SOMMERSELL

Moritz lebt nun sein Leben

Eine Stammzellenspende rettet den an Leukämie erkrankten Jungen

Der zehnjährige Moritz Saage mit Teletubbie-Hund Sammy (l.) und Bordercollie-Hündin Amy meistert seinen Alltag. | © FOTO: MANUELA SCHÜRSTEDT

15.10.2011 | 15.10.2011, 00:00

Sommersell. "Warum hast du so kurze Haare?" "Ich war drei Jahre krebskrank". Basta. Mehr hat der zehnjährige Moritz Saage aus Sommersell nicht zu sagen, wenn ihn ein Klassenkollege aus der 5 c, seiner neuen Klasse in der Realschule Nieheim anspricht. Moritz Saage hatte Leukämie. Über die Deutsche Knochenmarkspenderdatei fand er eine Spenderin im fernen Israel.

Seit der Transplantation der Stammzellen am 23. Januar 2004 lebt Moritz Saage sein Leben, durch das ihn anfangs ein Mundschutz, immer wieder anstehende Untersuchungen in der Uniklinik Hannover und sein Markenzeichen, das Kopftuch, begleiteten.

Das Kopftuch ist seit dem letzten Tag vor den Sommerferien Vergangenheit - die Krankheit in Moritz Bewusstsein schon fast vergessen. "Ich hatte Krebs. Ich hatte auch schon mal Gürtelrose. Ich habe das überlebt", soll Moritz einmal einer Bedienung in einem Restaurant erklärt haben. So unspektakulär geht er mit seiner Geschichte um, über die sowohl die NW als auch SAT 1 berichteten. "Früher musste ich jede Woche nach Hannover, dann einmal im Monat, jetzt einmal im Jahr - nun im Januar wieder" sagt der aufgeweckte Junge, der die Spritzen für die Blutprobe nicht mag, den Süßigkeiten-Automaten auf der Kinder-Krebsstation in Hannover aber in bester Erinnerung hat.

Ganz natürlich - so wirkt Moritz und so trat er auch den Alltag in der neuen Schule an. "Wir hatten zuvor mit ihm gesprochen, ob er mit oder ohne Kopftuch in die Schule gehen möchte", sagt Mutter Susanne Saage, Ehemann Ansgar nickt. Moritz entschied sich gegen das Kopftuch - auch ganz natürlich ohne "Gedanken-Knoten", denn "ich hatte es mal draußen beim Spielen vergessen. Das war so toll ohne Tuch. Das mache ich jetzt immer so". Die meisten Klassenkollegen wissen nichts von seiner Krebserkrankung. Er sei bis jetzt von drei oder fünf Mitschülern auf seine schütteren Haare angesprochen worden. Moritz Saage ist ein Schüler wie jeder andere in der Klasse 5 c. Er nimmt am Sportunterricht ebenso teil wie an allen anderen Fächern - außer der freiwilligen Chor-Arbeitsgruppe. "Singen liegt bei uns nun mal nicht in der Familie", lächelt der Junge. Mit Sport hat er es schon eher. "Meine Mama ist Sportlehrerin hier im Verein in Sommersell. Auch da mache ich zweimal die Woche mit", strahlt Moritz.

Völkerball und Zweier-Ball machen ihm Spaß. "Beim Laufen bin ich nicht der Schnellste, aber auch nicht der Letzte", so Moritz, dessen Herz aber an einer ganz anderen Sportart hängt, die er gern zum Beruf machen möchte. Profi-Angler wolle er werden, sagt der Zehnjährige voller Stolz und zeigt das Angel-Equipment, das nach bestandenem Angelschein zum Einsatz kommen soll.

Diese Beschäftigung mit und in der Natur war noch vor wenigen Jahren undenkbar. Während Moritz seine Angelruten verstaut, erinnert sich Mutter Susanne an die Sorgen während der langen Krankengeschichte. Moritz durfte nur eingepackte Nahrung essen, lag in seinem hermetisch abgeriegelten Krankenzimmer und wünschte sich - daran erinnert er sich noch - nichts sehnlicher als "zuerst eine Packung Eier und dann einen weißen, kleinen Hund, wie den aus der Sendung Teletubbies" - Moritz einziges Vergnügen während der Klinikaufenthalte.

Das gekochte Frühstücks-Ei ist für Moritz schon lange Alltag. Vor vier Jahren kam auch der Teletubbie-Hund: die kleine, weiße Malteser-Mischlingshündin "Sammy" und die Bordercollie-Dame "Amy", mit denen Moritz stundenlang auf dem Sofa schmust.