KREIS HÖXTER

Tauben fliegen auf Computertechnik

Höxteraner Messsystem erobert die Vogelsportwelt

01.08.2010 | 01.08.2010, 06:00
Markus Motz präsentiert verschiedene Generationen von Taubensportuhren. Die manuelle Technik und handgeschriebene Listen haben inzwischen ausgedient. Heute wird die Geschwindigkeit der Tauben mit der grauen Antennenplatte und dem blauen Messgerät gestoppt, die in Höxter entwickelt wurden. - © FOTO DAVID SCHELLENBERG
Markus Motz präsentiert verschiedene Generationen von Taubensportuhren. Die manuelle Technik und handgeschriebene Listen haben inzwischen ausgedient. Heute wird die Geschwindigkeit der Tauben mit der grauen Antennenplatte und dem blauen Messgerät gestoppt, die in Höxter entwickelt wurden. | © FOTO DAVID SCHELLENBERG

Kreis Höxter. Für die einen ist es Spaß und Sport, für die anderen geht es um sehr viel Geld: Wettbewerbsflüge mit Tauben. Während die Vögel wie seit hunderten von Jahren ihre Strecken nach Hause fliegen, hat bei der Zeitmessung modernste Technik Einzug gehalten. Die kommt aus Höxter.

Mit Tauben hatten Markus Motz und sein Vater Helmut ursprünglich wenig zu tun. Als in den 1980er Jahren aber ein Bekannter ein Programm zur Berechnung der Flugzeiten brauchte, hat sich Computerspezialist Helmut Motz gleich an den Rechner gesetzt. Der Anfang war gemacht.

Um die Flugzeit von Tauben tatsächlich genau messen zu können, brauchte es neben der Software auch die Technik. Diese bekam den Namen Tipes. Die Abkürzung steht für Tauben-Identifikations-Preisflug-EchtzeitSystem und wurde von einem großen Konzern entwickelt, der sich vor allem auf Militärtechnik spezialisiert hatte.

1999 bekam Helmut Motz die Technik zum Kauf angeboten. Der Höxteraner überlegte nicht lange und schlug sofort zu. "Wir haben die Technik weiterentwickelt und sind inzwischen in jedem wichtigen Land mit mindestens einem Händler vertreten", sagt Markus Motz nicht ohne Stolz. Selbst in Neuseeland oder den arabischen Staaten, wo sich der Taubensport größter Beliebtheit erfreut, wird die Messtechnologie eingesetzt. Sogar das niederländische Königshaus nutzt die in Höxter entwickelten Geräte.

Das System ist mit modernster Elektronik ausgestattet. Die Tauben merken davon jedoch nicht viel. "Sie bekommen zusätzlich zu ihrem Ring am Fuß einen zweiten, in dem ein RFID-Chip eingebaut ist", erklärt der 40-Jährige. Auf diesem ist eine persönliche Identifikationsnummer gespeichert, die speziell einer Taube zugeordnet ist.

Bringt der Züchter die Taube zu einem Preisflug, wird sie im Computer registriert und ihre Abflugzeit festgehalten. Kommt sie daheim im Taubenschlag an, läuft sie dort über eine Kunststoffplatte, in der eine Antenne versteckt ist. Diese registriert via Funk die Ankunftszeit, die an einen Computer weiter gemeldet wird. "Der Vorteil der Technik liegt auf der Hand. Die Ergebnisse können in Sekundenschnelle ausgewertet und Fluglisten erstellt werden", sagt Motz. Es ist sogar möglich, dass die Züchter die Rückkehr ihrer und anderer Tauben live im Internet verfolgen oder sich aufs Handy schicken lassen können. Noch wichtiger: Für die Tauben bedeutet dieser elektronische Fortschritt weniger Stress. "Früher mussten die Tauben eingefangen und die Ringe abgemacht und in eine Taubenuhr eingedreht werden", berichtet der Computerspezialist. Die Vögel haben schon machen Taubenzüchter zur Verzweiflung gebracht, wenn sie sich nach dem Flug auf dem Dach ausruhten und nicht fangen ließen. Bis dann die Siegerlisten, die per Hand ausgerechnet wurden, überhaupt erstellt werden konnten, dauerte es einige Tage.

Bei der Weiterentwicklung musste das Team von Motz-Computer einiges beachten. So konnten die Ringe und die Antennen nicht einfach aus normaler Plastik hergestellt werden. "Wir brauchten einen Spezialkunststoff, der nicht nur resistent gegen die Witterung, sondern auch gegen das Ammoniak vom Vogelkot ist", sagt Motz.

Er sieht in der Technik auch eine Chance, junge Menschen für ein altes Hobby zu interessieren. Denn den Taubensportlern fehlt es an Nachwuchs. Kaum ein Jugendlicher, der sich dem täglichen Training mit Auflassen der Tauben oder der Zucht schneller Tiere widmet. Mit toller Computertechnik allein lassen sich aus seiner Sicht die Nachwuchssorgen allerdings nicht beheben. "Es braucht auch die Anerkennung des Taubensports in der Bevölkerung", sagt Motz und verweist auf Polen. "Hier ist der Taubenflug äußerst beliebt und wird nicht belächelt. Deshalb gibt es hier auch viele junge Züchter." Sie nutzten gern die Technik aus Höxter. Der Marktanteil im östlichen Nachbarland liegt bei über 50 Prozent – auch wenn die Anschaffung durchaus nicht billig ist.