
Warburg. Frederik hüpft durch den Einkaufswagen, gibt einen krähenden Laut von sich und guckt sich neugierig um. Die Krähe hat sich sehr gut entwickelt, seit sie vor ein paar Wochen an einem Straßenrand gefunden wurde. Diana Bach, Mitarbeiterin vom "Fressnapf"-Fachmarkt, hat sich des Vogels angenommen.
"Ein Bekannter meiner Mutter hat ihn völlig hilflos an einer Straße gefunden", sagt die 25-Jährige. "Wir gehen davon aus, dass er aus dem Nest gefallen ist." Der Bekannte konnte sich nicht um den Vogel kümmern, da er einen Bauernhof und einen Jagdhund und Katzen hat, die Frederik hätten gefährlich werden können.
Darum machte er sich auf die Suche nach jemandem, der sich um die Krähe kümmern kann. "Das war eine absolute Spontanaktion, dass ich ihn aufgenommen habe", sagt Bach und hält Frederik ihr Handgelenk hin, das von einer Art Strumpf geschützt wird. Der Vogel hüpft zutraulich auf ihren Arm, läuft zur Schulter hinauf und knabbert ihr am Hals herum. "Aua, nicht ins Ohr", sagt die Ossendorferin lachend.
Als sie den Vogel vor knapp fünf Wochen zu sich nahm, las sie sich erstmal viel Wissen über die Tiere an, war mit Frederik beim Tierarzt und erkundigte sich bei Karl-Heinz Beine. Der Friseur ist Vogel-Experte und hatte schon einige Dohlen und Krähen bei sich. "Ich habe eine ganze Zeit mit Frau Bach geredet und habe ihr viele Tipps gegeben", sagt er. "Vögel, die von Menschenhand aufgezogen werden, werden sehr zutraulich." Wenn sie in die Freiheit entlassen würden, wären sie meist alleine und kämen immer wieder zum Menschen zurück.
"Oft glauben Menschen, dass Küken von ihren Eltern verlassen worden sind, obwohl sie eigentlich noch gefüttert werden", sagt er. Das könne man aber am Zustand des Vogels erkennen. "Frederik wäre wohl umgekommen, wenn Frau Bach sich nicht gekümmert hätte." Sie habe ihn am Leben gehalten und damit eine gute Tat getan, so Beine.
"Frederik sah anfangs aus wie ein junger Geier", sagt Bach. "Er hatte kaum Federn und hat wenig getrunken." Sein Aussehen damals brachte ihm seinen Namen ein: "Es gibt ja den Bauchredner Sascha Grammel", erklärt Bach. "Eine seiner Handpuppen, Frederic Freiherr von Furchensumpf, hat große Ähnlichkeit mit der Krähe, die zu mir kam."
Inzwischen hat Bach den Vogel aufgepeppelt. Er ist aktiv und neugierig und hält auch schon gut das Gleichgewicht. Fliegen kann er allerdings noch nicht. "Bisher springt er nur vom Einkaufswagen auf den Boden", sagt Bach. Sie hilft ihm dabei, die Flügel einzusetzen. Dafür bewegt sie vorsichtig ihren Arm, wenn Frederik drauf sitzt. So lernt der Vogel, dass er seine Flügel benutzen muss.
Momentan gibt sie ihm Aufzuchtfutter und Beoperlen. "Natürlich kann ich ihm auch Würmer füttern", sagt Bach. Frederik wohnt in ihrer Wohnung, aber nicht in einem Käfig. "Ich möchte ihn nicht einsperren", so Bach. Die Katzen und ihre Golden-Retriever-Hündin Lucy kommen gut klar mit dem Vogel, "obwohl Frederik schon manchmal gemein ist und den Katzen ab und zu in den Schwanz pickt", sagt Bach lachend. Hund Lucy lässt es sogar zu, dass Frederik auf ihrem Rücken sitzt.
Tagsüber ist Frederik dann mit dabei in der Fressnapf-Filiale in Warburg am Paderborner Tor oder in Bad Arolsen. "Wir haben hier im Verkaufsraum einen Einkaufswagen mit Spielzeug aufgebaut, wo er sich aufhält", sagt Bach. Ein Schild weist darauf hin, dass Kunden den Vogel nicht füttern und nicht anfassen sollen. "Frederik findet es toll, im Mittelpunkt zu stehen und beachtet zu werden", sagt Bach. "Auch die Kunden reagieren sehr positiv."
Michaela Steffen, mit ihrem Mann gemeinsam Franchisepartnerin von Fressnapf, freut sich über den Besuch. "Klar macht Frederik manchmal ein bisschen Dreck", sagt sie schmunzelnd. Aber das mache nichts. "Es ist toll zu sehen, was für eine riesige Entwicklung er gemacht hat in der vergangenen Wochen."
Auch zu den Mitarbeitern sei die Krähe sehr zutraulich, sagt Bach. "Wenn ich mal keine Zeit hab, passen die anderen auf ihn auf." Nur etwas diebisch sei Frederik. "Er klaut alles, neulich hat er mir zehn Euro aus dem Portmonee stibitzt", erzählt Bach und lacht.