, im Rahmen dessen auch die Möglichkeit besteht, einige Früchte zu pflücken. Ob nun zu Kuchen oder Apfelmus verarbeitet, als Bratapfel kredenzt oder einfach nur gewaschen und geschält, der Apfel ist nicht nur ein vielseitiges Obst, sondern ebenso ein Stück Regionalgeschichte, das es zu bewahren gilt.

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