
Oerlinghausen. "Das liebe ich am allermeisten", sagt Sandra Lüpkes. In einer kleinen Buchhandlung zu lesen, zwischen all den Büchern und im unmittelbaren Kontakt zum Publikum. "Als Schriftsteller ist man oft sehr einsam." Umso schöner, die Leser persönlich kennenzulernen, sich mit ihnen auszutauschen, ihre Reaktionen zu erfahren. "Leider ist das immer weniger möglich."
50 bis 60 Lesungen pro Jahr führen Sandra Lüpkes durch ganz Deutschland. "Im vergangenen Jahr waren nur zwei davon in Buchhandlungen." Der Rest hatte eher Event-Charakter. "Schade", meint die Münsteranerin. Das Persönliche dürfe nicht verlorengehen. In Oerlinghausen und in Leopoldshöhe ist sie gern gesehener Lese-Gast. "Ich bin relativ häufig hier. Viele kennen mich, weil sie auf den Nordseeinseln Urlaub machen."
Lüpkes selbst hat 23 Jahre auf Juist gelebt, bezeichnet sich als "Küstenkind". Als sie sich in einen Kollegen verliebte, zog sie nach Münster. Im Helpuper "Lesegarten" hat die 42-Jährige jetzt aus ihrer im April erschienenen Erzählung "Nordseesommer" gelesen. Eigentlich ist sie viel eher Krimiautorin, lässt die tatkräftige Kommissarin Wencke Tydmers ermitteln. "Deshalb ist diese Familiengeschichte schon etwas Besonderes für mich".
Dieses Besondere hebt Lüpkes in ihrer Lesung hervor. Drei Lieder und Variationen darüber hat sie selbst am Computer komponiert, lässt die Musik zwischendurch laufen, singt dazu, spielt Säge und Trompete. Das mit der Musik sei eine Premiere, verrät Lüpkes und atmet vorher noch einmal hörbar durch.
Christa Pott aus Greste, die mit ihrem Sohn in den Lesegarten gekommen ist, findet es "einfach klasse, die Mimik zu beobachten". Die Autorin live zu erleben, das werde ihr ganz sicher im Gedächtnis bleiben. "Wenn man es selber liest, dann erinnert man sich."
Von der alleinerziehenden Mutter Frauke und ihrem pubertierenden Sohn hören die 40 Besucher, vom ebenfalls getrennt lebenden Vater Henning und seiner kecken Tochter. Versehentlich ist das "Piratennest" am Deich, in dem sie Urlaub machen wollen, doppelt vermietet worden. Ärger ist vorprogrammiert.
Sandra Lüpkes lässt jeden der Protagonisten aus seiner Sicht erzählen, verändert die Stimme, spielt zwischendurch Musik, das Geräusch von Schritten und das Rufen der Möwen ein, greift zu den Instrumenten. "Das war klasse", schwärmt eine Besucherin. Unter den Zuhörern ist auch Marion Hausmann. Sie ist ebenso Nordsee-Fan wie Sandra Lüpkes. Als sie von der Lesung hörte, hat sie sofort an ein Bild gedacht, dass sie aus Pastellkreide von der dänischen Küste gemalt hat. Jetzt steht es neben der bekannten Autorin und fügt sich harmonisch in einen Abend, an dem selbst der gegen die Fenster prasselnde Regen nicht stört.