Warburg

Erbe lebt vom persönlichen Engagement

Das Schützenwesen hätte es verdient, als Weltkulturerbe anerkannt zu werden, sagt Werner Lütkefend

Werner Lütkefend holt die Uniformjacke mit den vielen Orden aus dem Schrank. Er ist Präses der Schützen im Warburger Bezirk. "Eine Arbeit, die Spaß macht", sagt er. "Mir ist es wichtig, das die christliche Ausrichtung in den Vereinen erhalten bleibt", bleibt er ganz Seelsorger. | © FOTO: DIETER SCHOLZ

01.02.2014 | 01.02.2014, 00:09

Warburg (nw). Werner Lütkefend, Pastoralverbundsleiter in Borgentreich, ist im Warburger Land Bezirkspräses im Bund der historischen Schützenbruderschaften. Das Schützenwesen sei mehr als Feten feiern, Flaggen hissen und im Gleichschritt marschieren, sagt der 58-Jährige. Dass der Antrag, es zum Weltkulturerbe zu erheben, im Düsseldorfer Landtag abgeschmettert wurde, bedauert Lütkefend.

Der Slogan prangt an der Wand so mancher Festhalle und vermittelt ein konservatives Image: "Glaube, Sitte, Heimat". Es sind die Schlagworte, die das Programm der Schützenbruderschaften zusammenfassen sollen. "Die Schützenbruderschaften haben sich verpflichtet, nach christlichen Werten zu leben", sagt der Borgentreicher Geistliche. Die Ausrichtung der Bruderschaften auf diese Leitbegriffe unterscheide sie von den Heimatschutzvereinen. Allerdings hätten auch die Schützenvereine enge Beziehungen zur Kirche, bemerkt Lütkefend.

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Sitte habe etwas mit guten Sitten, mit Stil zu tun, mit der Art, wie christliche Kultur gelebt werde. Nachbarschaftshilfe, für einander einstehen und gemeinsam feiern, das beinhalte der Begriff Heimat. "Das Schützenfest ist für mich dabei das Fest der Feste", sagt Lütkefend. Vor allem auf den Dörfern eine Gemeinschaftsfeier für alle Generationen. "Dann kommen viele wieder in ihre Heimat, an ihren Ursprung zurück." Heimat bedeute weltweit Identität und Identifikation. "Auch dies sind Werte der Gemeinschaft, die es zu schützen gilt", bemerkt der Pfarrer. Heimat sei eben mehr als Traditions- und Brauchtumspflege. Denn heimatlos lebten heute allzu viele. Auch auf diese gesellschaftliche Realität sollten die Schützen ein Auge haben, appelliert der Seelsorger.

Schützenvereine stehen und fallen mit den Personen, die sich verantwortlich fühlen und Engagement zeigen. "Der in vielen Ortschaften hohe Stellenwert ist mit einer großen Verantwortung für das Dorf verbunden", sagt Lütkefend. Das Schützenwesen verbinde und schaffe Netzwerke. "Der Heimatschutz ist auf die Orte reduziert, im Bund der historischen Schützenbruderschaften kennen wir den Bezirk, die Diözese und die Begegnungen auf Bundesebene. Wir feiern sogar ein europäisches Schützenfest", sagt Lütkefend.

In Nordrhein-Westfalen sind 570.000 Schützen in fast 3.000 Bruderschaften, Vereinen und Gilden organisiert. Im Warburger Land sind es allein 3.000 Menschen in den zwölf Bruderschaften im Bund der Historischen deutschen Schützen.

Die Landes-CDU hätte das Schützenwesen gern als Weltkulturerbe gesehen. Doch dafür fand sie am Donnerstag im Landtag keine Mehrheit. "Es wäre eine Bestätigung und Würdigung des Engagements der Schützen gewesen", meint Präses Lütkefend. Schließlich blicke die Kultur des Schützenwesens in vielen Belangen auf ein reiches und langes Erbe zurück. Die Borgentreicher Bruderschaft gebe es beispielsweise seit dem Jahr 1502.

Bruderschaften und Heimatschutzvereine wurden vor vielen Jahrhunderten gegründet. "Zum Schutz der Bürger", ergänzt der Theologe. Schützen übernahmen Gemeinschaftsaufgaben im Ort bis hin zur Brandbekämpfung. "Sie sind mehr als nur ein Party-Service", findet er markige Worte.

Die Krise der Dörfer: Es gibt nicht mehr den Bäcker um die Ecke, Post, Banken und Schulen sind aus den Orten verschwunden, Gaststätten geben auf. "Die Bevölkerung wird älter, die Jugend verlässt das Dorf, es werden weniger Kinder geboren", spricht Lütkefend den demografischen Wandel an. Die Schützen hätten einstmals die Verantwortung übernommen, das Leben auf dem Dorf lebenswert zu erhalten. "Dem fühlen sie sich auch heute noch verpflichtet", sagt Lütkefend. Und "Schützenbrüder sollten versuchen, Vorbild im täglichen Leben zu sein."

Die Schützen im Warburger Land bieten Bildungsveranstaltungen zu religiösen und gesellschaftspolitischen Themen an. Sie pflegen Geselligkeit und sportliche Aktivitäten wie den Schießsport oder das Fahnenschwenken. In vielen Orten kümmern sie sich um die Jugendarbeit. Und sie bewirtschaften die großen Hallen in den Gemeinden. Bei vielen ehrenamtlich Tätigen in den Vereinen sei der Einsatz enorm, es werde eine Menge an Freizeit geopfert, sagt Lütkefend.

Dass die Schützenvereine eine Zukunft haben, davon ist er überzeugt. Auch wenn in einigen Ortschaften kaum noch jemand die Regentenwürde übernehmen möchte. "Junge Könige wie aktuell in Manrode ziehen junge Leute in die Vereine", sagt der Pfarrer. Schützen-Sein aus Tradition, "auch ohne das große Etikett Weltkulturerbe".