Ärger um Wahlempfehlungen des künftigen Landrats im Kreis Höxter

Höxter/Marienmünster. Darf ein gewählter Landrat, der aber noch nicht im Amt ist, auf der Seite eines politischen Kreisverbandes Wahlempfehlungen für Parteikollegen aussprechen und offensiv um die Wählerstimmen für diese Bürgermeisterkandidaten bei der Stichwahl am 27. September machen? Ja, sagt offenbar die Rechtssprechung. Weil er eben noch nicht im Amt ist – und auch nicht in der Funktion als Bürgermeister oder Sprecher der Bürgermeister spricht. Und auch keine Amtsräume oder öffentlichen finanziellen oder sachlichen Werte dabei oder dafür nutzt. Nein, sagt das politische Empfinden anderer Kandidaten oder Parteien. Was passiert ist Es gibt zwei Videos auf der Seite des CDU-Kreisverbandes Höxter, in denen sich Michael Stickeln klar für die beiden CDU-Kandidaten in Höxter und Marienmünster, Daniel Razat und Kai Schöttler, ausspricht. Inklusive Appell an die Bürger, Razat und Schöttler doch bei der Stichwahl mit ihren Stimmen zu unterstützen. Razat stehe für Visionen und Tatkraft, Energie und Kompetenz, Schöttler sei die &bdquo;optimale Besetzung" für das Amt des Bürgermeisters in Marienmünster, weshalb er den Bürgern &bdquo;wärmstens empfehle", dem CDU-Kandidaten die Stimme zu geben. Was Recht ist Es stehen sich Recht auf freie Meinungsäußerung und Neutralitätsgebot eines Amtsinhabers gerade in Wahlkampfzeiten in der Bewertung gegenüber. Dazu gibt es Verwaltungsgerichtsurteile und Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zum Thema &bdquo;Amt oder nicht Amt? – Das ist hier die Frage". So heißt es darin, dass eine &bdquo;Äußerung stets auf ihren Amtsbezug geprüft werden" müsse (siehe Info-Kasten). Und das Bundesverwaltungsgericht stellte fest: &bdquo;Wahlempfehlungen zugunsten einer Partei oder eines Wahlbewerbers, die ein Bürgermeister in amtlicher Eigenschaft abgibt, werden nicht durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) gedeckt. Sie verstoßen vielmehr gegen die den Gemeinden und ihren Organen durch das bundesverfassungsrechtliche Gebot der freien Wahl auch im Kommunalwahlkampf auferlegte Neutralitätspflicht." Aber: Als Privatperson, Wahlbewerber oder Mitglied von Parteien oder Wählervereinigungen dürfen sich auch Bürgermeister politisch positionieren, hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt. ?(AZ 8 C 5/96) Was Stickeln sagt Beides kommt in diesen Fällen aber nicht zum Tragen. Denn Stickeln steht beim Videodreh im Grünen oder vor der Skyline von Höxter – also kein Bezug zu Amtsräumen. Und er spricht auch nicht als Warburger Bürgermeister oder Landrat, sondern als &bdquo;künftiger Landrat", wie er selbst in den Videos sagt. &bdquo;Mit beiden Kandidaten habe ich gemeinsam Wahlkampf gemacht", erklärt der 51-Jährige auf NW-Anfrage. Einen fairen, wie er betont. Ganz bewusst habe er sich deshalb für diese Videos entschieden. &bdquo;Das ist rechtlich absolut einwandfrei. Auch wenn ich verstehe, dass andere es nicht gern sehen." Doch man sei eben noch im Wahlkampf. Und da gehöre es dazu, dass man Parteifreunde unterstütze. Die Videos seien auch für die gedacht, die noch unentschieden seien – &bdquo;damit sie sich ein Bild machen können". Was die Parteien sagen &bdquo;Nach unserer Kenntnis war die Unterstützung einzelner Kandidaten aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden", sagt auch Rainer Brinkmann, Kreisgeschäftsführer der SPD. Aber: &bdquo;Politisch und stilistisch halten wir das für fragwürdig. Wir hätten uns ein neutrales Vorgehen des zukünftigen Landrates gewünscht." Die Grünen in Marienmünster, die Schöttlers unabhängigen Gegenkandidaten Josef Suermann bei der Kommunalwahl unterstützen, kommentieren gemeinsam mit dem UWG-Stadtverband Marienmünster: &bdquo;Der Stilbruch ist vollendet. Wir sind eine Partei, die nicht streitbar auftreten will, deshalb versuchen wir, die Situation positiv auf den Punkt zu bringen." Das Wahlergebnis in Marienmünster habe gezeigt, was der Wählerwille sei. Sie gehen in die Offensive: Der einzige Bürgermeister-Kandidat, der mit Fachwissen und Kompetenz die Stadt Marienmünster mit seinem bunten Rat führen, leiten und lenken könne, sei Suermann, sagt Jutta Fritzsche mit Blick auf die knapp 48 Prozent für Suermann bei Runde eins. Die Wahlwerbung für Bürgermeisterkandidaten durch Michael Stickeln bezeichnen die Grünen im Kreis Höxter als &bdquo;völlig unangemessen": &bdquo;Ein amtierender Bürgermeister sollte sich aus den Wahlentscheidungen der Bürgerinnen und Bürger in anderen Städten heraushalten", bezieht Josef Schrader, Vorstandsmitglied von Bündnis 90/Die Grünen im Kreis Höxter, Stellung. &bdquo;Auch als gewählter Landrat sollte er so klug sein, sich bei der Wahlwerbung für einzelne Kandidaten in kreisangehörigen Städten in Zurückhaltung zu üben", ergänzt Vorstandskollegin Martina Denkner.

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