OERLINGHAUSEN

Sicherheitsrisiko Pluderhose

Im Freilichtmuseum lernen die Besucher ein mittelalterliches Volk kennen

01.08.2011 | 01.08.2011, 00:00
Ariane Schmidt hält Söhnchen Paul auf dem Arm. An einem Stirnband, das die Augsburgerin trägt, ist ein typischer Schläfenring der Kiewer Rus zu erkennen. - © FOTO: KARIN PRIGNITZ
Ariane Schmidt hält Söhnchen Paul auf dem Arm. An einem Stirnband, das die Augsburgerin trägt, ist ein typischer Schläfenring der Kiewer Rus zu erkennen. | © FOTO: KARIN PRIGNITZ

Oerlinghausen. Im kommenden Jahr möchte der russische Präsident Dmitrij Medwedew den 1150. Jahrestag des Vorläufers der heutigen Staaten Russland, der Ukraine und Weißrussland feiern. Das Archäologische Freilichtmuseum hatte bereits am Wochenende Darsteller der Kiewer Rus eingeladen. Nicht feiern wollten Stefan und Ariane Schmidt mit den Besuchern, sondern ihnen von der durchaus umstrittenen Geschichte und den Lebensgewohnheiten der russischen Urahnen erzählen.


Waren es nun Skandinavier oder Slawen, die einst das mittelalterliche Großreich Kiewer Rus gegründet haben? Diese Frage sei bis heute ungeklärt, erzählt Ariane Schmidt. Die 31-jährige Augsburgerin glaubt, "dass sich die Kulturen wohl gegenseitig beeinflusst haben" und somit ein Gemisch aus beiden die Antwort sein dürfte.

Information

Ferienprogramm

Im Archäologischen Freilichtmuseum findet am 6. August von 10 bis 18 Uhr ein Bogenbau-Seminar für Eltern und Kinder statt.

Klänge aus der Steinzeit können am 12. August von 14.30 bis 18 Uhr produziert werden, tags darauf wird mit Pfeil und Bogen geschossen.

Wie man draußen lebt, erfahren Gäste vom 15. bis 17. August.

Ein Wochenende bei den Sachsen erleben "Zeitdetektive" vom 19. bis 21. August.

Am 26. August, steht Speerschleuderbau auf dem Programm, am 3. September ein Schmiedekursus.

Seit 15 Jahren beschäftigt sich die junge Mutter, die das knapp siebenmonatige Söhnchen Paul auf dem Arm wiegt, mit der komplexen Materie. "Anfangs war es das Ambiente, das mir gefallen hat. Es fing an mit den typischen Schläfenringen." Über den Schmuck, der sie so begeistert hat, sei sie zur restlichen Darstellung gekommen. Enorm viele Bücher zum Thema hat die studierte Humanmedizinerin gewälzt, ist vor allem an den politischen Themen und eben der Gründungslegende hängen geblieben.

Den Besuchern erzählt sie aber auch etwas über Kleidung und Schmuck der Rus-Frauen.

"Sind das Birkenrindenschuhe?", will Doris Götze aus Anröchte wissen. Sind es. Selbst gefertigt. Als andere charakteristische Dinge zeigt Ariane Schmidt überlange, enge Ärmel unter dem Kleid und eine dreiteilige Schürze, "die meines Erachtens auch als Topflappen geeignet war". Michael Götze, die Söhne Jonas (12), Kai (11) und Patenkind Kaja (4) lassen sich unterdessen von Stefan Schmidt über die urzeitlichen Kampfwerkzeuge informieren.

"Wie bekommen Sie das Metall so glänzend?", will eine alte Dame wissen. "Das ist geschmiedetes Eisen", erläutert der 32-Jährige. Seine Frau hat er über das gemeinsame Hobby kennengelernt. Dass das Reitervolk der Rus riesige Pluderhosen getragen hat, wie es landläufige Vorstellung sei, hat der Grafiker schnell revidiert, als er sich intensiv mit der Geschichte beschäftigte. "Pluderhosen, das habe ich selbst probiert, hätten Schürfwunden zur Folge gehabt." Enge Hosen also und dafür weite Oberkleidung.

Dass der riemenlose Tüllenhelm sich beim Reiten hebt, die Rus fast alles Handwerkliche mit der Axt erledigt haben und zu ihren Leibgerichten Pferdefleisch gehört haben dürfte, erfuhren die Besucher im Freilichtmuseum neben vielen anderen Informationen. "Wir sind zum dritten Mal hier", sagt Doris Götze, "und es ist immer interessant."