Geplanter Stellenabbau: Wie geht bei Zumtobel in Lemgo weiter?

Lemgo. Die Stimmung bei Zumtobel in der Grevenmarsch ist gedrückt. Über vier Jahre haben die Mitarbeiter auf Lohn verzichtet, durchschnittlich auf 18.000 Euro pro Person. Schmerzhafte finanzielle Einschnitte, um den Standort zu sichern und voranzubringen. Im September sollte es jetzt endlich wieder den Tariflohn geben, doch dann das: Die Unternehmensführung kündigt Stellenabbau an. Etwa 20 Vollzeitkräfte sollen eingespart werden. Die IG Metall geht von deutlich mehr Betroffenen aus. Fassungslosigkeit macht sich in der Belegschaft breit, gepaart mit Frust und Angst, wie der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Florian Stümmler erklärt. Der 33-Jährige hat 2009 bei Zumtobel Lighting seine Ausbildung zum Mechatroniker begonnen, wurde im Anschluss übernommen und ist seit 2018 in der Mitarbeitervertretung engagiert. Damit zählt er fast noch zu den Frischlingen im Werk an der Grevenmarschstraße, denn viele der Angestellten sind seit 40 Jahren dabei. Noch unter Staff haben viele beim Lichttechnik-Unternehmen begonnen, das 1993/94 an die international agierende Zumtobel Group mit Sitz in Österreich verkauft wurde. Seitdem hat sich viel verändert. Die Österreicher haben das Sagen, ein Unternehmen mit zehn Produktionsstätten auf drei Kontinenten, das derzeit etwa 5.800 Mitarbeiter beschäftigt und sich 2009 an die Börse wagte. Angebote liegen weit unter den Erwartungen Ihre langjährige Treue werde nun mit Füßen getreten, so zumindest empfinden es viele der Mitarbeiter. Das Durchschnittsalter im Lemgoer Werk liege bei 52 Jahren, so Florian Stümmler. Kündigungen haben vor allem Beschäftige in der Produktion zu befürchten. Und wenngleich es in den vergangenen Jahren immer wieder Hiobsbotschaften gab, hat die Mitteilung der Geschäftsführer die meisten in der vergangenen Woche völlig unvorbereitet getroffen. Zwar habe es zuvor Gespräche mit der Unternehmensleitung gegeben, doch dabei sei es um Altersteilzeit und Freiwilligenangebote gegangen, "von betriebsbedingten Kündigungen war da keine Rede", so der Betriebsrat. Und auch die ersten Gespräche mit Kollegen seien frustrierend verlaufen. Vor allem die Freiwilligenangebote bei Abfindungen hätten weit unter den Vorstellungen der Beschäftigten gelegen. Wenig eingebunden fühle er sich in die Pläne der Geschäftsführung, sagt Florian Stümmler. Vorschläge des Betriebsrates, etwa die Produktion mit Fremdaufträgen aufzulasten, seien gar nicht erst weiter betrachtet worden. Dabei gebe es dort unumstritten Probleme - die Unternehmenssprecherin hat den angekündigten Personalabbau denn auch mit mangelnden Umsätzen und fehlender Auslastung begründet. Doch Strategien, um die Auftragslöcher zu füllen, habe es seiner Ansicht nach die vergangenen Jahre nicht gegeben. Zumtobel Group machte Gewinne Dabei hat das Gesamtunternehmen der Zumtobel Group im Geschäftsbericht für das vergangene Jahr durchaus gute Zahlen verkündet: ein Umsatzplus von 5,3 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro, dazu das beste operative Ergebnis der vergangenen 14 Jahre (84,3 Millionen Euro). Doch im Werk Lemgo, das Strahler und Downlights herstellt, läuft es seit Jahren nicht rund. Auch eine neue Strahlerplattform konnte nicht den erhofften Auftrieb bringen. Hat es das Unternehmen versäumt, sich rechtzeitig neu zu orientieren und nach neuen Vertriebswegen zu suchen? Zumindest Daniel Salewski von der IG Metall äußert den Verdacht und auch Florian Stümmler sieht das Problem eher intern denn auf dem großen Strahler-Markt. Pressesprecherin Maresa Hoffmann hingegen verweist auf getätigte Investitionen und neue Produktlinien und erklärt, dass das Unternehmen auch weiterhin in den Standort Lemgo investieren wolle. IG Metall sieht Alternativen zu Kündigungen Denn dort machen sich Ängste bereit, bereits 2019 stand das Werk zur Disposition und konnte nur dank der Zugeständnisse der Mitarbeiter gehalten werden. Noch gilt laut Betriebsvereinbarungen eine Standortsicherung, die aber läuft im September 2024 aus. Betriebsrat und IG Metall setzen jetzt auf konstruktive Gespräche. Denn da ist nach Ansicht von Florian Stümmler bislang wenig passiert, auch wenn Unternehmenssprecherin Maresa Hoffmann auf Gespräche verweist, die bereits seit mehr als einem Jahr liefen. "Die Leute sind total verunsichert. Sie wissen nicht, ob und wie es weitergeht", spricht Stümmler von den Sorgen seiner Kollegen. Könne der Urlaub noch geplant werden, das Auto finanziert? Und was ist mit der Rente oder den Kindern? Fragen über Fragen, auf die er schnellstmöglich Antworten zu finden hofft. Noch stünden sie ganz am Anfang: Und sollte es zu betriebsbedingten Kündigungen kommen, müssten erst Verhandlungsanträge gestellt werden, so der Erste Bevollmächtiger der IG Metall, Daniel Salewski. Dabei gebe es durchaus Alternativen wie Kurzarbeit oder auch verkürzte Wochenarbeitszeit mit Teilentgeld. Wenig Vertrauen bei Mitarbeitern Und die Mitarbeiter, die zum Lohnverzicht zuletzt während Corona auch noch Kurzarbeit finanziell verkraften mussten? Die scheinen wenig Vertrauen in die Geschäftsführung zu haben, zumindest wenn es nach den Aussagen der zwei Männer geht, die nach der Schicht am Auto stehen. Sie rauchen noch eine Zigarette und zucken die Schultern. Frustriert sind sie, was sollen sie sagen. Niemand wisse, wie es jetzt weitergeht, es könne jeden treffen. Und das eben sei so zermürbend. "2005, 2015, 2019 und jetzt wieder", sagt der Jüngere der beiden. Immer wieder hätte es bei Zumtobel in den vergangenen Jahren Krisen gegeben, immer wieder hätten es die Mitarbeiter ausbaden müssen. Von ehemals knapp 600 sind noch 300 übrig geblieben. Unsichere Zeiten bei Zumtobel Lemgo. Doch Betriebsrat und IG Metall sind bereit: "Wir werden um jeden Mitarbeiter kämpfen."

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