130-Tonnen-Lok rollt durch Warburgs Straßen

Warburg. Es sind nur wenige Zentimeter, die das Dach der Lok vom Beton der Brücke trennen. &bdquo;Da wird die Luft knapp“, sagt Holger Dechant. Das Bauwerk, das in Warburg die Bahnhofsstraße über die Bundesstraße 7 führt, zählt zu den Nadelöhren, durch die sich sein Schwertransport auf dem Weg von Kassel nach Hamburg schlängeln muss. Stattliche 60 Meter misst das mächtige Gespann. So lang wie ein Fußballfeld quer. Eine 640 PS starke Zugmaschine vorweg, eine dahinter, die nach Bedarf schiebt oder bremst. Die Fracht: eine 83 Tonnen schwere Lokomotive aus dem Alstom-Werk in Kassel. Insgesamt hat die Verkehrsgesellschaft New Jersey Transit Corporation (NJ Transit) 25 Loks beim Hersteller in Nordhessen geordert. Drei der 22 Meter langen Züge haben ihr Ziel im Großraum New York bereits erreicht. Zwei im Dezember und eine im Januar. Eine vierte ist aktuell unterwegs, sie passierte in der Nacht zu Donnerstag in dieser Woche die Warburger Engstelle. 750 Mitarbeiter, 350 Lkw, knapp 200 Millionen Euro Umsatz Um 22 Uhr verlässt der Transport das ehemalige Bombardier-Werk in Kassel und biegt auf die dafür gesperrte Holländische Straße ein. Dann geht es über Land. Über Calden und Warburg bis zur Auffahrt zur A 44 bei Germete und weiter über die Autobahn in Richtung Dortmund. Allerdings nur ein kurzes Stück, bis zur Marsberger Ausfahrt. Über die B 252 erreicht der Transport bei Scherfede die B 68. Aufgrund von Brückensanierungen an der Autobahn muss der Konvoi durch Lichtenau umgeleitet werden. Der Kreisel am Ortseingang aus Richtung Kleinenberg wurde deswegen umgebaut. Auf Kosten der Transport-Firma. Bei Paderborn fährt der Mega-Transport auf die A 33 und verfolgt seinen Weg in den hohen Norden bis zum Hamburger Hafen. Von dort werden die Loks über den Atlantik verschifft. Gute drei Stunden benötigt der Transporter allein für die Strecke zwischen Kassel und der Warburger Autobahnauffahrt. In der Spitze bis zu 60 Stundenkilometer schnell. &bdquo;Sicherheit geht vor“, sagt der Geschäftsführer der Universal-Transport-Gruppe aus Paderborn, die den Logistik-Auftrag erhalten hatte. Natürlich freue es ihn, sagt Dechant nicht ohne Stolz, &bdquo;dass die ostwestfälische Logistik solche Spezialtransporte übernehmen kann“. Sein Unternehmen steht ganz oben an der Spitze der Schwertlastverkehre in Deutschland. &bdquo;Eine Nische“, bekennt Dechant. &bdquo;Insgesamt 750 Mitarbeiter, 350 Lkw, Umsatz knapp 200 Millionen Euro“, zählt er auf. Brückenproblem Wenn deutsche Unternehmen im Land etwas produzierten, dürfe es doch am Transportweg nicht scheitern, sagt Dechant. Doch habe der Wirtschaftsstandort Deutschland ein Brückenproblem. Daher die erste Etappe über die Dörfer. Auch, wenn das keinen Spaß bereite. Lieber würde er über die A7 direkt nach Hamburg fahren. Für so einen Transport seien viele der Brücken in Deutschland aber nicht ausgelegt.Die Infrastruktur lasse es einfach nicht zu, erinnert Dechant an die Rahmedetalbrücke der Autobahn 45 bei Lüdenscheid im Sauerland. Die wurde von heute auf morgen gesperrt. So etwas bereitet dem Spediteur mächtig Sorgen. Denn seien die Verkehrsadern verstopft, laufe es wie im menschlichen Körper auf einen Infarkt hinaus, blickt er auf Staus und lange Standzeiten. Auf 136 Rädern durch die Nacht Das Frachtgut Lok: für den Geschäftsführer &bdquo;ein normaler Auftrag“. Universal-Transport verantworte die Fahrt komplett von A bis Z, von der Übernahme im Werk über die Zollabfertigung bis zur Abnahme in den USA. &bdquo;Nur das Schiff gehört nicht zu uns“, bedauert Dechant. In Hamburg werde die Alstom-Lok auf dem Ponton eines Schiffskrans festgezurrt und sieben Kilometer elbaufwärts zum Verladeterminal gebracht. &bdquo;Ein Handicap. Auch in der Großstadt halten die Brücken dem Gewicht nicht stand.“ Insgesamt wiege der XXL-Transport rund 230 Tonnen. &bdquo;Ein normaler Lkw mit Ladung maximal 40 Tonnen“, nennt Dechant den Vergleich. Vier Nächte benötigen die Zugmaschinen für die rund 360 Kilometer lange Strecke. &bdquo;Wir dürfen nur von 22 bis 6 Uhr fahren“, erklärt Dechant. Oben auf den Brücken mache das Gewicht Probleme, unter den Brücken die Höhe. Mit der Ladung beträgt sie viereinhalb Meter. Die sogenannte Kesselbrücke zwischen den gut vier Meter hohen Kanzeln der Zugmaschinen, auf der die Lokomotive ohne ihr Rädergestell aufliegt, kann hydraulisch abgesenkt werden. &bdquo;Bis auf zwei Zentimeter.“Das Ablassen ist bei der Warburger Brückenunterführung auch bitternötig. Dabei habe der Fahrer die Bodenwellen im Blick. Runterfahren, hochfahren, da komme es zum Stau. Ein Überholen unmöglich. Und hinter dem Tross festzuhängen, ertragen keineswegs alle Autofahrer. Damit der Verkehrsfluss nicht völlig lahmgelegt wird, werde, wo immer möglich, rechts rangefahren. &bdquo;Da schwindet die Konzentration“ Mit mehr als zehn Mitarbeitern ist die Paderborner Schwerlastspedition in der Nacht unterwegs. &bdquo;Auf unsere erfahrenen Fahrer bin ich stolz“, zollt ihnen Dechant Respekt, lobt im gleichen Atemzug aber auch die Teamarbeit, die die 136 Reifen sicher über die Straßen bringe. Verkehrssicherheitsmonteure aus den fünf Begleitfahrzeugen drehen an den Kreuzungen Ampelanlagen um, schrauben an den Straßenrändern und Verkehrskreiseln routiniert Schilder ab und bauen sie wieder auf. Doch gehöre die Routine auch zu den größten Feinden, bemerkt Dechant. &bdquo;Da schwindet die Konzentration“, fürchtet er. Jeder der 25 Transporte wird detailliert geplant und mit den Polizeibehörden abgesprochen. &bdquo;Wir hoffen, dass sich uns keine neuen Hindernisse wie Baustellen in den Weg stellen“, sagt Dechant. Im Moment sei der Weg frei. Wenn die Loks ihre Reise von Kassel an die Ostküste der USA antreten, sei der Umweg über die wenigen Kilometer auf der A 44 bei Warburg der Durchfahrt unter der Bahnunterführung in Rimbeck geschuldet. Deren Höhe reiche schlichtweg nicht aus.

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