Kreis Höxter

Verbrechen in den Wäldern

Neues Buch mit historischen Kriminalfällen aus dem Kreis Höxter erschienen

15.08.2014 | 15.08.2014, 09:00
Auf dem Gelände des jüdischen Friedhofs am Rande von Ovenhausen soll der Leichnam des Mordopfers Soistmann Berend beigesetzt worden sein. Dieser wurde 1783 im Wald zwischen Bökendorf und Ovenhausen mit einem Holzknüppel erschlagen. - © FOTO: MADITA PEINE
Auf dem Gelände des jüdischen Friedhofs am Rande von Ovenhausen soll der Leichnam des Mordopfers Soistmann Berend beigesetzt worden sein. Dieser wurde 1783 im Wald zwischen Bökendorf und Ovenhausen mit einem Holzknüppel erschlagen. | © FOTO: MADITA PEINE

Kreis Höxter. Ein jüdischer Kaufmann wird im Wald mit einem Holzknüppel erschlagen, ein Erzbischof getötet und reuige Mörder errichten als Sühnestrafe ein steinernes Kreuz: In dem neu erschienenen Buch "Tatort Dorf" berichtet Autor Gisbert Strotdrees von rund 30 historischen Kriminalfällen auf dem Land. Auch Orte des Kreises Höxter, wie Bellersen und Albaxen, sind dabei Schauplätze bekannter Mordfälle.

Die Sammlung ländlicher Kriminalfälle im westfälischen Wochenblatt-Buch "Tatort Dorf" reicht vom Mittelalter bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Die vielen Gewaltdelikte und skurrilen Mordfälle hat Autor und Geschichtswissenschaftler Strotdrees erforscht und beschreibt die Tathergänge historisch genau. "Das Buch ist kein Kriminalroman", schreibt er, "vielmehr zeichnet es historisch wahre, ?tatsächliche? Kriminalfälle nach" und beachtet dabei auch das Umfeld der Täter. So auch einige Verbrechen, die im Kreis Höxter geschehen sind.

Als "Westfalens berühmtester Mordfall" bezeichnet der Autor die Ermordung des Kaufmanns Soistmann Berend mit einem Holzknüppel. Acht Seiten widmet sich Strotdrees dem historischen Kriminalfall, der sich unweit von Bellersen, im Wald zwischen Bökendorf und Ovenhausen, ereignet haben soll. Eine Karte, von einem preußischen Offizier um 1800 gezeichnet, ermöglicht dem Leser einen Überblick über den Schauplatz des Mordfalls.

Es ereignete sich 1783: Nach dem Mord am jüdischen Händler Soistmann Berend verschwindet der Tatverdächtige Hermann Georg Winckelhan aus Bellersen zunächst spurlos. Rätselhaft ist auch heute noch immer, was genau mit ihm nach seinem Fortgang geschah. Dass er in algerische Gefangenschaft kam, scheint als sicher. "Im Frühjahr 1806 tauchte Winckelhan in Bellersen wieder auf. Niemand im Dorf hatte mit seiner Rückkehr gerechnet", heißt es im Werk. Durch ein Urteil des preußischen Regierungspräsidenten bleibt der Tatverdächtige trotz einiger Skeptiker ein freier Mann. Das Haus, das der Sohn des ermordeten Kaufmanns, Bernd Soistmann, ab 1803 erbaute, steht heute im Freilichtmuseum Detmold.

Wo auf dem Land in der Vergangenheit Straftaten, wie Mord oder Totschlag, begangen wurden, ist oft anhand von großen Steinkreuzen zu erkennen. So auch in Albaxen. Das Sühnekreuz des Ortes ist eines der ältesten unter den Steinkreuzen Westfalens. In "Tatort Dorf" wird der Ursprung des steinernen Gebildes erzählt.

"In Albaxen bei Höxter wurde im Jahr 1500 ein Bauer namens Ludeke Mansen erschlagen", heißt es in der Kriminalfall-Sammlung. Die Mörder des Mannes wurden gefasst. Durch die Vermittlung des Corveyer Abts vereinbarten die Angehörigen des Ermordeten und die Straftäter eine Sühnestrafe: Neben der Versorgung der Kinder des getöteten Bauern und zwei Wallfahrten wurden die Mörder verurteilt, "ein steinernes Kreuz zu setzen vor Albaxen, wo die Tat geschehen ist". Das Sühnekreuz sollte die Reue der Täter und den Friedenswillen nach außen demonstrieren. Noch heute ist es bei Albaxen zu sehen. Auch die Geschichten anderer Steinkreuze werden in "Tatort Dorf" erzählt.

Das Buch widmet sich zudem Verbrechen in ganz Westfalen. So können sich Interessierte auch über historische Begebenheiten in anderen Regionen informieren, wie die Ermordung des Kölner Erzbischofs Engelbert 1225 oder das Versteckspiel des Bruno Fabeyer, der zwischen Dümmer und Diemelsee 573 Tage lang vor der Polizei abgetaucht war.

Für Geschichtsliebhaber, die sich gern mit historischen Fakten auseinandersetzen und etwas über die lokale Geschichte erfahren wollen, ist die Sammlung der Kriminalfälle von Gisbert Strotdrees ein hervorragendes Werk. Für eine gemütlich Lesestunde am Abend eignet es sich weniger - weil es nicht als Roman geschrieben ist, sondern vielmehr dokumentarischen Charakter hat. Erhältlich ist das Buch "Tatort Dorf", das rund 180 Seiten umfasst, beim Landwirtschaftsverlag Münster.