
Bad Driburg. 200 Rettungskräfte im Einsatz, mehr als 700 Menschen in Sicherheit gebracht: Die enorme Explosionsgefahr nach einer Gas-Havarie im Gewerbegebiet Groppendiek in Bad Driburg hielt Feuerwehr und DRK-Helfer gestern den ganzen Vormittag in Atem. Eine Bodenfräse hatte die Hauptgasleitung direkt an der Bundesstraße 64 angesägt. Erst fünf Stunden nach dem Unfall trauten sich die ersten Experten direkt an die Unglücksstelle vor.
Es war der größte Einsatz für Feuerwehr und Rettungskräfte im Kreis Höxter seit der schweren Explosion in der Kreisstadt im Jahr 2005. Nur diesmal war die Gefahr unsichtbar. Dafür um so lauter: Über Stunden war noch in einigen Kilometern Entfernung das zischende Geräusch des Gasaustritts zu hören, das einem fahrenden Güterzug gleicht.
Es ist kurz nach 9 Uhr am Freitagmorgen, als ein Bauarbeiter die Gasleitung mit 70-Bar-Nenndruck anfräst. Nach NW-Informationen hat er die Leitung viele Meter entfernt vermutet und die Stahlröhre mit einem großen Stein verwechselt.
Sofort nach der Havarie gibt die Feuerwehrleitstelle Großalarm. Neben der gesamten Wehr von Bad Driburg werden Einheiten aus Brakel, Steinheim, Nieheim, Warburg und Buke angefordert. Die Krankenhäuser des Kreises werden in Alarmbereitschaft versetzt: Alle dienstfreien Schwestern und Pfleger müssen in die Kliniken kommen, um sich dort für die Behandlung von eventuellen Verletzten vorzubereiten. Glücklicherweise müssen später nur vier Mitarbeiter aus dem Gewerbegebiet mit leichten Atembeschwerden behandelt werden. Zugleich sperrt die Polizei nicht nur die Bundesstraße 64 ab Stellberg, sondern beginnt mit der Evakuierung des gesamten Gewerbegebietes. In den Wohngebieten auf der anderen Seite der wichtigen Verkehrsader werden die Bewohner per Lautsprecher aufgefordert, Fenster und Türen geschlossen zu halten.
Die größte Herausforderung für die Einsatzkräfte: die Integ-Werkstätten für Menschen mit Behinderung im Gewerbegebiet. Ihre rund 450 Mitarbeiter müssen ebenfalls evakuiert werden. Die Nethehalle in Neuenheerse wird für den gesamten Tag ihre Bleibe, wo sie von der Einsatzgruppe des DRK und hilfsbereiten Anwohnern versorgt werden.
Die Feuerwehr vor Ort bereitet sich auf eine mögliche Explosion vor. Eine mobile Einsatzleitstelle mit mehreren Fahrzeugen wird aufgestellt. Messeinheiten sind in der Stadt unterwegs, um die Gaskonzentration zu messen. Dann heißt es warten.
An die Unglücksstelle selbst kommt niemand heran. Obwohl die Leitung, die etwa 2.500 Haushalte der Umgebung versorgt, abgestellt wird, dauert es Stunden, bis der hohe Druck aus der Leitung gewichen ist. Um 11.15 Uhr werden immer noch 22 Bar gemessen. Erst gegen 14 Uhr ist der Gasaustritt vollständig gestoppt. Experten messen noch einmal die Gaskonzentration vor Ort, bevor sie mit der Reparatur beginnen und die Bundesstraße wenig später für den Verkehr freigeben. Das Leck selbst wird mit einer Edelstahlmanschette verschlossen.