OERLINGHAUSEN

Hinschauen und handeln

Referentin der Gewalt-Akademie Villigst über ein Gruppenphänomen

Nicole Gerlach zeigt ihr Praxis- und Methodenhandbuch. Hinten warten Eltern und Lehrkräfte auf ihren Vortrag. | © FOTO: K. PRIGNITZ

08.05.2010 | 08.05.2010, 00:00

Oerlinghausen (kap). Mobbing ist kein neues Phänomen. "Aber die Formen sind heftiger geworden", sagt Deeskalationstrainerin Nicole Gerlach. Im Gegensatz zu früher werde heute meist per Internet und Handy weiter gequält. Gerlachs Rat: "Die Kultur der Anerkennung in Schule und Familie ist die beste Mobbing-Prävention."

Da ist Moni, die gehänselt wird, weil sie nicht die richtigen Klamotten an hat, oder Hannes, der so eine komische Brille trägt. Erwachsene sind häufig ratlos und schauen weg, Betroffene suchen die Schuld bei sich selbst, geraten zusehends in die Isolation. "Je früher man eingreift, desto besser ist etwas dagegen zu machen", verdeutlichte Nicole Gerlach bei einer Veranstaltung, die vom Förderverein der Fröbelschule angeregt worden war.

Die Lehrtrainerin der Gewalt-Akademie Villigst machte vor allem eines deutlich: Mobbing ist ein Gruppenphänomen. Sprich: Innerhalb einer sozialen Bezugsgruppe, wie etwa der Schulklasse, wird ein Schüler als Opfer auserkoren und drangsaliert. "Dieses Opfer ist solange ausgeliefert, bis jemand den Prozess unterbricht", erläuterte Gerlach und mahnte, "so früh wie möglich hinzugucken".
Werde nicht reagiert, sei der ursprüngliche Konflikt später nicht mehr gegenwärtig. Mediationsgespräche seien dann kaum mehr möglich. "Wird früh eingeschritten, ist viel möglich." Die Fachfrau stellte klar, dass es wichtig ist, mit der ganzen Gruppe zu arbeiten, denn sonst wachse schnell ein anderes Opfer nach. Der Gemobbte selbst nehme die Erfahrungen, etwa bei einem Schulwechsel, mit. Mobbing könne zu schweren gesundheitlichen Folgen führen, zur Minderung der Schulleistungen bis hin zum totalen Schulversagen.
Verhaltensveränderungen, das Fehlen persönlicher Gegenstände, die Verschlechterung des Klassenklimas oder Ausgrenzung bei Schulveranstaltungen könnten wichtige Hinweise sein, erläuterte die Diplompädagogin. Einige der anwesenden Eltern berichteten von eigenen leidvollen Erfahrungen. Sie bestätigten, dass sich die Begrifflichkeit gewandelt habe. "Früher hatte man mit Opfern Mitleid, heute sind sie das Letzte."