Amelunxen. Bürgerinitiativen formieren sich, wenn Vorhaben, oftmals schon durchgeplant, gegen den Willen der Bevölkerung realisiert werden soll. Hat die Initiative ihr Ziel erreicht, löst sie sich auf. Nicht aber in Amelunxen: Die Interessengemeinschaft Wasser (IGW) bewahrt das Erbe engagierter Bürger, die sich 1986 gegen eine zentrale Wasserversorgung aus Beverungen wehrten.
Diese war nötig geworden, da die EG den Grenzwert des Nitrats in Wasser von 90 auf 50 Milligramm je Liter senkte. Die Stadt Beverungen wollte deshalb die alten Amelunxener Hausbrunnen schließen und jene Bürger, die sich in Versammlungen, Briefen und mit einem Bürgerentscheid wehrten, an eine zentrale Wasserversorgung anbinden. Der Ortsausschuss unter Werner Behr sowie 81 Prozent der Amelunxer stimmten für den Erhalt und und erreichten die Sanierung der Hausbrunnen. Seitdem ist es Aufgabe der IGW, die vorhandenen Brunnen in Stand zu halten, neue Brunnen zu schlagen und die Wasserqualität zu überwachen.
"Die Brunnen waren da, sie waren bloß nicht nitratgerecht", erinnert sich Reinhild Schäfer aus dem Vorstand der Interessengemeinschaft. Ein wenig Überzeugungsarbeit habe die IGW jedoch auch leisten müssen, denn eine dezentrale Wasserversorgung galt als unmodern. Schlagender Vorteil sei jedoch die Wasserqualität gewesen. Mittlerweile lägen die Nitratwerte, damals Stein des Anstoßes, aufgrund der Sanierungen teilweise bei gerade einmal zehn Milligramm je Liter.
"Unser Wasser ist das Lebensmittel Nummer eins", argumentiert Günther Humann. Der aktuell als Hausmeister tätige erste Vorsitzende der IGW erklärt, wie beim Bau eines Brunnens vorgegangen wird: Zuerst sucht ein Wünschelrutengänger nach einer geeigneten Stelle. Dann wird ein Gerüst aufgebaut und ein Kompressor treibt sechs Meter lange, doppelwandige, verzinkte Stahlrohre - 48 Millimeter im Durchmesser - in die Erde. "Die meisten Brunnen sind um die 20 Meter tief", erläutert Humann, "wir schlagen aber auch bis zu 30 Meter". Anschließend wird gespült, ehe das erste Grundwasser hochgeholt wird. Die Anschlussarbeiten führen Installateure durch.
In 25 Jahren wurden - für Nicht- wie auch für die mittlerweile 245 Mitglieder - 240 Brunnen geschlagen und 60 alte saniert. Insgesamt 3.900 Meter Rohr stecken in Amelunxer Grund. Alle Brunnen werden jährlich von einem mikrobiologischen Institut untersucht. Die Kosten zahlen die Eigentümer, dafür fällt ihren Haushalten lediglich die Abwassergebühr an. Zudem unterteilt die IGW Amelunxen in zwölf Bezirke, aus denen pro Monat je eine Probe untersucht wird, einmal jährlich ist jeder dran.
Diesen Monat ist Heinz-Georg Wrede an der Reihe. Er bringt seine Probe zum IGW-Vorstand in ihr acht Quadratmeter großes Labor. "Die Eigenversorgung ist qualitativ besser", freut sich der Amelunxer. "Unser Wasser ist ungechlort und rein", fügt er hinzu. Zudem würdigt er Franz-Josef Blaschke, der seit Jahren bei technischen Problemen den Amelunxern zur Seite steht.
Indes beginnt Wilfried König im Labor sofort die Leitfähigkeit der Probe zu testen, ehe seine Mitstreiterin Anne Rox das Wasser mittels Indikatoren auf Nitrat, Nitrit und bakterielle Verunreinigungen untersucht. Ihre Ergebnisse stimmen mit jenen der Institute überein. Außerdem digitalisiert Marlies Grzelak die Ergebnisse.
Zum geplanten Pumpspeicherkraftwerk hat die IGW ebenfalls eine Meinung: "Wir haben mit Trianel und Bioplan Gespräche geführt und unser Wissen über Grundwasserwerte und -fließrichtungen weiter gegeben", erklärt der erste Vorsitzende. Die IGW habe zwar bedenken bezüglich des Hochwasserschutzes, stehe der Angelegenheit jedoch positiv gegenüber.
Abschließend bilanziert Humann: "Das Umweltbewusstsein und der Zusammenhalt im Dorf ist gestiegen. Die Menschen sind im Umgang mit Wasser sensibilisiert". Deshalb wird auf dem Jubiläumsfest der IGW am 2. Juni Prof. Klaus Töpfer einen Festvortrag zum Thema Wasser halten.