ZUE soll mehr Westbalkan-Flüchtlinge aufnehmen

Borgentreich. In der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) in Borgentreich werden von Anfang März bis voraussichtlich Ende August Asylsuchende aus dem Westbalkan mit geringer Bleibeperspektive aufgenommen. Die Entscheidung des Landes Nordrhein-Westfalen bestätigte am Dienstag Peter Westphal von der Detmolder Bezirksregierung. An der Aufnahmekapazität der ZUE werde sich nichts ändern, lediglich die Zusammensetzung der Flüchtlinge werde "zeitlich befristet" eine andere sein, so Westphal gegenüber der NW. "Von den insgesamt 500 Plätzen in Borgentreich sollen dafür maximal 330 genutzt werden." Landesweit werden fünf weitere Einrichtungen die Unterbringung von Personen im beschleunigten Verfahren vorübergehend unterstützen. Es handelt sich um Menschen, die bislang keinen Asylantrag stellen konnten oder noch auf eine abschließende Entscheidung des zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) warten. "Durch das beschleunigte Verfahren soll über ihre Asylanträge innerhalb von einer Woche entschieden werden", so Westphal. Die ZUE Borgentreich sei ausgewählt worden, weil sie die infrastrukturellen Voraussetzungen für eine Unterbringung, Versorgung und Sicherheit von asylsuchenden Personen biete und bei einer aktuellen Belegung von rund 300 Personen auch noch weitere Kapazität habe. "Das Gelände ist sehr weitläufig und bietet den Bewohnern genügend Raum", hält Westphal fest. Derzeit sind in der Einrichtung vornehmlich Menschen aus den Ländern Albanien, Mazedonien und Aserbaidschan untergebracht. In der Stadtratssitzung am Dienstagabend unterrichtete Bürgermeister Rainer Rauch die Borgentreicher Mandatsträger von der Entscheidung aus dem NRW-Innenministerium. Überlegungen, die Borgentreicher ZUE zu einer zentralen Rückführungseinrichtung für Asylsuchende aus den westlichen Balkanländern um-zuwandeln, gab es vor eineinhalb Jahren. Daran erinnert der Rathauschef. Seit damals sei kein anderer Sachverhalt entstanden, bemerkt Rauch. Die Borgentreicher Kommunalpolitiker hatten sich damals klar positioniert und eine Nutzung als Abschiebeeinrichtung grundsätzlich abgelehnt und darauf hingewiesen, die ZUE sei für eine solche Unterbringung nicht geeignet. Das Land hatte im Herbst 2015 dann von den Plänen Abstand genommen. "Die Stadt hat nach einer Meldung des WDR den mit Abstand höchsten Anteil an Flüchtlingen pro 1.000 Einwohner", hält Rauch für die rund 2.500 Einwohner zählende Kernstadt fest. Damit leiste die Stadt bereits einen herausragenden Beitrag zur Aufnahme von Flüchtlingen, sagt Rauch. Es sei mehrfach auf die örtliche Erstaufnahmeeinrichtung als "Vorzeigeeinrichtung" hingewiesen worden. »Innenministerium stellt die Stadt jetzt vor vollendete Tatsachen« Durch die Anrechnung der Flüchtlinge der ZUE auf ihre Aufnahmeverpflichtung von Flüchtlingen habe die Stadt Borgentreich bisher von der ZUE profitiert und werde dies auch weiterhin tun, so Westphal. Dass die jetzt in Borgentreich zu erwartenden Asylsuchenden nicht Kommunen zugewiesen werden, wird betont. Viel wichtiger sei für ihn der Sicherheitsaspekt, der bereits im Herbst 2015 thematisiert worden sei, sagt Bürgermeister Rauch. Es sei ein erhöhtes Konfliktpotenzial zu erwarten, das die Sicherheitslage deutlich verändern werde. Rauch fordert entsprechend einen höheren Polizeieinsatz. "Wir liegen als Unterbringungsstandort in NRW am weitesten von einer Einsatzhundertschaft entfernt", so Rauch. Die sei rund 110 Kilometer entfernt in Bielefeld stationiert. Zudem werde als Abschiebeflugplatz der Düsseldorfer Airport genutzt. Da brauche es eine gewisse Logistik. Doch das Innenministerium stelle die Stadt jetzt vor vollendete Tatsachen. Rauch sieht dadurch auch die Glaubwürdigkeit der kommunalen Politik arg angekratzt. Der Bürgermeister lobt die gute Zusammenarbeit innerhalb der Ordnungspartnerschaft der Stadt mit den Mitarbeitern des Malteser-Werkes und der Polizei. Doch eine Entscheidung "im hintersten Winkel des Landes, wenn auch nur vorübergehend, ein Ausreisezentrum zu schaffen, halte er für "nicht ausgegoren". Rauch verweist auf die bayerische Stadt Manching, in der das Land nach Einrichtung einer Rückkehrerunterkunft 20 zusätzliche Polizeikräfte gestellt habe. Den Ruf nach mehr Polizei äußern auch die heimischen CDU-Politiker Hubertus Fehring und Christian Haase. Der Landtags- und der Bundestagsabgeordnete fordern die Landesregierung zum Handeln auf. "Das Zusammenleben mit den Flüchtlingen gelingt in Borgentreich bisher dank des großen ehrenamtlichen Engagements der Menschen vor Ort", schreiben sie in einer Mitteilung an die Presse. Doch nun sehe man eine weitere Belastung auf die Bewohner zukommen. Mit der größeren Zahl an Flüchtlingen, die in der ZUE untergebracht werden, müsse auch die Polizeipräsenz vor Ort verstärkt werden. "Wir fordern die Landesregierung auf, der Kreispolizeibehörde für diese Aufgabe zusätzliches Personal zur Verfügung zu stellen", so die beiden Christdemokraten. Eine verstärkte Polizeipräsenz trage zum subjektiven Sicherheitsgefühl bei. "Wir wollen, dass die Borgentreicher sich sicher fühlen", so Haase und Fehring. Auch die Organistion einer zeitnahen Abschiebung mahnen sie an. Die Anerkennungsquote von Westbalkan-Flüchtlinge liege bei nahe Null. Man dürfe diesen Menschen keine falschen Hoffnungen machen. Der Bundestag habe beschlossen, dass die Westbalkan-Staaten "sichere Herkunftsstaaten" seien, erklärt Haase. »Baustein, der dazu beigetragen hat, dass es in der Einrichtung gut läuft« Entspannter sehen es die Verantwortlichen der Kreispolizeibehörde Höxter. Es sei immer gesagt worden, "wir sorgen in Borgentreich für die Sicherheit", sagt deren Sprecher Markus Tewes. Das werde auch so bleiben. Auch in den Monaten der vorübergehenden Aufstockung in der Zentralen Unterbringseinrichtung bleibe es bei den bisherigen Präsenzkonzepten, die sich als erfolgreich erwiesen hätten, sagt Polizeidirektor Jürgen Koch. "Ein Baustein, der dazu beigetragen hat, dass es in der Einrichtung gut läuft." Die Meinungen und Forderungen der Politiker seien in der Behörde zur Kenntnis genommen worden. Mit dem vorhandenen Personal werde die Polizei auch weiter im Ort ausgiebig genügend Präsenz zeigen, so Koch. Eine punktuelle Unterstützung, etwa bei größeren Rückführungsaktionen, sei für den Zeitraum der erhöhten Belegung zugesichert worden, berichtet Markus Tewes. Es sei nicht zu erwarten, "dass wir im Alltag dauerhaft eine stärkere Polizeipräsenz benötigen". Denn der sei auch in den kommenden Monaten mit dem derzeitigen Personal zu schultern.

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