Mutter und Sohn aus Salzuflen wollen zu Fuß die USA durchqueren

Bad Salzuflen. Zwei bis dreimal pro Woche schnallt sich Christine Kositza (54) ihren 15 Kilogramm schweren Rucksack auf den Rücken und steigt aufs Laufband im Fitnessstudio. Seit Januar geht das so, inzwischen hat sie ordentlich Muskulatur aufgebaut. Und die wird sie auch brauchen. Denn gemeinsam mit Sohn Clemens (23) will sie ab Mai kommenden Jahres den &bdquo;Pacific Crest Trail“ (PCT) erwandern. 4.265 Kilometer geht es dann zu Fuß von der mexikanischen zur kanadischen Küste einmal quer durch die USA, ein halbes Jahr lang, 27 Kilometer am Tag bei nur einem Tag Pause pro Woche. &bdquo;Die ersten 1.000 Kilometer tragen einen die Beine. Die letzten 3.000 der Kopf“, hat sich Kositza sagen lassen. &bdquo;Am Mindset muss ich noch arbeiten – indem ich immer wieder an meine Grenzen gehe.“ Die Idee zur Mega-Tour kam bei Christine Kositza nicht von ungefähr. Die 54-Jährige, verheiratet, drei Kinder in den 20ern, brauchte mal wieder eine Herausforderung, erzählt sie. Zum Wandern kam sie mit 20 Jahren eher zufällig – nach einer Krebserkrankung konnte sie nicht mehr joggen und suchte eine Alternative. Zwei Jahre Auszeit 15 Mal ist sie daraufhin beim Hermannslauf mitgewandert, und als ihr das nicht mehr reichte, fasste sie ein neues Ziel ins Auge: Wanderevents, bei denen 100 Kilometer in 24 Stunden abgespult werden. Quer durch Deutschland ist sie dabei schon gelaufen, zuletzt durchs Weserbergland. &bdquo;Ich schaffe es nicht immer, aber jede Wanderung an sich ist wunderschön“, sagt Kositza. Und für sie gilt: &bdquo;Der Weg ist das Ziel.“ Inzwischen musste aber – mal wieder – ein neues Ziel her. Durch ein Buch wurde Kositza auf den PCT aufmerksam, gut fünf Jahre lang reifte in ihr der Wunsch, diesen Weg zu gehen. Jetzt hat sie Nägel mit Köpfen gemacht. Ab Mai nimmt sie zwei Sabbatjahre Auszeit von ihrem Job an der Theaterkasse der Stadt. Mit dabei: Sohn Clemens. Als seine Mutter in der Familie herumfragte, ob jemand mitkommen wolle, habe er direkt zugesagt. Der 23-Jährige hat Fitnessökonomie studiert und leitet aktuell ein Fitnessstudio. &bdquo;Ich wollte eh noch reisen, aber auf die Idee wäre ich allein nie gekommen – da hat sich das angeboten“, sagt er. Aber auch ihm wurde das Wandern quasi in die Wiege gelegt: Früher ging es regelmäßig mit den Großeltern auf Tour. Mit seiner Mutter wird es aber die erste große Wanderung, denn die ist sonst meist allein unterwegs. Sich gegenseitig motivieren In der Natur zu sein, ganz nach dem eigenen Rhythmus, das tue ihr einfach gut, sagt Christine Kositza. Trotzdem freue sie sich riesig, ihren Sohn dabei zu haben. Die gemeinsame Erfahrung, das Erlebnis – beide können es kaum erwarten. Klar, das Zwischenmenschliche müsse passen, aber das tut es, sind sie sich einig. Und: &bdquo;Man motiviert sich gegenseitig, achtet aufeinander und hilft sich“, sagt Clemens Kositza. Zudem könne er beim Englisch und beim Umgang mit der Technik wie den GPS-Geräten helfen. Wie das funktioniert, haben sie Anfang Juni geprobt. Gut 150 Kilometer sind sie nach Bremen gelaufen – inklusive kiloschwerem Gepäck und Hund &bdquo;Kiste“, der die Tour in die USA allerdings nicht mit antreten wird. 20 bis 30 Kilometer haben die beiden pro Tag absolviert, mit dem GPS-Gerät ging es nachts durch den Wald, gezeltet wurde schon mal bei einem Bauern auf dem Hof. Unterwegs bei Wildfremden nach Wasser zu fragen, das habe schon Überwindung gekostet, gibt Kositza zu. Aber die Begegnung mit Menschen bleibe eben auch in Erinnerung. Allerdings lief nicht alles so glatt: Teilweise musste Hund &bdquo;Kiste“ getragen werden, weil er nicht mehr konnte. Alles genau planen und kalkulieren Und dann erkrankte Clemens Kositza noch an einer eitrigen Mandelentzündung. Aber Aufgeben war nicht: Dank Medikamenten schafften sie es bis zu den Bremer Stadtmusikanten, stolz zeigt Christine Kositza das Beweisfoto. Sie hat fast Tränen in den Augen, wenn sie davon erzählt. &bdquo;Das war so ein Highlight, angekommen zu sein.“ Die Tour hat ihnen gezeigt, dass das bisherige Training gefruchtet hat, sagt sie. Aber: Es gibt noch die eine oder andere Stellschraube, an der sie drehen müssen. &bdquo;Vor allem müssen wir darauf achten, unterwegs genug zu trinken und zu essen“, sagt Clemens Kositza. Bis Mai 2024 wollen die beiden zudem noch einige Extremsituationen üben: Hunger, Kälte, Übernachten bei Regen. Aufs Gramm genau hat sich Christine Kositza zudem schon ihr Gepäck zusammengestellt, aber auch das will sie noch optimieren. Hilfe und Tipps holen sich beide über Ratgeber und Bücher – zumindest in der Theorie. Denn was sie am Ende in den USA wirklich erwartet, wird sich zeigen. Bären, Skorpione oder Klapperschlangen nicht ausgeschlossen. Bis zu 4.000 Höhenmeter Und dann das Klima: Von der Wüste geht es durch Wälder und über die Berge bis in den Schnee, gut 4.000 Höhenmeter werden sie überwinden müssen. Davor hat Christine Kostiza ein wenig Bammel – ihr Herz-Kreislauf-System zu trainieren, stehe daher auch noch auf dem Trainingsplan. Sohn Clemens macht sich derweil am meisten um die ausreichende Versorgung mit Nahrung und Getränken Gedanken – das will gut geplant und kalkuliert sein. Er freue sich vor allem auf die Natur, die Wildnis. So herausfordernd und entbehrungsreich es wird – &bdquo;Ziel ist, gemeinsam anzukommen.“ Je näher die Abreise rückt, desto realer wird für Christine Kositza ihr Traum. Ob sie es am Ende über die mehr als 4.000 Kilometer schaffen wird? &bdquo;Es wird vor allem eine mentale Herausforderung“, sagt sie. Ganz so wichtig ist ihr das aber auch gar nicht – schon Etappenziele zählten, dazu die Natur, die Zeit mit ihrem Sohn, das Drumherum. Sie sehe einfach alles positiv. Und wolle mit ihrer Geschichte daher auch andere motivieren, dem Alltagstrott mal zu entfliehen, Dinge einfach anzugehen, Kleinigkeiten zu ändern. Ihre positive Grundeinstellung habe ihr damals geholfen, den Krebs zu besiegen. Diesmal soll sie ihr helfen, das Abenteuer ihres Lebens zu bewältigen. Der &bdquo;Pacific Crest Trail“ (PCT) ist ein 4.265 Kilometer langer Fernwanderweg im Westen der USA. Er verläuft parallel zum Pazifischen Ozean von der mexikanischen zur kanadischen Grenze und führt durch Kalifornien, Oregon und Washington. Auf dem Weg geht es über Gebirgspässe, durch Canyons, Nationalparks und -wälder. Auf den ersten 1000 Kilometern wartet Wüste auf die Wanderer, später geht es durch die Sierra Nevada und auf bis zu 4.000 Höhenmeter.

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