Höxter. Seine Kollegen kommen, kleben und klotzen. Mirko Niederprüm kommt, klebt und klotzt auch, denn er arbeitet als Industriemechaniker, ist gelernter Schlosser. Doch sein Herz hängt nicht am Metall, sondern am Vinyl. Zum neuen Jahr stehen Veränderungen an.
An Silvester stand Niederprüm das vorerst letzte Mal im Club M. Mit DJ Cube alias Klaus Bretschneider. "Mit dem Mann habe ich angefangen, mit dem Mann höre ich auf", sagt Niederprüm. "Es ist das letzte Mal, das hier gefeiert wird", trauerten Gäste wie Tim Schwiete. "Wenn alle nach Paderborn oder Kassel fahren, dann hat ein Club in Höxter keine Chance", sagt Joscha Schmidt. "Deshalb feiern wir heute und hoffentlich zukünftig hier."
Niederprüm steht Wochenende für Wochenende im Club M. Er ist 37 Jahre alt, verheiratet, hat Familie. Seine Kollegen am Tag stöhnen über Stress und Hitze. Niederprüm hat Stress und Hitze, wenn er am Abend 300 Feierwütige im Club bewirtet. Die wollen Party machen, die wollen die Nacht zum Tag machen. "Natürlich stellt sich irgendwann ein wenig Routine ein", gesteht Niederprüm. "Mir liegt etwas am Club, es ist ein Angebot für junge Leute", sagt er.
Beruf kommt von Berufung - und vor acht Jahren berief Ulrich Menne ihn zum Manager des Clubs M. Klingt sperrig. Bedeutet konkret: Niederprüm stand jedes Wochenende hinter der Theke und betreute seine Angestellten, packte selbst mit an. Kollegen der Nacht hatte er am Schluss zehn Stück. Für die war - wie für ihren Chef - das Partymachen Nebenberuf und Berufung.
Vor neun Jahren startete der Club M als Bar und Lounge. Vor sechs Jahren ertönte erstmalig Musik darin. Seit vier Jahren wummerte es jedes Wochenende aus den Boxen. Insbesondere für feinste Housemusic war der Club M berühmt. Niederprüm installierte eine Lichtanlage, ein Mischpult, schalldichte Fenster. Er knüpfte Kontakte. Tujamo, The Teachers, DJ Smoove und viele lokale Nachwuchskünstler traten im Club M auf. Niederprüm gründete die Eventagentur M-Event. Dabei wird es in der Veranstaltungsbranche eisig: Rauchverbot ab Mai, Gema-Änderung im Juni.
Vor einem Monat kündigte sein Chef Menne den Pachtvertrag mit der Stadt Höxter. Dann führte Niederprüm viele Gespräche. "Ich möchte mich kümmern, ich möchte, dass das Clubben in Höxter weitergeht", sagt er. Niederprüm sprach mit der Stadt. Seit längerem beschwerten sich Anwohner über die Lärmbelästigung durch Gäste, die vor dem Club warten oder rauchen, demnächst nur noch dort rauchen dürften. Vor zwei Wochen schrieb die Stadt Höxter den Ratskeller offiziell aus. Niederprüm bewarb sich um die Immobilie. Es ist eine einmalige Location, die er, seine DJs und die Feiernden nur wehmütig aufgeben würden. Niederprüm sprach auch mit Henner Marquardt. Marquardt besitzt eine Firma für Werbetextilien. Seit Oktober pachtet er die Stadthalle, betreibt das Resi-Bistro, das er mit schicken braunen Ledersofas und -sesseln, mit massiven Tischen und gläsernen Raumteilern ausstattete. Und Marquardt besuchte gelegentlich den Club M, denn er möchte Mirko Niederprüm unterstützen. "Wir kamen ins Gespräch", sagt Niederprüm. Das letzte Gespräch zwischen Niederprüm und Marquardt war kein Small-Talk. Es dauerte zwei Stunden. Marquardt möchte investieren.
Zukünftig legen Niederprüms DJs ein paar hundert Meter entfernt auf. Raucher können dort vor der Tür stehen, und die Lärmbelästigung ist geringer. An Freitag- und Samstagabenden werden Mirko Niederprüm, seine DJs und Thekenkräfte eine neue Anschrift haben. Sein Club zieht in das Foyer der Stadthalle ein. Clubben geht in Höxter weiter - in der Resi-Lounge.