Kunstrasenplatz für Marienmünster wird von Investitionsliste gestrichen

Marienmünster. Selten stand im Kreis Höxter eine Haushaltsverabschiedung unter so schwierigen Vorzeichen wie am Mittwochabend in Marienmünster. Und das lag weniger an der Problematik, wie sich trotz Corona-Kontaktverbots eine öffentliche, rechtskonforme Ratssitzung abhalten lässt, als vielmehr am eskalierenden Streit um die Notwendigkeit der Sanierung von Sportstätten. Dabei lagen die Positionen im Grunde genommen gar nicht weit auseinander. Die Fronten zwischen den Mehrheitsfraktionen von CDU, UWG und Verwaltung waren aber so verhärtet, dass noch bis zu Sitzungsbeginn völlig unklar war, ob es überhaupt die so notwendige Zustimmung für den Etat geben würde. Am Ende setzten sich CDU und UWG mit ihren Anträgen durch, die geplante Millioneninvestition für einen Kunstrasenplatz in Bredenborn und ein neues Umkleidegebäude in Kollerbeck nach monatelanger Diskussion ersatzlos zu streichen. Zum Entsetzen der Sportvereine, aber auch von Bürgermeister Robert Klocke, der bereits in der Sitzung eine öffentliche Erklärung zu den für ihn unverständlichen Entscheidungen angekündigt hat. Er fürchtet zudem eine Beschwerde aus der Bevölkerung bei der Kommunalaufsicht, weil er im Vorfeld verkündet hatte, dass die Sportstättenentscheidung nicht in dieser Ratssitzung gefällt werden soll - auch um das Publikumsinteresse an der Sitzung möglichst gering zu halten und die Ansteckungsgefahr für die Bürger zu minimieren. Auch die Sportvereine haben bereits am Mittwochabend eine Erklärung angekündigt. Späte Etatverabschiedung Unfreiwillig war Marienmünster in die schwierige Lage geraten. Durch den Wechsel an der Spitze der Kämmerei zu Kai Schöttler im Spätherbst verzögerte sich die Aufstellung eines soliden Etat-Planes. Als dann Mitte März endlich die Entscheidung fallen sollte, überschlugen sich die Ereignisse aufgrund der Corona-Pandemie. Aus Angst vor einer Ansteckung wurde die notwendige öffentliche Sitzung kurzerhand abgesagt. Weil aber nun kein Aufschub mehr möglich ist, ohne die Arbeit der Verwaltung wesentlich einzuschränken, wurde sie für Mittwoch doch anberaumt. Unter strengen Auflagen, wie Bürgermeister Robert Klocke im Vorfeld erklärt hatte. So wurde die Sitzung nicht nur in die Aula der Grundschule verlegt, um größtmöglichen Abstand zwischen den Teilnehmern zu gewährleisten. Auch Mundschutzmasken wurden zur Verfügung gestellt, und die Zuschauerzahl wurde begrenzt. Auch die Tagesordnung wurde auf die absolut notwendigen Entscheidungen reduziert und die Haushaltsstatements der Fraktionen schriftlich vorgelegt, um die Sitzungszeit auf ein Minimum zu reduzieren. &bdquo;Wir befinden uns in einer absoluten Notsituation", erklärte Klocke dazu im Vorfeld. Ein Satz der durchaus doppeldeutigen Bedeutung. Spielte der Verwaltungschef vor allem darauf an, dass die Stadt ohne gültigen Haushalt weitgehend handlungsunfähig ist, so ließ sich die &bdquo;absolute Notsituation" auch auf die im Vorfeld heftige Debatte um die Sportstätten beziehen. Die Mehrheitsfraktionen von CDU und die UWG machten ihre Etat-Zustimmung davon abhängig, ob die geplante Millionen-Investition für den Kunstrasenplatz Bredenborn (Kostenplanung je nach Betrachtung zwischen 600.000 und einer Million Euro) und den Neubau des Umkleidegebäudes Kollerbeck (430.000 Euro) aus dem Etat gestrichen wird. CDU und UWG halten beide Projekte für derzeit nicht finanzierbar, zumal die finanziellen Unsicherheiten durch die Corona-Krise auch für die Kommunen in den kommenden Monaten deutlich größer werden würden. CDU-Ratsmitglied Mathias Schmidt* nannte die Vorhaben in der Sitzung beispielsweise einen unvertretbaren Luxus. Während Bürgermeister Robert Klocke vorschlug, diese Positionen mit einem Sperrvermerk zu versehen und später darüber zu entscheiden, favorisierten CDU und UWG die Nutzung des Förderprogramms &bdquo;Moderne Sportstätte 2022", um wenigstens notwendigste kleine Sanierungsprojekte umsetzen zu können. In diesem Fall wären die Vereine durch Nutzungsverträge mit der Stadt selbst in der Pflicht und müssten die Projekte selbst priorisieren und einen Eigenanteil stemmen. &bdquo;Damit wird die Eigeninitiative der Vereine unterstützt und gefördert, sowie die Eigenverantwortung von den Vereinen eingefordert und auch gestärkt", erklärte UWG-Fraktionschef Josef Wolff in seinem schriftlich veröffentlichten Rede. WGB-Fraktionschef Elmar Stricker kritisierte die &bdquo;politische Entscheidungsverzögerungstaktik" über die Kommunalwahl hinaus und griff Bürgermeister Klocke auch direkt an. &bdquo;Der viel zu lange Entscheidungsprozess, die mangelnde Gesprächsführung durch den Bürgermeister in der Sportstättendiskussion zwischen Vereinen, Verwaltung und Politik führt in die Sackgasse, in der wir uns nun befinden. Das strukturelle Problem der mangelnden Schlechtwetterspielflächen im Sport ist nicht gelöst. Heute fällt es uns krachend auf die Füße", erklärte Stricker. Der Wähler habe das Recht vor der Kommunalwahl zu erfahren: Wer steht wo in der Sportstättenfrage in Marienmünster? Jetzt werfe dieser Streit einen großen Schatten auf das Stadtjubiläum und vielleicht auch auf den Fußballsport in Marienmünster. SPD-Fraktionschef Helmut Lensdorf zeigte sich in seinem Statement von der Heftigkeit der Debatte generell irritiert. &bdquo;In nicht wenigen der eilig aufgeschrieben Anträge von CDU, UWG und WGB ist Wahltaktik, Profilneurose oder gar Kirchturmdenken eingeflossen. Das lehnen wir ab. Die SPD setzt sich auch im 50. Jahr des Bestehens der Stadt Marienmünster für eine souveräne Gesamtbetrachtung und für den Zusammenhalt ein. Hektische Schnellschussanträge sind meistens unbrauchbar." Am Ende aber blieben die CDU und die UWG bei ihren Anträgen, die beiden großen Investitionen in Kollerbeck und Bredenborn komplett zu streichen. Im Anschluss stimmten sie dem übrigen Etat-Plan zu, um der Stadtverwaltung die Handlungsfähigkeit zu ermöglichen. Die SPD enthielt sich aufgrund der Sportstätten-Entscheidung. Hohe Personalkosten Auch weil viele weitere Themen des Etats unter den Kommunalpolitikern weitgehend unstrittig waren. Unisono wurde auf die massive Kostensteigerung im Personaletat hingewiesen und eine Kostenbremse eingefordert. Wie CDU-Fraktionschef Joseph Büker vorrechnete, sind die Personalkosten der Verwaltung in den vergangenen sieben Jahren um 33 Prozent auf nunmehr rund 3,5 Millionen Euro gestiegen. Allein von 2019 auf 2020 betrage die Steigerung 278.000 Euro (8,6 Prozent), wobei neben Lohnsteigerungen auch die Einstellung zweier Kita-Erzieher ein wesentlicher Kostenfaktor ist. &bdquo;Bei den hohen Personalkosten und der personellen Verstärkung im Verwaltungsbereich in den letzten Jahren fordern wir als CDU-Fraktion mehr Effizienz in der Verwaltung. Eine weitere Steigerung der Personalkosten durch neue Stellen in den nächsten Jahren sehen wir sehr kritisch", so Büker. Und Josef Wolff ergänzte: &bdquo;Die Personalkosten haben eine kritische Größe zum Gesamthaushalt eingenommen. Daher werden wir die Stellen künftig sehr kritisch betrachten müssen." Verschuldung Beim Blick auf die Schulden war die Position der Fraktionen uneinheitlich. Die Eigenkapitalausstattung sei im aktuellen Vergleich zu den meisten kleineren kreisangehörigen Städten mit 5,5 Millionen Euro überdurchschnittlich gut, erklärte etwa Elmar Stricker. Auch die finanzielle Belastung der Bürger in Marienmünster brauche den Vergleich nicht zu scheuen. &bdquo;Im Gegenteil mit einer Pro-Kopfverschuldung von 174,82 Euro pro Einwohner hält Marienmünster hier in seinem Jubiläumsjahr ein Geburtstagsgeschenk bereit: Die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung landauf, landab". Dagegen sieht Josef Wolff die Entwicklung mit großen Sorgenfalten. Die Schulden wurden von der Verwaltung auch im vergangenen Jahr kontinuierlich auf nunmehr 860.000 Euro abgebaut. &bdquo;Ob das so bleibt? Zweifel sind angebracht. Aufgrund der hohen Auszahlungen im investiven Bereich reduzieren sich unserer liquiden Mittel erheblich." Auch Joseph Büker sah diese Gefahr. Er monierte, dass die Zielsetzung eines ausgeglichenen Haushalts immer mehr aus dem Blickfeld gerate. Zwar würden die Schulden nominell relativ stark reduziert, &bdquo;aber es fehlt ein transparentes, mittelfristiges Konsolidierungskonzept für den Haushalt". Investitionen Gelobt wurden von den Fraktionen die vielfältigen Investitionen in verschiedenen Bereichen. So hob die CDU-Fraktion die höheren Ansätze für die Sanierung von Gemeindestraßen (300.000 Euro) und Wirtschaftswegen (190.000 Euro) hervor, die in den vergangenen Jahren nur schleppend vorangekommen sei. Von allen Parteien positiv hervorgehoben wurde der Neubau eines Teils der Grundschule. &bdquo;Die Fortentwicklung der Grundschule ist ein Gemeinschaftswerk in Marienmünster. Das tut der Einrichtung gut und wird vor allem den Kindern gerecht", erklärte SPD-Chef Helmut Lensdorf. Elmar Stricker lobte den Erweiterungsbau als &bdquo;Kronjuwel der Investitionen 2020", während Josef Wolff seiner Hoffnung Ausdruck verlieh, dass &bdquo;wir keine finanzielle negative Überraschung erleben werden, wie bei anderen Bauprojekten". Lob gab es von der WGB für die Bereitstellung von 280.000 Euro und die laufende Zusammenarbeit mit der Fachhochschule OWL zur Abmilderung der Unwetterfolgen, die Neuanlage eines Spielplatzes in Vörden und die Umwandlung der Grünfläche der ehemaligen Grundschule zu einer &bdquo;Bürgerwiese" in Bredenborn. Die seien wichtige Maßnahmen für das Zusammenleben und die Entwicklung der Stadt. Klimanotstand SPD-Fraktionschef Lensdorf seinerseits kritisierte noch einmal, dass der Rat im vergangenen Jahr den Antrag auf Ausrufung des Klimanotstandes abgelehnt hat. &bdquo;In der Corona-Notstandszeit wird verdrängt, dass die durch Menschen verursachte Klimaveränderung rasant die Natur und das Leben auch in Marienmünster verändert", so Lensdorf. Die SPD hatte 2019 beantragt, dass Marienmünster sich verantwortungsvoll und systematisch damit beschäftige. &bdquo;Abgelehnt. Augen zu und durch", die Kritik des SPD-Chefs. * In einer ersten Version des Artikels hatten wir das Zitat dem CDU-Mitglied Hermann Müller zugeordnet. Wir bitten, das zu entschuldigen.

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