Warburg

Glockengießerhaus birgt Geheimnisse

Denkmalgeschütztes Fachwerkhaus in der Altstadt wird erneut wissenschaftlich untersucht

14.03.2014 | 14.03.2014, 00:11
Björn Ernst mit einem Glockenklöppel, den er im Keller des Glockengießerhauses gefunden hat. - © FOTO: B. BATTRAN
Björn Ernst mit einem Glockenklöppel, den er im Keller des Glockengießerhauses gefunden hat. | © FOTO: B. BATTRAN

Warburg. Der Name Glockengießerhaus rührt von einer kleinen Giebelverzierung her. "Hier ist nie auch nur eine Glocke gegossen worden", weiß Eigentümer Björn Ernst (34). Umso überraschender, was der Hauseigentümer jetzt bei Bodenarbeiten im Keller gefunden hat: Einen mindestens 300 Jahre alten Glockenklöppel.

"Ich wusste erst gar nicht, was das sein konnte und habe es meinem Nachbarn Malermeister Ludwig Busch gezeigt", erzählt Björn Ernst. Malermeister Busch konnte das rostige Stück Eisen sofort identifizieren, weil er gerade erst selbst dabei gewesen sei, als in einer Glocke der Pfarrkirche St. Marien der Klöppel ausgetauscht wurde.

Das denkmalgeschützte Glockengießerhaus in der Warburger Altstadt, Ecke Schwerte, stammt aus dem letzten Drittel des 16. Jahrhunderts. Eine Giebelinschrift weist das Jahr 1578 aus. Baulich ist das dreigeschossige Fachwerkhaus der Renaissance zuzurechnen. Besonderheiten sind der vorkragende Speicherstock und der vierfach vorkragende Giebel.

Es war viele Jahre dem Verfall preisgegeben. Seit fünf Jahren bemüht sich der Dösseler Neu-Eigentümer, dem stadtbildprägenden Gebäude wieder seinen alten Glanz zurückzugeben. Insgesamt hat das Haus mitsamt seiner großen Unterkellerung 800 Quadratmeter Nutzfläche.

Gerade der historische Gewölbekeller steckt voller historischer Überraschungen. 2011 war dort ein Mikwe genanntes jüdisches Tauchbad gefunden worden. Das hat die Vermutung nahegelegt, dass das Glockengießerhaus einmal das Zentrum einer jüdischen Gemeinde in Warburg gewesen ist.

Gleich um die Ecke in einem anderen Kellerraum ist Grabungstechniker Thomas Pogarell (53) dabei, einen neuen Fund freizulegen. "Wir wissen noch nicht genau, was es ist. Anfangs deutete einiges auf einen Brunnen hin, möglich ist aber auch, dass es sich um einen besonders separierten Vorratsspeicher handelt", sagt der Denkmalexperte des Landschaftsverbands, der auch schon die Mikwe dokumentiert hat. Hier fand Eigentümer Björn Ernst auch den historischen Glockenklöppel.

"Über die Jahrhunderte ist der Keller zu großen Teilen verfüllt worden, ich war auf der Suche nach dem historischen Fundament und bin dann unter vielen Kubikmetern Beton und Erde auf eine Steinumfassung gestoßen", berichtet Björn Ernst, der seine Entdeckung dem Denkmalamt gemeldet hat, das daraufhin die weitere Untersuchung angeordnet hat. "Ich bin sicher wir stoßen hier noch auf mehr Überraschungen", sagt Grabungstechniker Pogarell.

Aus archäologischer Sicht ist das Glockengießerhaus eine Tür in frühere Zeiten. "Es gab ja bereits eine Vorgänger-Bebauung und hier haben wir die Möglichkeit, Hinweise auf weiter zurückliegende Siedlungsstrukturen in der Warburger Altstadt zu finden", erklärt Pogarell.

Björn Ernst und seine Ehefrau Wiebke Jassmeier, die das Haus 2009 erworben haben, planen, dort einmal Ferienwohnungen einzurichten. Das Haus soll dazu in seinen historischen Ursprungszustand zurückversetzt werden. Das gleiche gilt auch für den Garten.

"Mit 850 Quadratmetern ist es der zweitgrößte Altstadtgarten in Warburg und wir sind dabei, anhand von Mauerresten die historische Terrassenstruktur zu rekonstruieren", sagt Björn Ernst. Die Arbeit ist sehr aufwendig, da alles von Hand gemacht werden muss. Der steile Hang ist für Maschinen nicht zu befahren. Die Restaurierung macht Björn Ernst in Eigenleistung. Bei einer betrieblichen Ausschreibung würde das Vorhaben rund eine halbe bis dreiviertel Million Euro kosten.

Seit Jahren kämpft Björn Ernst gegen Feuchtigkeit im Sockelbereich des Hauses. Wie sich jetzt herausgestellt hat, sei von städtischer Seite vergessen worden, ein Regenwasserrohr an den Kanal anzuschließen. Stattdessen floss das Wasser Jahrelang ungehindert durch den Kalksandstein-Sockel des Glockengießerhauses. Björn Ernst: "Der Schaden ist beträchtlich und hat auch wertvolle Bausubstanz zerstört."