
Oerlinghausen. "Ab heute", sagt Manfred Holz, "spielt Oerlinghausen in der Champions League zusammen mit London, Manchester, Rom, Paris, Kopenhagen, Madrid, München, Gelsenkirchen und Dortmund." Sie alle seien Fair-Trade-Towns. Diesen Titel darf jetzt auch die Bergstadt tragen. Der Ehrenbotschafter von Fair-Trade-Deutschland gratulierte persönlich.
Oerlinghausen ist die 258. Fair-Trade-Stadt in Deutschland, die elfte in Ostwestfalen und die zweite nach Lage im Kreis Lippe. Gudrun Kopp, seinerzeit Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, war es, die vor zweieinhalb Jahren die Initiative ergriffen hatte. "Ich freue mich, was daraus geworden ist", sagte Kopp bei der Feierstunde unter freiem Himmel und anschließendem Frühstück mit fair gehandelten Produkten vor der Helpuper Mühle. Noch viel mehr Verbraucher "sollten ihre Marktmacht erkennen", das wünscht sich Kopp. "Jeder kann zum kleinen Entwicklungshelfer werden und dabei mitwirken, Kinderarbeit zu bekämpfen". Fair Trade sei Lebens- und Überlebenshilfe. "Das hat nichts mit Sozialromantik zu tun", begegnete Kopp einem oft gehörten Vorurteil.
Kaum ein Konsument würde sich wohl für ausbeuterische Kinderarbeit, mittelalterliche Arbeitsverhältnisse auf Plantagen, in Steinbrüchen und Fabriken aussprechen, vermutete Manfred Holz, der die Gäste mit "My Fair Ladys & Gentlemen" begrüßte. "Wahr ist aber auch, dass wir alle Schnäppchenjäger sind." In einer Zeit, in der der Planet immer ein Stückchen weiter zerstört werde, in der es Millionen von Flüchtlingen gebe, eine Milliarde Menschen auf der Welt gegen Übergewicht kämpften und eine andere Milliarde nicht genug zu essen habe, "ist die Zeit reif für ein grundlegendes Umdenken mit dem Streben nach Nachhaltigkeit", betonte Holzer. "Wir können nicht weiter so tun, als wüssten wir nichts." Jeder einzelne Bürger müsse anders leben, damit andere überleben.
Interessant sei, "dass viele Kaffeetrinker teure Maschinen besitzen, aber billigen Kaffee trinken". Das gelte auch in anderen Bereichen. "Das beste Öl fürs Autogetriebe das billigste für den Salat." In Oerlinghausen würden schon seit Jahren viele Kräfte freigesetzt, die den fairen Handel unterstützten. Die Anforderungen seien hoch, aber erfüllbar, warb Holz. "So einen Titel bekommt man nicht für lau." Er gelte für zwei Jahre, dann müssten die Kriterien erneut überprüft werden. Holz dankte insbesondere einer eigens eingerichteten Steuerungsgruppe für deren ehrenamtliches Engagement. Ihr gehören unter anderem Mitglieder der katholischen Kirche, der Kolpingfamilie und die Schulen an. Bereits lange vor der Bewerbung für das Siegel engagierte sich die Kolpingfamilie und hier insbesondere Wolfgang Brechmann mit fair gehandeltem Kaffee. Bürgermeisterin Ursula Herbort nahm die Urkunde im Namen der Verbraucher und Geschäftsleute entgegen und warb dafür, dass die Liste der bereits beteiligten Läden gerne noch länger werden dürfe.