Reaktionen zum Ampel-Aus: Das sagen lippische Akteure über Chancen und Herausforderungen

Kreis Lippe. Es war ein Paukenschlag mit Ankündigung: der Bruch der Berliner Ampel-Koalition. Lange schon waren sich SPD, Grüne und FDP in vielem uneins. Nun ist es Fakt: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will im Bundestag die Vertrauensfrage stellen, um den Weg für vorzeitige Neuwahlen zu ebnen. Doch wie schätzen die Akteure in Lippe aus Wirtschaft, Handwerk, Bildung und Co. die Situation ein und was wünschen sie sich konkret? &bdquo;Es ist jetzt außen- und innenpolitisch eine schwierige Zeit“, sagt Svenja Jochens, Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold. Aber der Bruch der Koalition überrasche nicht, sondern sei &bdquo;auch eine Chance für einen Neubeginn“. Der Wirtschaft - auch in Lippe - ginge es nicht gut. Eine neue Regierung müsse neue wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen schaffen, Bürokratie abbauen, mehr Verlässlichkeit und Vertrauen schaffen, dem Fachkräftemangel begegnen und der Wirtschaft wieder einen Schub geben. Nur dann könne Unternehmern die Sorge genommen werden, ob es sich überhaupt noch lohnt, hier in Lippe vor Ort in den Standort zu investieren. Dr. Jens Prager, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer OWL, blickt mit Sorge auf die aktuelle politische Lage in Berlin und die damit verbundene politische Instabilität. &bdquo;In einer Zeit, in der die kleinen und mittleren Betriebe des Handwerks dringend verlässliche politische Rahmenbedingungen benötigen, schafft das Auseinanderbrechen der Regierung zusätzliche Unsicherheit.“ Es brauche eine schnelle Entlastung für Betriebe. Steuern, Abgaben und eine überbordende Bürokratie seien für viele kaum tragbar. &bdquo;Aus Sicht der Handwerkskammer braucht es daher zeitnah eine handlungsfähige Regierung, die genau diese Probleme anpackt, eine mittelstandsorientierte Politik in den Fokus setzt und die Investitionen in die Zukunft sichert.“ Neuwahlen sofort oder später? Dirk Becker (SPD), Bürgermeister Oerlinghausens und Sprecher der lippischen Bürgermeister, meint, das Aus der Regierungskoalition sei ein konsequenter und richtiger Schritt. &bdquo;Wir brauchen Handlungsfähigkeit mit Blick auf die Kommunen, denn das Leben passiert vor Ort“. Deshalb müsse, auch wenn er den Wunsch nach zügigen Neuwahlen verstehe, erst ein Bundeshaushalt für 2025 verabschiedet werden. Der sei wichtig für die Kommunen. Viele Förderprogramme etwa seien nämlich von einem beschlossenen Bundeshaushalt abhängig. Und das Thema Kommunen sollte auch bei der nächsten Regierung im Fokus stehen. &bdquo;Was Berlin beschließt, muss auch vom Bund finanziert werden“, betont Becker. Etliche Projekte wie die Eingliederungshilfe seien unterfinanziert. Die Kommunen bräuchten aber eine auskömmliche finanzielle Ausstattung, um die ihnen übertragenen Aufgaben bewältigen zu können. Für Andreas Reibchen, Chef des Messezentrums Bad Salzuflen, ist das Ende der Ampel-Koalition in Berlin &bdquo;überfällig“. &bdquo;Jetzt müssen Neuwahlen so schnell wie möglich kommen. Der Kanzler muss rasch die Vertrauensfrage im Bundestag stellen, nicht erst Mitte Januar.“ Von der neuen Bundesregierung erwartet Reibchen, dass sie &bdquo;wirtschaftsorientiert und nicht ideologieorientiert“ arbeitet. &bdquo;Das sind alles Facetten von Demokratie“, sagt Jörg Düning-Gast, Verbandsvorsteher des Landesverbands Lippe, zum plötzlichen Aus der Ampel-Koalition. &bdquo;Am Ende kann es auch sein, dass man sich nicht einig wird. Dann muss man die Konsequenzen ziehen.“ Von der neuen Regierung erwarte er, dass sie Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit findet und dass sie Probleme nicht nur beschreibt. &bdquo;Die Arbeit geht jetzt erst richtig los“ Professor Dr. Jürgen Krahl, Präsident der TH OWL, betont: &bdquo;Es zeichnet repräsentative Demokratien aus, dass sowohl Kompromisse gefunden als auch Neuwahlen angesetzt werden müssen, wenn Konsens und damit Handlungsfähigkeit fehlen.“ Jede Regierung sei daher gut beraten, anwendungsnahe Forschung sowie deren Transfer in Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern, um eine belastbare Basis für politische Entscheidungen zu haben. &bdquo;Der Zeitpunkt ist herausfordernd und der Zeitraum bis zu den angekündigten Neuwahlen im März 2025 lang“, sagt Ulrich Leidecker, COO der Geschäftsführung bei Phoenix Contact. Allerdings sehe er auch eine Chance auf eine Verbesserung der angespannten wirtschaftlichen Lage. &bdquo;Und so wünschen wir uns eine neue Regierung der demokratischen Mitte, da extreme Positionen für Wirtschaft und Gesellschaft gefährlich sind.“ Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Wirtschaft stehe seit Längerem auf dem Spiel. &bdquo;Bürokratieabbau, Rückführung der Überregulierung in vielen Bereichen und dringend benötigte Maßnahmen wie die Verlängerung der Kurzarbeitsmöglichkeiten dulden keinen Aufschub.“ Der lippische FDP-Kreisvorsitzende Carsten Möller erklärt, die FDP Lippe begrüße das Ende der Ampel ausdrücklich. Schon lange habe vor allem der ländliche Raum nicht mehr von der Ampel profitiert. &bdquo;Für unseren heimischen Mittelstand und die zahlreichen ,Hidden Champions’ bestehen mit Neuwahlen die Chance, eine wachstumsorientierte und mutige Bundesregierung zu wählen, die die Probleme in diesem Land entschlossen angeht. Es sei ein Grund zum Aufatmen - &bdquo;dennoch geht die Arbeit jetzt erst richtig los“.

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