OERLINGHAUSEN / OBERLUNGWITZ

Hand weg von der Bremse Sicherheit zuerst

Rennstreckentraining auf dem Sachsenring - ein Versuch mitzuhalten

Bettina Mettler legt sich mit ihrer knapp 200 PS starken BMW in die Kurve. | © FOTO: GUNTER HELD

10.07.2010 | 10.07.2010, 00:00

Oerlinghausen / Oberlungwitz. Bettina Mettler ist eigentlich Bürgermeisterin der Gemeinde Schömberg im Nordschwarzwald. Nur ein paar Mal im Jahr frönt sie ihrem Hobby und führt als Instruktorin des ADAC ambitionierte Motorradfahrer auf Rennstrecken. Ende Juni war wieder eins dieser Rennstreckentrainings, diesmal auf dem Sachsenring in der Nähe von Chemnitz. Kann man als relativer Anfänger auf einer solchen Strecke bestehen, ohne zur Spaßbremse für die anderen Fahrer zu werden? Ein Selbstversuch unter der Aufsicht des Oerlinghausers Michael Bartz.

"Nur nicht bremsen vor der Kurve", rät Bettina Mettler den Teilnehmern ihrer Gruppe. Wir sind zu Dritt - später werden noch zwei hinzukommen, denen die ursprüngliche Gruppe zu flott ist. Schnell wird sich geduzt, wie bei Motorradfahrern üblich. Silvia kommt aus Bayern, fährt eine Yamaha FZ6 - ein Naked Bike ohne Verkleidung. Sie fühlt sich in Kurven unsicher und möchte ihren Fahrstil verbessern. Elke ist am Rande des Ruhrgebiets zu Hause, steuert eine Suzuki 650 V-Strom und hat schon häufiger an solchen Trainings teilgenommen. Ich fahre eine Kawasaki ER5 - ein Einsteigermodell. Ich will Spaß und meine Kurventechnik verbessern. Wir bilden die Blümchen-pflück-Gruppe, die es langsam angehen lässt.

Der Anblick von mehr als 100 Maschinen in der Boxengasse ist beeindruckend. Die meisten sind Sportler, haben niedrige Lenker, aerodynamische Verkleidungen und sehen schon im Stand aggressiv aus. Michael Bartz, Leiter des ADAC-Sicherheitstrainingszentrums in Paderborn und Veranstalter des Trainings, hat die Teilnehmer in zehn Gruppen eingeteilt. Jeder Instruktor führt maximal sieben Fahrer, die sich im Vorfeld selbst eingeschätzt haben. Nach der ersten Tour vergrößert sich unsere Gruppe um zwei Fahrer: Wilhelm aus Erfurt und Olaf, der in Paderborn zu Hause ist. "Ich hab vor einem Jahr mit dem Fahren wieder angefangen", erzählt der 49-Jährige. "Nach den Infos im Internet hab ich gedacht, hier wären mehr Anfänger", sagt er. "Aber das sieht hier ja ganz anders aus."

Die ersten vier Gruppen sind draußen und kommen die Start/Ziel-Gerade entlanggedonnert. 780 Meter geradeaus, Vollgas und ein Höllenlärm. Bei mir breitet sich ein Kribbeln in der Bauchgegend aus. Dann sind wir dran: Bettina startet ihre BMW S 1.000 RR. Der Supersportler aus Bayern hat knapp 200 PS, läuft in der Spitze weit über 200 Kilometer pro Stunde (km/h) und beschleunigt von 0 auf 100 km/h in 2,9 Sekunden. Doch Frau Bürgermeisterin fährt langsam auf die Strecke. Kurz schießt mir durch den Kopf: "Was machst du hier eigentlich?" Denn, um es mal frei nach Cora Schumacher zu sagen: "Ich bin eigentlich nicht so der Rasehase." Dann ist für Gedankenspiele keine Zeit mehr, ich konzentriere mich auf die Strecke, die nächste Kurve.