Warburger Land

"Alles muss billig sein"

Wie die Bio-Bauern in der Region ihre Hühner halten und wie sie zu dem Skandal stehen

Auf dem Biohof Kögl bei Daseburg leben seit Dezember vergangenen Jahres knapp 3000 Hühner. Platzknappheit herrscht nicht – die Hühner können durch die Luken rechts jederzeit ins Freie. | © FOTO: HANNA IRABI

26.02.2013 | 26.02.2013, 00:00

Warburger Land. Sie scharren mit den Krallen im Boden, picken nach imaginären Körnern, gackern fröhlich um die Wette. Auf dem Biohof Kögl bei Daseburg ist die Welt noch in Ordnung, jedem Huhn steht der vorgeschriebene Platz zur Verfügung. Leider ist das nicht immer der Fall, wie der aktuelle Betrugs-Skandal zeigt. Der Vorwurf: Überbelegung. Sind falsche Kontrollen schuld?

Die Inspektion durch die staatlich zugelassenen Kontrollstellen finden mindestens einmal jährlich statt. Die Biohöfe müssen zusätzlich zu den vorgeschriebenen Tierschutzauflagen spezielle Richtlinien einhalten, um das Bio-Zertifikat zu bekommen. Jedem Huhn stehen sechs Quadratmeter im Stall und zusätzlich vier Quadratmeter Auslauffläche zu. Verfüttert werden darf nur ökologisches Tierfutter: auf Antibiotika, Wachstumsmittel oder genetisch verändertes Futter muss verzichtet werden.

Andreas Engemann vom Biolandhof Engemann hält derzeit 220 Hühner. Er findet Kontrollen immens wichtig, warnt aber vor Generalisierung. "Vieles ist in der Tierhaltung nicht okay und sicher gibt es auch bei Biohöfen Betrugsfälle, aber man darf das nicht über einen Kamm scheren", sagt der Landwirt, der neben Eiern auch Obst, Gemüse und Getreide in seinem Hofladen verkauft. "Wir halten unsere Hühner so, dass der Kunde sie jederzeit sehen kann", erzählt er. Engemann verwendet ein Mobilstall-System: alle zehn Tage wird der Stall versetzt, so dass die Tiere regelmäßig frisches Grün haben und keine Hygieneprobleme durch zu viel Kot auf dem Boden entstehen.

Gezählt wurden die Hühner bei den Kontrollen nie. Das sei aber auch nicht möglich, meint Andreas Engemann. "Man kann ihre Anzahl höchstens überschlagen, da sie ja ständig in Bewegung sind", erklärt er. So sei es auch möglich, dass mehr Tiere als erlaubt in den Bestallungen gehalten werden. So flog der Betrug auf einigen Höfen in Niedersachsen lange nicht auf, weil die Kontrolleure nur einen Teil des Bestands zu sehen bekamen – andere nicht nach Vorschrift gehaltene Tiere aber nicht.

Information

Bio-Hof

  • Im Stall dürfen nicht mehr als sechs Hennen pro Quadratmeter gehalten werden
  • Jedem Huhn stehen vier Quadratmeter Auslauffläche zu
  • Ökologisches Tierfutter
  • Verzicht auf Antibiotika und Wachstumsmittel
  • Keine Bestrahlung von Lebensmitteln
  • Verzicht auf Gentechnik
  • Keine künstlichen Pflanzenschutzmittel
  • Verzicht künstlichen Düngemittel

Auch Ralf Kögl, der gemeinsam mit seiner Frau Susanne den Biohof Kögl betreibt und dort seit Dezember vergangenen Jahres knapp 3.000 Hühner hält, hat schon Erfahrungen mit Kontrollen gemacht. "Wir wurden schon zweimal unangemeldet kontrolliert." Dies sei "sehr genau und gewissenhaft" passiert, so der Warburger. Überprüft wurden die Anlage, die Sauberkeit, der physische und psychische Zustand der Hühner, sowie Futter- und Wasserverbrauch. Hier sieht Kögl eine Möglichkeit, herauszufinden, dass ein Hof überbelegt ist. "Wenn ich angeblich 100 Hühner halte, aber Futter und Wasser für 200 verbrauche, sollten die Kontrolleure misstrauisch werden."

Als problematisch sehen beide Landwirte den Preiskampf an, der bei Bio-Lebensmitteln tobt. "Alles muss billig sein", fasst Kögl zusammen. "Wenn ein Bio-Ei 20 Cent kostet, kann irgendwas nicht stimmen, so günstig lässt sich das nicht herstellen", ergänzt Andreas Engemann. Die Biobauern verkaufen ihre Eier für 33 Cent (Kögl) beziehungsweise ab 35 Cent (Engemann).