HÖXTER

Inklusion beginnt im Kopf

Diskussion mit dem Bundesbeauftragten für Behinderte in Höxter

Anja Arnemann will als Lehrerin im Rollstuhl ihren Beitrag zur Inklusion leisten. Bisher sind ihr viele Steine in den Weg gelegt worden. | © FOTO: BURKHARD BATTRAN

15.05.2012 | 15.05.2012, 00:00

Höxter. Rollstuhlfahrer müssen früh aufstehen. Immer, wenn sie irgendwohin wollen, müssen sie sich zeitig auf den Weg machen. Denn die letzten Meter sind meist die schwierigsten. So waren auch gestern schon. Rollstuhlfahrer, die an dem Vortrag des Bundesbeauftragten für Behinderte, Hubert Hüppe, teilnehmen wollten, trafen sich eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn am Historischen Rathaus.

Man weiß ja nie, wie lange es dauert. Erst geht es in den Keller und von dort wieder nach ganz oben in den Veranstaltungssaal. "Gerade auch unser Historisches Rathaus zeigt auf, dass noch viel getan werden muss", sagte auch Bürgermeister Alexander Fischer zur Begrüßung der rund 50 Diskussionsteilnehmer. Der Behindertenbeirat der Stadt Höxter und die Volkshochschule hatten gestern zu einer Diskussion mit dem Bundesbeauftragten Hubert Hüppe (55, CDU) aus Unna eingeladen. Es ging um das Thema Inklusion, den gemeinsamen Unterricht von Kinder mit und ohne Behinderung. Im Vergleich dazu ist das Problem der Barrierefreiheit im Historischen Rathaus ein Klacks. "Inklusion bedeutet, dass niemand ausgegrenzt wird und jeder Teilhabe am Leben hat", sagte die Vorsitzende des Behindertenbeirats Marianne Winkelhahn. "Wer Teilhabe verhindert, verletzt ein Menschenrecht", betonte Hüppe. Ein großes Problem bei der Verwirklichung der Inklusion sei, dass Menschen ohne Behinderung nicht ausreichend gelernt hätten, mit Menschen mit Behinderung umzugehen.

Was das heißt, hat Anja Arnemann (29) aus Derental erst letztens Jahr am eigenen Leib erfahren. Die junge Frau hat Abitur und ein fast abgeschlossenes Lehramtsstudium. "Die Schule und die Uni, alles lief gut, aber im Referendariat wurden mir so viele Steine in den Weg gelegt, dass ich an diesem Punkt abgebrochen habe", erzählt die querschnittsgelähmte Rollstuhlfahrerin. Es lag an dem Kollegium einer Realschule im Kreis Höxter, das nicht gelernt hatte und auch nicht Willens war, sich auf die Situation der körperbehinderten Kollegin einzustellen. "Es war eine Vielzahl von Kleinigkeiten, wie Seminarräume im Obergeschoss, wohin nur eine Treppe führte", erzählt die Pädagogin. Das hat auch die Diskussion in Höxter gezeigt: Inklusion fängt in den Köpfen an. Zu integrativen Klassen gehört auch ein integratives Kollegium. Darum hat Anja Arnemann ihr Berufsziel noch nicht aufgegeben: "Ich bin gerade dabei, einen neuen Anlauf zu nehmen."

Fred Schmitz, Koordinator des Kreises Höxter zur Umsetzung der Inklusion an den Schulen des Kreises, sagte, dass sich die Schulen im Kreis auf den Weg gemacht hätten, allerdings mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten.