Calenberg

Ein Geschichtenbuch

Calenberger Ortsheimatpfleger Walter Strümper stellt neues historisches Werk vor

Walter Strümper stellt sein neues Buch über Calenberg in der Burg Calenberg vor. Fünf Jahre lang hat der Calenberger Ortsheimatpfleger daran gearbeitet. | © FOTO JULIA GESEMANN||

21.10.2013 | 21.10.2013, 10:00
Im historischen Burgsaal liest Walter Strümper in einem Ohrensessel sitzend aus seinem Buch vor.
Im historischen Burgsaal liest Walter Strümper in einem Ohrensessel sitzend aus seinem Buch vor.

Calenberg. Fünf Jahre lang hat Walter Strümper recherchiert. Er ist viel gereist und hat Archive in Hannover, Münster, Marburg und Detmold durchforstet. Urkunden und Verträge hat er ausgewertet, spätgotische Schriften entziffert. Dabei hat dem Ortsheimatpfleger sein Spürsinn für regionale Geschichte geholfen. Das Ergebnis: sein neuestes Buch "Calenberg", 489 DIN-A4-Seiten stark. Es sei nicht nur ein historisches Buch, sondern auch ein Geschichtenbuch, sagt er. Auf einer Lesung in den Räumen der Burg Calenberg hat er es nun vorgestellt.

Im Nachhinein, fünf Jahre später, sagt der 86-Jährige: "Wer ist denn so verrückt, im Alter von 81 Jahren noch ein Buch zu schreiben." Doch Walter Strümper hat es getan. Und er hat viel Arbeit in sein neuestes Werk gesteckt. "Ich habe viel Grundlagenforschung betrieben", erklärt er. Die sei auch notwendig gewesen. "Es gibt kaum Unterlagen über die Berkule."

Walter Strümper sitzt in der Nische des historischen Musik- und Esssaals der Burg Calenberg. Ein gemütlicher Ohrensessel, ein Buchpult, eine Leselampe - perfektes Ambiente für die Lesung. Hinter dem Autoren scheint die Sonne durch die Buntglasfenster. Und der Autor ist in seinem Element. Seinen Gästen präsentiert der Regionalhistoriker während der Lesung einen Auszug aus seinem umfangreichen Wissen über Calenberg, die Burg und die Edlen Berkule sowie von Calenberg. Akribisch hat er in fünf Jahren die Edelgeschlechter untersucht. "Die Herren von Berkule auf der Holsterburg hatten im 12. und 13. Jahrhundert ihre große Zeit", sagt Strümper. In der westfälischen historischen Literatur würden sie zum westfälischen Adel gerechnet. "Das ist aber wahrscheinlich falsch." Sie seien zwar Ende des 12. Jahrhunderts Schöffen beim Femegericht am Donnersberg gewesen, es sei aber unklar, wohin das Gericht gehörte - ob nach Mainz oder nach Paderborn.

"Nach vielen Urkunden aus jener Zeit besaßen die Berkule reiche Besitztümer zwischen Hilwardtshausen und Wolfenbüttel." Auch kann Strümper nun nachweisen, dass die Berkule Verbindungen zu den Großen des Reiches hatten. So sei Hermann von Bercule mit Jutta von Wolfenbüttel verheiratet gewesen. Sie war Tochter des Reichstruchsess Gunzelin von Wolfenbüttel. "Er übernahm auch diplomatische Aufgaben im Auftrag des Kaisers."

Die Recherche in den Archiven sei angesichts der Verwicklungen der Edelgeschlechter zeitweise eine "pingelige Arbeit gewesen, das kann ich nicht anders sagen" so Strümper.

Ein weiteres Kapitel widmet er der Geschichte des Ortes Calenberg. "Eine Geschichte, die es immer wieder in sich hat", so der Autor. Calenberg habe zu den ärmsten Orten im Hochstift gehört. Der 30-jährige Krieg sei die erste große Zäsur gewesen. "Am Ende lebten noch sieben Familien im Dorf, die Burg war abgebrannt, fast alle Häuser zerstört", liest Strümper vor. "Weil die Armut so groß war, gruben sich die Bewohner in Windhütten in die Erde ein."

1667 gibt es die ersten geburts-, Sterbe- und Heiratsregister. "Seit dieser Zeit kann die Existenz alter Familien nachgewiesen werden", sagt Strümper. Sein Vorgänger im Amt des Ortsheimatpflegers, Adalbert Waldeyer, habe mit seinen zwei Sippenbüchern gute Vorarbeit geleistet.

Ein Kapitel widmet Strümper der Geschichte der Schule. Besonders hebt er den Widerstand der Calenberger Eltern im Dritten Reich hervor. "Die nationalsozialistische Schulverwaltung wurde arg in Verlegenheit gebracht." Weil Lehrer Kaufmann die Kinder schlägt und versucht, sie im Geist des Dritten Reiches zu beeinflussen, schicken die Eltern ihre Kinder nicht mehr zur Schule.

Burgherr Heinz Rehkopf spricht von einer "großen kulturhistorischen Bedeutung", die das Buch habe. "Es wurde in einer Akribie und einer Intensität verfasst, die es so noch nicht gegeben hat." Und Walter Strümper sagt selbst über sein Buch: "Wer erfahren will, wie die Menschen in der Region lebten, wie sie Geschichte schrieben, erduldeten und gestalteten, sollte das Buch zur Hand nehmen. Eine bunte Geschichte, wie sie nur das Leben schreiben kann."