Warburg. Seinen Arbeitsplatz räumt Bernd Huesmann nicht ohne Wehmut, denn mit seiner Wirkungsstätte fühlt er sich seit vielen Jahren verbunden. Außerdem gibt es nur ein Büro im Haus, das eine noch schönere Aussicht bietet.
Seit 26 Jahren ist Bernd Huesmann Schulleiter des Gymnasiums Marianum, jetzt geht der 65-Jährige in Pension und wird heute um 11 Uhr in der Aula des Gymnasiums verabschiedet. Die Schulleitung übernimmt kommissarisch seine bisherige Stellvertreterin Christiane Kost, die Huesmann ein wenig um die Sicht aus dem Bürofenster über die Warburger Altstadt beneidet. Von seinem eigenen Arbeitsplatz im Westflügel des ehemaligen Dominikanerklosters blickt er in den rechteckigen Binnenhof, den der Ehemaligenverein renoviert und mit Sitzbänken ausgestattet hat.
Das Marianum galt zu Huesmanns Amtsbeginn 1985 als altsprachliches Gymnasium, immerhin gehörten dem kleinen Kollegium noch sieben Altphilologen an, darunter vier Griechisch-Lehrer. Huesmann, der selbst Latein und Geschichte unterrichtet, hielt eine Umorientierung zugunsten anderer Fächergruppen für unumgänglich. Heute fangen die Schüler mit Englisch an und können ab der sechsten Klasse Latein oder Französisch wählen. Seit einigen Jahren ermöglicht eine Altgriechisch AG unter Leitung von Lehrer Frederik Czech wenigen hochqualifizierten Schülern wieder das Graecum.
Neben der Stärkung "moderner" Fächer sei Anfang der 90er Jahre die aufwändige Erweiterung und der Umbau des Gebäudes für den Erhalt der Zwei- bis Dreizügigkeit des Gymnasiums notwendig gewesen, meint Huesmann. Für das Projekt hatte sich vor allem Stadtdirektor Walter Seulen eingesetzt.
Der Pavillon, der vier Schulklassen beherbergte, sollte nicht zur Dauerlösung werden. Vor allem die Naturwissenschaften profitieren heute von den zusätzlichen Räumen, die sich architektonisch ins Gesamtbild einfügen. Die historische Note der Schule leidet dadurch nicht. "Manche Schüler schätzen die Harry-Potter-Atmosphäre", sagt Huesmann.
Besonders am Herzen liegen ihm die Freundschaften und Schüleraustausche mit Lehranstalten in anderen Ländern. Nicht nur, weil er selbst gerne reist; er will seine Schüler weltoffen erziehen. Einen regelmäßigen Austausch gibt es mit Schulen in Le Crès (Frankreich) und Lódz (Polen). Momentan sind erstmals 15 Schüler in einer deutschsprachigen Schule in der brasilianischen Metropole São Paulo zu Gast. Die Zehntklässler können zudem fünf Tage in Burgund verbringen.
Als Pensionär will Huesmann mit seiner Ehefrau zunächst zum Wandern nach Kärnten, anschließend geht es zum dritten Mal in die USA - einmal quer von West nach Ost.