HÖXTER

Ein Blick in den Spiegel

Ausstellungseröffnung des Projekts "forgiveness - Vergebung" in der Kilianikirche

12.03.2012 | 12.03.2012, 00:00
Katharina Hohls als Tine führte die Besucher der Ausstellungseröffnung von "forgiveness - Vergebung" in der vollbesetzten Kilianikirche ins Thema ein. Immer wieder erinnerte der Blick in den Spiegel die Besucher an die eigene Beteiligung im Hinblick auf Schuld, Sühne und Vergebung. - © FOTO: MELANIE PETER
Katharina Hohls als Tine führte die Besucher der Ausstellungseröffnung von "forgiveness - Vergebung" in der vollbesetzten Kilianikirche ins Thema ein. Immer wieder erinnerte der Blick in den Spiegel die Besucher an die eigene Beteiligung im Hinblick auf Schuld, Sühne und Vergebung. | © FOTO: MELANIE PETER

Höxter. Ein kleiner rosafarbener Spiegel, rund und zum Aufklappen. Er wurde allen Besuchern schon beim Betreten der Kilianikirche gegeben, und begleitete sie auch während des Gottesdienstes zur Ausstellungseröffnung des Projekts "forgiveness - Vergebung". Die Auftaktveranstaltung für die zweiwöchige Ausstellung mit internationalem Charakter war geprägt von der Musik des Gospelchors "Living Voices" und den Beiträgen des Arbeitskreises "Gemeinde gestaltet Gottesdienst".

Information

Unfälle und Juden

Einen direkten Bezug zum Kreis und zur Stadt Höxter stellten sowohl Landrat Spieker als auch Bürgermeister Alexander Fischer her.

Für Spieker steht eine Lebensgeschichte der Ausstellung beispielhaft für die immer noch zu hohen Unfallzahlen auf den Straßen des Kreises, die sowohl für die Opfer als auch für die Verursacher eine schwere Bürde darstellen.In der Ausstellung sieht er eine Möglichkeit, "über die positive Kraft von Vergebung nachzudenken und sich Gedanken über Alternativen zu Rache und Vergeltung zu machen."

Fischer sieht die Vernichtung der jüdischen Mitbürger der Stadt als Beispiel großer Schuld. "Wir haben lange gebraucht, um dieses dunkle Kapitel aufzuarbeiten, es war nicht zuletzt der Verdienst von Jacob Pins, das zu schaffen. Er hat die Hand ausgestreckt und vergeben", führte Fischer die Haltung des ehemaligen Höxteraner Juden als Beispiel für eine große Geste der Versöhnung an.

Im Altarraum steht ein großer Standspiegel mit einem weißen, verzierten Rahmen. Davor ein weißer Stuhl, und auf diesem Stuhl sitzt Tine - ein junges Mädchen, wie es sie wohl hunderttausendfach gibt. Tine hat einen Fehler begangen, sie hat sich einem anderen Menschen gegenüber "schuldig" gemacht, indem sie schlecht über ihn redete. Und die ihr dadurch zuteil gewordene Aufmerksamkeit und das Lachen der anderen genoss. Nun sitzt sie vor dem Spiegel, und schaut sich an. Ihr Spiegelbild sagt ihr ganz klar: "Deine Oma würde jetzt sagen, das schlechte Gewissen schaut dir aus allen Knopflöchern".

Diese kleine Szene, die von den Konfirmandinnen Katharina Hohls (Tine) und Jana Leuchtmann (Stimme) gezeigt wurde, führte die Besucher direkt ins Thema ein. "Das Wort Vergebung wird uns in den kommenden zwei Wochen in der Gemeinde begleiten", eröffnete Pfarrer Reinhard Schreiner. Auch wenn das Wort altmodisch, überholt oder antiquiert klinge, "wollen wir in den Lebensgeschichten der Ausstellung die Aktualität zeigen", so Schreiner. Eine Reihe von Vorträgen wird sich mit dem Themenschwerpunkt Vergebung befassen.

Der Arbeitskreis "Gemeinde gestaltet Gottesdienst" hat die Wanderausstellung nach Höxter geholt, und ein ansprechendes Rahmenprogramm auf die Beine gestellt. Die Ausstellung zeigt in beeindruckender Weise (Lebens-) Geschichten vom Umgang mit Leid, Verletzung und Vergebung. Unter dem Motto "Vergangenheit bewältigen - Zukunft gestalten" bietet diese Wanderausstellung einen Raum zur Auseinandersetzung mit dem schwierigen Thema des Vergebens.

Landrat Friedhelm Spieker, Superintendentin Anke Schröder, Bürgermeister Alexander Fischer, Projektinitiator Wolfgang Unger und Pfarrer Reinhard Schreiner vor den Ausstellungstafeln, die Mut machen, nach Wegen für Vergebung zu suchen. - © FOTO: MELANIE PETER
Landrat Friedhelm Spieker, Superintendentin Anke Schröder, Bürgermeister Alexander Fischer, Projektinitiator Wolfgang Unger und Pfarrer Reinhard Schreiner vor den Ausstellungstafeln, die Mut machen, nach Wegen für Vergebung zu suchen. | © FOTO: MELANIE PETER

Das machte auch Pfarrer Schreiner während seiner Predigt deutlich. "Wen sehen Sie, wenn Sie in den Spiegel schauen?", animierte er die Besucher, einen Blick in den kleinen rosafarbenen Spiegel zu werfen. Er selbst sehe einen Menschen mit all seinen Fehlern und Schwächen, der angewiesen sei auf die Vergebung Gottes. Er sehe aber auch einen Menschen, der von Gott angenommen sei. "Durch Vergebung der Menschen untereinander entstehen Respekt und Wertschätzung füreinander", machte Schreiner weiterhin deutlich.

Die Superintendentin des Kirchenkreises Paderborn Anke Schröder lobte ebenso wie Landrat Friedhelm Spieker und Bürgermeister Alexander Fischer das Engagement des Arbeitskreises "Gemeinde gestaltet Gottesdienst". Der Vorsitzende des Arbeitskreises Wolfgang Unger sagte: "Hier geht es um einen Anstoß zum Nachdenken, zum Weiterdenken". Superintendentin Schröder zeigte sich beeindruckt, "es ist mutig, solch ein Thema mitten in die eigene Gemeinde, mitten in die eigene Stadt zu holen", begrüßte sie die Umsetzung des Projekts in Höxter.