Ariane Friedrichs hilft schwachem Igel zurück in die Natur

Warburg. Eigentlich soll man sie in Ruhe lassen und auf gar keinen Fall zuhause aufpäppeln: Igel, die geschwächt oder verletzt sind. Ariane Friedrichs warnt davor, ein solches Tier ohne entsprechendes Fachwissen bei sich aufzunehmen. Doch für sie sind Igel, seit sie zehn Jahr alt ist, fast schon zur Lebensaufgabe geworden. Sie hält in Schulen Vorträge und lässt die Schwächsten der stacheligen Vierbeiner regelmäßig bei sich überwintern. Nun hat sie wieder eine verletzte Igeldame bei sich aufgenommen. Zwei große Bisswunden sind am Körper des etwa zwei- bis dreijährigen Igels zu erkennen - sie wurden mit einem blauen Spray desinfiziert. "Das war wohl ein Fuchs oder ein Hund", sagt Friedrichs. "Füchse sind neben Uhus die natürlichen Fressfeinde des Igels." Aufgenommen hat sie das Tier vom Tierheim "Wau-Mau-Insel" in Kassel. Dort dürfen keine Wildtiere, die Passanten etwa bei Waldspaziergängen oder auf Straßen finden, angenommen werden. Über den kurzen Draht landen die Igel dann bei Ariane Friedrichs in der Warburger Altstadt. Die eigentliche Hochsaison beginnt für sie im September, wenn regelmäßig geschwächte Igelbabys bei ihr eintrudeln. Um bis zu 20 Igel kümmert sie sich dann gleichzeitig in ihrer umfunktionierten Gartenlaube. "Die wird jeden Herbst unter großem Aufwand umgebaut", sagt Friedrichs. Später, wenn die kleinen Igel nach wochen- bis monatelanger Fütterung endlich genug Gewicht zugelegt haben, werden sie dort ihren Winterschlaf halten. Bei Nelly müssen zunächst die tiefen Wunden heilen Anders ist es beim jetzigen Fall. Denn bei Nelly, wie Friedrichs ihren jüngsten Zuwachs getauft hat, müssen zunächst die tiefen Wunden heilen. Etwas mehr wiegen dürfte sie aber auch, sagt die Tierfreundin, die sich parallel um einen Hund und ein Pferd kümmert und als Einzelhandelskauffrau bei einer Modekette arbeitet. "Das ist an vielen Tagen ein Haufen Arbeit", sagt Friedrichs. Aber sie macht es gerne. Mit dem Hund versteht sich Nelly übrigens - der Vierbeiner hat sich an regelmäßigen Igelbesuch gewöhnt. Anfreunden dürfen sie sich aber nicht. Denn ist Nelly erst einmal zurück in der freien Natur, soll sie nicht dem nächstbesten Beutetier in die Arme laufen. Wichtig ist Friedrichs, dass die Igel ihr Haus frei von Parasiten verlassen. Das können Zecken und Flöhe sein, aber auch Würmer. Andere Schädlinge werden mit dem Futter aufgenommen. "Glyphosat macht Regenwürmer krank, die wiederum von Igeln gefressen werden", klärt die Warburgerin auf. Die Tiere müssen deshalb entwurmt werden. Allerdings vertragen Igel nur wenige herkömmliche Entwurmungsmittel. "Es wäre keine gute Idee, die Mittel zu nehmen, die für Haustiere wie Hunde gedacht sind." Seit vergangenem Freitag ist Nelly nun bei Ariane Friedrichs untergekommen. Zwei Wochen lang wird sie wohl noch bleiben und mit einer Mischung aus püriertem Hähnchenfleisch und Fencheltee aufgepäppelt - dann geht es zurück in die Freiheit. "Sie muss noch lernen, wieder selbstständig zu fressen", sagt Friedrichs, die im Spätherbst regelmäßig mit einem jungen Igel in Grundschulklassen geht und den Kindern erzählt, warum sie die stacheligen Tiere versorgt - und warum es Igel durch menschliche Einflüsse immer schwerer haben, zu überleben. Denn die Expertin weiß: "Die Population geht immer weiter zurück." Auch, weil immer wieder Tiere auf den Straßen überfahren werden. Ein Anblick, der Friedrichs immer wieder wehtut. Einen lebendigen Igel hat sie direkt vom Asphalt aufgepickt, erzählt sie. "Der hatte ein Schleudertrauma, weil er vom Fahrtwind der Autos immer wieder umgestoßen worden war." Mehrere hundert Igel hat Friedrichs in ihrem Leben schon betreut, "manche sagen, ich sollte ein Buch darüber schreiben." Denn ob es die schweren Verletzungen, außergewöhnlichen Futtergewohnheiten oder andere kuriose Eigenschaften sind: "Jährlich ist ein Igel dabei, der mich vor Fragen stellt."

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