Kreis Höxter/Holzhausen. Helles Grün bestimmt die Szenerie. Leise rascheln die hohen Baumkronen im Wind. Bienen und Hummeln summen durch die Luft, Vögel zwitschern und kleine Schmetterlinge flattern durch die Büsche. Kein Forstarbeiter, kein Jäger stört die Stille. Die Natur im Wald am Holsterberg wächst und gedeiht in ihren schönsten Farben. Und doch ist dieser Wald mehr als nur ein ursprüngliches Biotop, er dient Menschen als letzte Ruhestätte.
Im November 2009 eröffnet, fasziniert die unverwechselbare Schönheit des Ave Natura Friedhofs in Holzhausen weit über Kreisgrenzen hinweg. Und das nicht nur zu konkreten Trauerfällen. "Zum größten Teil suchen sich die Menschen ihren Baum, unter dem sie bestattet werden wollen, bewusst zu Lebzeiten aus", hat Oberförster Harald Gläser die Erfahrung gemacht.
Kostenlose Führung
Jeden ersten Sonntag im Monat, um 10.30 Uhr, lädt Oberförster Harald Gläser im Ave Natura Friedhof zu einer kostenlosen Führung ein.Treffpunkt am Parkplatz vor dem Friedhof.
Weiteres im Netz: www.avenatura-holsterberg.de
Denn viele Menschen leben heute alleine, haben keine Familie mehr oder wollen ihrer Familie, welche möglicherweise weit entfernt lebt, die langjährige und teure Grabpflege nicht zumuten. Dazu komme die Liebe zur Natur, die Sehnsucht nach dem Ursprünglichen, vielleicht nach dem verlorenen Paradies. "Sich der Natur bestatten zu lassen, ist mitten in der Gesellschaft angekommen, es ist kein Tabu mehr", weiß Harald Gläser.
Und gerade jetzt, zu dieser Jahreszeit, scheint der Tod angesichts der erwachenden Natur seinen Schrecken ein wenig verloren zu haben. "Im Mai ist die schönste Zeit, den Wald zu entdecken", so Gutsherr und Betreiber des Friedhofs, Johann-Friedrich von der Borch. Er ergänzt: "Durch die besondere Stimmung lässt sich durch einen Spaziergang auf positive Art und Weise über das Lebensende nachdenken."
Idyllisch zwischen Nieheim und dem Gutshof Holzhausen in etwa 300 Meter Höhe gelegen, bietet der Naturfriedhof auf 40,4 Hektar (das entspricht 16 Fußballplätzen) die Möglichkeit, sich bestatten zu lassen. 563 Bäume im Alter von 20 bis 180 Jahren stehen insgesamt zur Verfügung, 180 Bäume sind bereits vergeben. Unter 13 verschiedenen Baumarten kann man seinen Favoriten auswählen.
Jede verfügbare Grabstätte unter den Bäumen - die übrigens alle per GPS vermessen sind - kann als Einzelruhestätte, aber auch als Gemeinschafts-, Familien-, und Freundschaftsgrabstätte genutzt werden.
Für jeden Geldbeutel und Wunsch gibt es genügend Auswahl. Farbige Kategorien kennzeichnen die ökologische Einstufung: Gelb steht für "Standard", Orange für "Premium" und Blau für "Exzellent". Ab 800 Euro ist ein Standard-Baum zu bekommen, 2.000 Euro kann dagegen ein Exzellent-Modell kosten.
Ave Natura steht allen Konfessionen und Glaubensgemeinschaften offen. "Ob streng religiös oder Atheist, das spielt hier keine Rolle", meint der Oberförster. Jede Form des Abschiednehmens ist möglich, geistlicher Beistand ebenso üblich wie eine weltliche Bestattung mit Redner.
In dem Wald erklangen schon Jagdhörner, Gitarren, Dudelsack und Querflöten. Ein Pavillon unweit des Gutshofes steht für Trauerfeiern zu Verfügung, ein zentraler Andachtsplatz mit Holzbänken und einem Kreuz befindet sich zentral im Wald, der als intaktes ökologisches System eine Heimat für Reh, Dachs, Specht, Fuchs und Haselmaus bietet. Und die Grabpflege übernimmt ganz selbstverständlich die Natur. Weiß blüht Waldmeister unter den Bäumen, Farne und Ahorn wachsen ungestört unter dichten Kronen.
Für die beiden Naturliebhaber Harald Gläser und Johann-Friedrich von der Borch ist der Wald am Holsterberg auch ein Ort der Entspannung und Reflexion, der zu jeder Zeit seinen Reiz hat. "Als Ort der Abgeschiedenheit vom Treiben der Welt ist er ebenso wie die Wüste ein begehrter Aufenthaltsort. Insofern ist er auch ein Symbol für geistige Konzentration und Innerlichkeit", so schreibt das traditionelle Herder-Lexikon über die Symbolik des Waldes. Der Wald hat auf jeden Fall etwas Märchenhaftes, Zauberhaftes. Das Frühjahr ist die beste Zeit, genau das zu entdecken.