Verbot von Bleimunition: Frontalangriff auf Schützen-Tradition im Kreis Höxter?

Kreis Höxter. Es sind deftige Worte, die Bezirksschießmeister Wilfried Kreilos in den Mund nimmt, wenn er auf das geplante Komplettverbot von Bleimunition zu sprechen kommt. In der Tageszeitung nicht zitierfähig. Er hält es, freundlich übersetzt, für eine abwegige und realitätsfremde Idee der EU-Kommission. Zumindest mit Blick auf die Schützenbruderschaften und Vereine. Schon seit viele Jahren arbeitet die EU-Kommission daran, Bleimunition schrittweise komplett zu verbieten. Blei ist hochgiftig, es schädigt bekanntermaßen Nerven und Nieren. Die Weltgesundheitsorganisation zählt das Schwermetall zu den zehn für Menschen gefährlichsten Stoffen. Aus fast allen Lebensbereichen ist Blei deshalb bereits verbannt, nur eben im Schießsport und bei der Jagd noch nicht. Durch Bleischrot, so hat es die Europäischen Chemikalienagentur Echa berechnet, gelangen jährlich etwa 18.000 bis 21.000 Tonnen Blei in die Umwelt – europaweit. Die Europäische Kommission berät deshalb aktuell über ein komplettes Verbot von Bleimunition, nachdem nach vielen Jahren Diskussion erst im Februar ein Einsatzverbot in Feuchtgebieten in Kraft trat. &bdquo;Zwei Ausschüsse der Europäischen Chemikalienagentur hatten grundsätzlich ein Verbot von Bleimunitionen vorgesehen. Für bestimmte Bereiche soll unter hohen Auflagen eine Ausnahme gestattet sein“, berichtet der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete Christian Haase. Eine gezielte Ausnahme für das Schießen bei Schützenfesten sei allerdings noch nicht vorgesehen, obwohl sich die Europäische Gemeinschaft der Historischen Schützen, die in zwölf Ländern der Europäischen Union aktiv ist, dafür eingesetzt hat. Die Realität in den Vereinen Die betroffenen Schützenbruderschaften und Schützenvereine in der Region verstehen die ganze Aufregung nicht. Am wenigsten eben der Schießmeister des Bezirks Höxter des Bundes der Historischen Schützenbruderschaften, Wilfried Kreilos. Der Bellerser Senior ist unter anderem verantwortlich für den ordnungsgemäßen Ablauf von Schießveranstaltungen auf Bezirksebene. Dafür musste er einige Fortbildungen absolvieren. Immerhin geht es um die Sicherheit. Schon deshalb sind die Vorschriften sehr streng. So muss es bei Vogelschießen im Freien immer einen entsprechend großen Kugelfang geben. Das Gewehr selbst ist in eine Lafette eingespannt, die sich nur minimal bewegen kann, erläutert Kreilos. Es darf nämlich unter keinen Umständen passieren, dass der Schütze am Kugelfang vorbeizielen kann. Die Kugel fällt dann in Sand, auf Folie oder in eine Wanne. All das wird von der Kreispolizeibehörde genau kontrolliert, denn bei ihr muss jedes Schießen im Freien beantragt werden. &bdquo;Es kann also nicht passieren, dass Munition oder Blei in die Umwelt gelangt“, sagt Kreilos. Noch weniger, wenn im Schießstand auf Scheiben geschossen wird. Die Munition wird schließlich komplett aufgesammelt und entsorgt. In seiner Heimatbruderschaft in Bellersen, wo auf der Schießbahn auf Scheiben geschossen wird, kommen so regelmäßig ein bis zwei Eimer Bleischrott zusammen, die an einen Schrotthändler übergeben werden, der die ordnungsgemäße Entsorgung schriftlich quittiert. Auch CDU-Politiker Haase, selbst Schütze in Beverungen, unterstreicht: &bdquo;Die Kugelfänge fangen die bleihaltige Munition bereits ab und werden anschließend recycelt. Ein Eindringen in den Bodenbereich werde somit ausgeschlossen.“ Die Alternativen zum Blei Warum nicht andere Geschosse beim Vogelschießen verwenden? Etwa aus Messing oder Kupfer. &bdquo;Weil sie deutlich härter sind als Blei, sie sind nicht so genau“, sagt Kreilos. Außerdem so betont der Rolfzer Bezirksbundesmeister Stefan Rüther, seien die Kosten um ein Vielfaches höher und für viele Vereine dann kaum mehr tragbar. Sie müssten dann genau abwägen, ob sie die Tradition des Königsschießens noch fortsetzen können Außerdem: &bdquo;Die Umrüstungen zu den Schieß-Vorrichtungen insbesondere die Vogelhochstand, Schießanlage, Lafette, Bodenbeläge bedeuten für die Vereine horrende Kosten“, ergänzt Christian Haase. Und das, obwohl der Effekt für die Umwelt gleich null ist. Für das regelmäßige Vereinsschießen haben einige Vereine im Kreis Höxter, wie die Bad Driburger Bürgerschützengilde oder die Höxteraner Schützengilde bereits auf Lasertechnik umgestellt. Für Bezirksschießmeister Wilfried Kreilos keine Alternative beim Vogelschießen. Für ihn geht damit das Gefühl beim Schießen verloren. &bdquo;Ein mögliches Verbot der Nutzung bleihaltiger Munition stellt Millionen Schützinnen und Schützen sowie Jägerinnen und Jäger vor beträchtliche finanzielle Herausforderungen“, fasst Christian Haase zusammen. Der Bund der Historisch Deutschen Schützenbruderschaften mit den Verbänden aus Schießsport, Schützenwesen, Jagd, Industrie, Handel und Handwerk fordern EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen deshalb auf, sich gezielt für die Traditionen des Schützenwesens und der Jagd sowie für längere Übergangsfristen einzusetzen. Das Gebot der Bleiminimierung sei aus Umweltsicht wünschenswert, solange keine adäquaten Ersatzstoffe zur Verfügung stehen, würde ein Verbot von bleihaltiger Munition zu weit greifen. Die Forderung der Schützen &bdquo;Die Schützenvereine bewahren unsere heimischen Traditionen und sind ein wichtiger Teil unserer ostwestfälischen Identität. Sie pflegen den Zusammenhalt unserer Gesellschaft vor Ort. Die Corona-Pandemie ging auch an unseren Vereinen nicht spurlos vorbei. Das geplante Bleimunitionen-Verbot würde hohe zusätzliche Belastungen für die vielen ehrenamtlichen Schützenvereine bedeuten. Umweltschutz geht auch anders und darf nicht auf Kosten unserer Bräuche und Werte gehen“, meint Haase. Wie gefährlich Bleimunition für Menschen ist, wenn Wildtiere damit geschossen worden, hat das Bundesinstitut für Risikobewertung umfangreich untersucht. &bdquo;Eine Gesundheitsgefährdung von mit Bleimunition erlegtem Wildbret beschränkt sich wegen der besonderen Empfindlichkeit im Wesentlichen auf Schwangere und Kleinkinder“, so das Ergebnis. Für &bdquo;Normalverzehrer“ sei die zusätzliche Aufnahme an Blei über Wildfleisch gegenüber der Gesamtaufnahme an Blei über alle anderen Lebensmittelgruppen toxikologisch unbedeutend. Ganz anders die Situation bei Tieren, wie der NABU schon seit vielen Jahren betont: Blei sei zum Beispiel immer noch die Haupttodesursache von Seeadlern und gefährde zahlreiche andere Tiere. Sie nehmen, wenn sie die Innereien eines erlegten Tieres fressen, Bestandteile zerlegter Bleigeschosse auf und sterben schließlich an einer schleichenden Vergiftung. Es gebe funktionierende Alternativen.

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