Aktion Stadtradeln: Dieser Zweijährige radelt den Großen davon

Höxter/Lüchtringen. 154,1 Kilometer mit dem Fahrrad. Was mancher Erwachsener im ganzen Sommer nicht schafft, hat Alexander aus Lüchtringen in nicht mal zwei Wochen absolviert. Dabei ist der kleine Sportler noch nicht mal drei Jahre alt. Deshalb fährt er bei der aktuellen Aktion Stadtradeln in seiner Altersklasse auch völlig außer Konkurrenz – weil in seinem Alter die anderen Kinder noch gar nicht in die Pedale treten. Was steckt hinter dem Phänomen? Auch Alex sollte – wie alle Kinder in seinem Alter – nach dem Willen seiner Eltern Vanessa und Adrian Müller eigentlich noch mit dem Laufrad durch die Gegend fetzen. Dann entdeckte er das erste Rad seiner großen, sechsjährigen Schwester Christina. Für sie längst zu klein, wollten es die Eltern erstmal wegpacken. Doch das kleine Energiebündel forderte mit Vehemenz, darauf fahren zu dürfen, berichtet Mama Vanessa. Warum also nicht mal ausprobieren? "Seit dem will er eigentlich nur noch Fahrradfahren" Es klappte nach zwei, drei Proberunden auf Anhieb. Alex erwies sich als Naturtalent. Das war Mitte Mai. &bdquo;Seit dem will er eigentlich nur noch Fahrradfahren", berichtet Vanessa Müller. Eine Leidenschaft, die sie absolut nachvollziehen kann, weil sie sie teilt. Schon als Jugendliche ist sie für das MTB Race Team Höxter Rennen gefahren, siegte in ihrer Altersklasse beispielsweise 2011 beim Höxteraner Altstadtrennen. Dennoch will sie ihre Kinder keinesfalls zum Radfahren drängen. &bdquo;Sie wollen das von allein", berichtet die junge Mutter, die gleichwohl weiß, dass die Strecken von Lüchtringen nach Höxter oder nach Holzminden auch mit Distanzen von sechs oder sieben Kilometern für ihre Kinder eine Herausforderung sind. Langsam geht es deshalb vorwärts. &bdquo;Dann dauert die Fahrt halt eine Stunde. Das macht aber nichts", erklärt sie. Auch ausreichend Pausen, beispielsweise zum Eisessen oder für die Ergotherapie, werden selbstverständlich eingeplant. Genügend Zeit nehmen, sei das Wichtigste. Weil sie ob des guten Wetters fast täglich mit ihren Kindern mit dem Rad unterwegs ist, kam schnell die beachtliche Kilometerzahl in den vergangenen Wochen zusammen. Angemeldet hat sie ihre Kinder beim Stadtradeln mehr aus Spaß. Denn wieso sollen nur die Großen ihre Kilometer zählen? Und wenn einer der beiden auf dem Rückweg nach Hause dann doch keine Lust mehr hat? Dann helfen kleine, kindgerechte Spiele, erzählt Vanessa Müller. Dann wird das Fahrrad kurzerhand zum Motorrad oder Feuerwehr, und schon geht es mit lautem Gebrumm oder Tatütata und neuer Motivation weiter. Wirklich nötig sei das aber sehr selten. Auch die große Schwester sammelt fleißig Kilometer Die Reaktionen von Fußgängern und anderen Radfahrern seien (fast) durchweg positiv, viele finden den zweijährigen und seine sechsjährige Schwester einfach niedlich. Zumal Alexander schon sehr gut weiß, dass er bei Gegenverkehr langsam am Rand fahren muss. &bdquo;Das klappt sehr gut", berichtet Mama Vanessa. Es werde viel Rücksicht auf die Kinder genommen.Den einzigen kleinen Unfall hat der Zweijährige nicht zu verantworten. Ein E-Bike-Fahrer hatte versucht, schnell zwischen ihm und Mama hindurchzukommen, als sie abbiegen wollten. Alex sprang vom Rad ab, wie er es derzeit noch tut, weil er das richtige Absteigen noch üben muss. Getan hat er sich nichts. Und auch der E-Bike-Fahrer beruhigte sich nach kurzer Aufregung und konnte weiterfahren. Genauso viele Kilometer wie Alexander ist übrigens auch die sechsjährige große Schwester gefahren. Sie ist in Sachen Bewegung das große Vorbild für den Zweijährigen. Auch ihre Leistung ist ein kleines Wunder. Denn lokale Schlagzeilen machte das Mädchen bereits mit ihrer Geburt. Sie kam in der 25. Schwangerschaftswoche auf die Welt. 420 Gramm purer Lebenswille. Der Kopf war kaum größer als ein Tischtennisball, die Arme waren kaum dicker als Streichhölzer. Ihr ganzer Körper passte in eine Hand. Es dauerte Wochen, bis Vanessa und Adrian Müller ihr Kind das erste Mal im Arm halten konnten. Dazwischen lag eine Operation nah am Herzen – die Christina ohne Probleme überstand. Nach vier Monaten Krankenhaus durfte sie endlich nach Hause. Jahrelange Therapien und auch eine Sehfrühförderung hat sie tapfer gemeistert und steht den Kindern ihrem Alter in nichts nach, auch wenn ihr Immunsystem immer etwas anfälliger ist. Noch immer muss sie regelmäßig zur Ergotherapie nach Höxter. Dorthin fährt sie – natürlich – mit dem Fahrrad.

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