Steinheim/Billerbeck. Das Naturschutzgebiet Norderteich, dass auch viele Steinheimer für einen erholsamen Spaziergang vor der Haustür nutzen, kommt dieses Jahr ins Rentenalter. Eine Verjüngungskur wäre dringend vonnöten. Ausbaggern oder Entwicklung zum Niedermoor? - das ist hier die Frage.
Der zwischen Bellerwald und Billerbeck gelegene Norderteich ist mit seiner Wasserfläche und der ihn einrahmenden Röhricht- und Bruchwaldzone einzigartig in der Region. Es handelt sich um die erste Fläche, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Lippe unter Schutz gestellt wurde - am 13. Juni 1949. Nach Angaben des zuständigen Försters Günter Harmel ist der Norderteich in früheren Zeiten etwa alle 30 Jahre entschlammt und ausgebaggert worden. "Das ist zuletzt 1969 mit speziellen Moorraupen geschehen. Seitdem ist aber nichts mehr passiert."
Bis zum Zeitpunkt, als der Schieder-See entstand, hatte es sich beim Norderteich mit ihren gut 15 Hektar um die größte stehende Wasserfläche in Lippe gehandelt. Und genau das ist das Problem, betont Harmel. Durch die geringe Tiefe des Sees ist im Laufe der Jahrzehnte eine langsame Verlandung des Stillgewässers eingetreten, die die Entstehung eines Niedermoors begünstigt.
Mit der Zeit hat sich eine Sedimentschicht gebildet, auf der die heute den See umgebenden Bruch- und Moorwälder sowie Feucht- und Sumpfwiesen entstanden sind. Harmel erinnert daran, dass die Wasserfläche einst 20 Hektar betrug. Sie ist inzwischen auf rund 12,5 Hektar zurückgegangen. "Dort, wo der Hauptbach in den Norderteich mündet, kann man inzwischen mit Gummistiefeln schon mehr als 50 Meter in den Senn hineingehen, ohne nass zu werden. Das war vor einigen Jahren noch r nicht möglich."
Ute Röder, Umweltdezernentin beim Kreis Lippe, ist die Problematik sehr wohl bewusst. "Eine unmittelbare Gefahr ist hier nicht im Verzug, denn die Verlandung ist schon eine Sache von einigen Jahrzehnten. Aber dennoch muss eines Tages natürlich eine Entscheidung getroffen werden."
Es könne nicht gesagt werden, was besser sei - Ausbaggern oder Verlandung. Beides habe seinen Wert. Eine Wasserfläche spiele natürlich bei Touristen eine große Rolle. Allerdings habe ein Moor ebenfalls hohen Naturschutzwert. Um zu einer Entscheidung zu kommen, werde sich der Kreis Lippe den Landesverband Lippe und die Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten (LÖBF) mit ins Boot holen
Ein weiteres Problem, auf das der Förster aufmerksam macht, ist der Rückgang des Schilfgürtels. Das hänge offenbar damit zusammen, dass das Schilf wirtschaftlich nicht mehr genutzt werde. Bis in die 1960er-Jahre sei es an Firmen verkauft worden, die Reetdächer damit gedeckt hätten. Günter Harmel: "Diese Entwicklung hat es auch am Dümmer See gegeben. Seitdem dort das Schilf wieder genutzt wird, verjüngt sich der Schilfgürtel wieder. Es ist also nicht immer gut, alles sich selbst zu überlassen."
Auch ein anderer Punkt liegt dem Förster sehr am Herzen: "Außerhalb des Rundwanderweges herrscht totales Betretungsverbot für Besucher des Naturschutzgebietes Norderteich. Das gilt auch für die umgebenden Wiesen. Wir dulden dort auch keine Reiter. Leider müssen wir auch verstärkt ein Fehlverhalten bei Hundebesitzern feststellen. Das freie Herumlaufen von Hunden ist absolutes Gift."
Naturschutz gibt es nicht umsonst
KOMMENTAR VON MANFRED BRINKMEIER
Beim Norderteich handelt es sich um ein einzigartiges Naturschutzgebiet. Und die Menschen sind sich des hohen Erholungswertes der Landschaft sehr wohl bewusst. Leider gibt es zunehmend "Schwarze Schafe", die ihre Hunde frei laufen lassen und den geschützten Tieren arg zusetzen.
Das eigentliche Problem ist: Viele Zeitgenossen wissen nicht, dass es den Norderteich in der heutigen Form nur deshalb gibt, weil er von Menschen beeinflusst wurde und wird. Würde darauf verzichtet, würde aus dem Norderteich ein Niedermoor werden. Beide Dinge haben zweifellos ihren Charme und Wert. Genau deshalb muss der amtliche Naturschutz hier eine Entscheidung treffen.
Letztmals ist der Norderteich 1969 ausgebaggert worden. Nun wird die Wasserfläche kontinuierlich kleiner. Auch wenn es den unmittelbaren Zeitdruck dabei nicht gibt, sollte sich deshalb auch die Politik frühzeitig mit dem Thema befassen. Denn eines ist klar: Wer den Norderteich als Unikat dauerhaft erhalten will, muss ihn regelmäßig ausbaggern und dafür Geld in die Hand nehmen. Naturschutz gibt es nicht umsonst.