Mit Muskelkraft und Kran-Power: Der Kläschen-Aufbau in Lemgo läuft auf Hochtouren

Lemgo. &bdquo;Eins, zwei, hopp... eins, zwei, hopp“ – im Takt ziehen drei Männer eine schwere Plane über eine Seilwinde über ein Holzgerüst. Sie bildet später das Dach, der laut Louis Schneider ältesten Geisterbahn Deutschlands. Gleich nebenan bedient Lutz Köhrmann einen Kran über eine Steuerung, die ihm um den Hals hängt, um die schweren Metallteile des Bodens für eines der derzeit neuesten Fahrgeschäfte, dem &bdquo;Escape - Flight of Fear“, an den richtigen Ort zu hieven. Beide Fahrgeschäfte haben aber eines gemeinsam: Sie sollen bei ihren Besuchern für Spaß sorgen – auf der Lemgoer Traditionskirmes Kläschen, die am Donnerstag, 5. Dezember, startet. 24 Meter lang, elf Meter tief und sechs Meter hoch – das sind die Maße des &bdquo;Geisterexpress“ von Familie Schneider aus Herford. Ursprünglich kommen sie aber aus Lippstadt, sagt Louis Schneider: &bdquo;Mein Urgroßvater Willi Schneider hat die Geisterbahn kurz nach dem Zweiten Weltkrieg 1947 gebaut.“ Davon zeugt das Material: Ist bei den umliegenden Fahrgeschäften nur Metall zu sehen, ist das Gerüst des historischen &bdquo;Geisterexpress“ noch aus Holz. Nur die Fassade hängt an Metallbalken. In sechs Metern Höhe sitzt ein Mitarbeiter auf einem Balken, der leicht wackelt, und hängt die Ösen der rechten Dachplane ein. Währenddessen muss die Plane im mittleren Teil noch hochgezogen werden. Da ist Muskelkraft gefragt. Während Michael Schneider die Plane von unten mit einer Metallstange hochdrückt, ziehen drei Helfer an einem Seil. Stück für Stück entsteht so das Dach. 140 Bodenteile für die Geisterbahn in Lemgo Für die Geisterbahn müssen die sechs Arbeiter 140 Bodenteile zusammenpuzzeln. Das ist schon am Montag passiert. Wie auch der &bdquo;Escape“ ist der &bdquo;Geisterexpress“ direkt von der Andreasmesse, die am Sonntagabend in Detmold zu Ende ging, zu Kläschen gewechselt. Hier auf dem Regenstorplatz fanden am Dienstagmorgen auch 145 Dachstuhlteile wieder zusammen. Nachdem das Dach steht, geht es mit den Schienen weiter, die zwei Mitarbeiter in Schleifen auf den Boden legen. 120 Meter Strecke ergeben die Schienen am Ende. Darauf fahren später acht Wagen, in denen immer zwei Personen sitzen können. &bdquo;Aber immer nur einer gleichzeitig durch die Bahn“, sagt Louis Schneider. Die anderen warten im sogenannten Bahnhof, dem Eingangsbereich der Geisterbahn. &bdquo;Die Bilder für den Bahnhof hat der bekannte Kirchenmaler Fritz Laube gemalt“, sagt der Schausteller-Sohn stolz. &bdquo;Geisterexpress“ nur für besondere Anlässe im Einsatz Der &bdquo;Geisterexpress“ werde nur noch zu besonderen Anlässen, fünf bis sechs Mal im Jahr aufgebaut. &bdquo;Wir stehen auf nostalgischen Veranstaltungen, zum Beispiel auf dem Dortmunder Hansemarkt. Da wissen wir, dass wir nichts verkehrt mit machen. Und Kläschen ist auch etwas Besonderes“, so Louis Schneider. Ansonsten hat die Schaustellerfamilie auch noch ein Laufgeschäft namens &bdquo;Pirates Adventure“, das vor fünf Jahren zuletzt auf Kläschen war, sich nun aber in der Winterpause befindet. Die historische Geisterbahn wiederum sei schon zum dritten Mal auf der Traditionskirmes, das letzte Mal sei aber schon 40 Jahre her, erinnert sich Michael Schneider dunkel. Damals waren noch zwei Anhänger notwendig, um alles zu verstauen. &bdquo;Ich habe das umgebaut. Jetzt brauchen wir nur noch einen Lkw-Anhänger. Das spart Sprit“, sagt Louis Schneider, bevor er wieder mitanpacken muss. Nebenan beim &bdquo;Escape“ ist es einfacher, werden die schweren Metallteile doch mit einem Kran an die richtige Position gebracht. Gurte einhängen und schon hievt Lutz Köhrmann die bis zu 600 Kilogramm schweren Platten in die Luft. &bdquo;Wir machen fast alles mit dem Kran. Wenn es schnell gehen muss, schaffen wir den Aufbau so in einem Tag“, weiß Junior Felix Köhrmann, der die Drehscheibe mittels Fernsteuerung bewegen kann. Allein diese besteht aus 40 Teilen und hat einen Durchmesser von 20 Metern. So funktioniert das Fahrgeschäft &bdquo;Escape“ Der zweieinhalb Jahre alte &bdquo;Escape“ (zu Deutsch: Flucht) ist ein sogenanntes Hoch-Rundfahrgeschäft mit einer Scheibe, die sich dreht. Auf ihr sind fünf Gondelkreuze montiert, die wiederum insgesamt 15 Gondeln bewegen. So können bis zu 30 Fahrgäste gleichzeitig befördert werden. In der Mitte der Scheibe ragt die Figur eines Vogels empor. &bdquo;Das Thema des Fahrgeschäfts ist die Flucht vor dem Feuervogel und dem einstürzenden Tempel. Viele verbinden mit ,Escape’ ja dunkle Escape-Rooms. Das wollten wir nicht. Wir wollten es farbenfroh gestalten“, erklärt Felix Köhrmann die Dschungel-Kulisse. Und die ist handbemalt. Die Köhrmanns aus Nienburg sind Wiederholungstäter: Sowohl der &bdquo;Escape“ stand schon auf Kläschen, als auch ihre Riesenschaukel &bdquo;Artistico“ sowie andere Fahrgeschäfte. Angefangen hat aber alles mit einem Kuchenverkauf, weiß der Junior, bevor er beim letzten Element der Scheibe mitanpacken muss. &bdquo;Das ist mal mehr, mal weniger frickelig“, weiß er aus Erfahrung. Vier Lkw für Transport notwendig Am Montag wurden bereits die großen Fassadenelemente mit fast zehn Metern Höhe aufgestellt. Nach dem Boden sind die Gondeln dran und schließlich die Deko, die teilweise aus Kunststoff ist. Das schwerste ist aber das Kassenhäuschen. &bdquo;Da sind die Musikanlage und die Verstärker sowie eine Klimaanlage drin. Das macht mal eben schlappe 2,8 Tonnen“, sagt Felix Köhrmann. Vier volle Lastkraftwagen sind für den Transport des &bdquo;Escape“ notwendig. Entsprechend viel Platz benötigt das Team für den Aufbau und ist daher froh über den Stellplatz hinten in der Ecke. 15 bis 20 Mal im Jahr bauen die Köhrmanns ihren &bdquo;Escape“ auf. &bdquo;Der schönste Moment ist für mich immer die Probefahrt, wenn alles funktioniert“, sagt der Junior. Kläschen ist die letzte Veranstaltung für die Schaustellerfamilie in diesem Jahr. Danach wird das Fahrgeschäft heimgefahren, rund eine Woche gereinigt und einquartiert, bevor es im März wieder losgeht.

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