Fürstenberg. Eine ganz besondere Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) findet gerade auf dem Gelände des Mittelalterdorfes Bokenrode statt. 20 Langzeitarbeitslose bauen eine Bockwindmühle auf – wie vor 500 Jahren. Für das Team der Kreisvolkshochschule Holzminden war es eine Reise in die Vergangenheit. Für die Teilnehmer noch mehr: Beim Arbeiten nach historischen Bauplänen sind einige der Männer richtig aufgeblüht, erzählt Anleiter Christian Diekmann. Am Dienstag ist Richtfest.
Der Rohbau der Windmühle steht bereits hinter der Jugendbildungsstätte Fürstenberg. Auch der Dachstuhl liegt bereit. Gerade bearbeiten die Teilnehmer das drei Meter hohe Kammrad. Das hölzerne Zahnrad wird später von den Mühlenflügeln angetrieben und dreht dann die Mahlsteine.
Seit vergangenem März läuft das Projekt. "Wir haben erst einmal ein Model einer Bockwindmühle gebaut", erzählt Diekmann. "Im Maßstab eins zu zehn." Das Original wird zwölf Meter groß. Diekmann ist gelernter Zimmermann. Aber eine historische Bockwindmühle hatte der Pädagoge noch nie gebaut. "Das war völliges Neuland für mich." Dieser Windmühlentyp wurde ab dem 15. Jahrhundert in Deutschland gebaut (siehe Info-Kasten). Es gibt heute noch etwa 100 Exemplare in Deutschland.
"Ich habe mir zwei Bockwindmühlen in der Nähe von Hannover angesehen", erzählt Diekmann. Und dann legte er mit seinen Schützlingen einfach los. Zunächst in der Werkstatt: Dort sägten sie die Bauteile aus Eichenholz zurecht. "Die Montage erfolgte dann hier", sagt Diekmann.
Allein der Hausbaum, auf dem die gesamte Konstruktion ruht, wiegt 3,8 Tonnen. Der Hausbaum ist die Drehachse der Mühle. Denn die lässt sich später mit einem meterlangen Holzpfahl – dem "Steert" – in den Wind drehen.
Damit die Mühle sicher steht, wurde ein Betonfundament gegossen. "Früher stand eine Mühle einfach auf einer Steinplatte", erzählt Diekmann. Aber die Bauvorschriften seien in den vergangenen 500 Jahren etwas strenger geworden.
Diekmann erklärte den Teilnehmern bei die Arbeit die Fachgriffe – und noch mehr. "Es geht hier auch darum, dass die Leute lebenspraktische Dinge lernen", erklärt Diekmanns Anleiter-Kollege Andreas Dürkop. Pünktlich zur Arbeit kommen, Verantwortung übernehmen, mit anderen im Team zusammenarbeiten: Das war für einige Arbeitslose eine Herausforderung. Alle waren lange ohne Arbeit. Einige hatten noch nie eine feste Stelle. Dabei sind alle über 25 Jahre.
Wie sich die Teilnehmer geschlagen haben? Diekmann und Dürkop sind mit ihren Leuten – darunter eine Frau – sehr zufrieden. "Einige waren vorher frustriert, fühlten sich an den Rand der Gesellschaft gedrängt", sagt Diekmann. Die Bockwindmühle gab ihnen eine Aufgabe. "Viele wollen jetzt länger am Projekt arbeiten, dabei bekommen sie kein Geld dafür."
Das Geld für die Maßnahme kommt von der Europäischen Union, der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter Holzminden. Die Teilnehmer sollen nach dem Mühlenbau endlich Arbeit finden – als Tischler, Zimmermann, Dachdecker, Gartenarbeiter oder im Büro. "Jeden Freitag ist Schultag", sagt Diekmann. Dann werden die Arbeitslosen am Computer trainiert. Das Projekt funktioniere, sagt Dürkopp. "Bei der ersten Gruppe im Frühjahr sind etwa 50 Prozent vermittelt worden."
Am Dienstag feiert das Team Richtfest. Dann wird das Kammrad eingebaut und der Dachstuhl aufgesetzt. Am am 29. Februar 2012 endet das Projekt. Die Bockwindmühle soll dann das neue Schmuckstück des Mittelalterdorfes sein.