Ansgar Hecke züchtet in Borgentreich Schildkröten

Borgentreich. "Die müssen erst warm werden", sagt Ansgar Henke nach einem Blick ins Körbchen. Zum Pressetermin hat der 50-Jährige darin einige seiner Schildkröten ins Innere geholt. Eigentlich leben sie ganzjährig in seinem Garten. Dort hat der Großenederer ihnen ein kleines Paradies erbaut. Holzbretter zäunen ein großes Stück Rasenfläche ein, in dem Hügel, Baumstümpfe und ein großes Gewächshaus stehen. "Dort überwintern meine Schildkröten. Ich habe es frostfrei gestaltet. Doch noch ist es nicht ganz soweit", sagt er und öffnet die Tür des Gewächshauses. Die Liebe zu den Schildkröten, genauer gesagt griechischen Landschildkröten, entstand bereits im Kindesalter. "Damals war das einfach ein günstiges Haustier. Schildkröten kosteten zwischen 2,50 und fünf D-Mark", erzählt Henke. Lange hat er die Tiere gehalten, immerhin kann so eine Schildkröte rund 80 Jahre alt werden - manche Arten sogar noch älter. Als es für den heute 50-Jährigen aus Großeneder zur Bundeswehr ging, musste er seine gepanzerten Kröten aus Zeitgründen abgeben. Von denselben Bekannten übernahm er einige Jahre später ein Schildkröten-Männchen - namens Panzer. "Das war etwa 1995", sagt Henke und erzählt, dass er wenig später auch das Weibchen namens "meine Große" dazunahm, denn: "Irgendwie glaubte ich, dass Panzer mich traurig angeschaut hat und gerne Gesellschaft wollte." Zu diesem Zeitpunkt lebten die Schildkröten noch in einem Terrarium und überwinterten im Kühlschrank. Mehr und mehr informierte Henke sich über Krankheitsbilder seiner gepanzerten Tiere und deren Ursachen, die übrigens fast immer an die Haltung gebunden sind. "Mit der falschen Lampe kann die Schildkröte ganz schön krank werden", sagt Henke und nennt einige Beispiele, wie weiche Panzer oder Parasiten. Zum Züchten kam der 50-Jährige durch Zufall im ersten Jahr, in dem das Schildkröten-Paar vereint war. "Ich sah das Weibchen im Frühjahr nach einem Legeplatz suchen. Sie grub mit ihren Hinterfüßen ein Loch. Es war purer Zufall. Wenn man es nämlich nicht sieht, findet man die Nester nicht", weiß Henke mit heutiger Erfahrung. Inzwischen legt er sich zur passenden Zeit immer auf die Lauer. Sobald die Weibchen graben, eilt er mit einer kleinen Plastikschüppe herbei. "Man muss die Eier, in der Regel sind es zwischen sechs und acht, vorsichtig freilegen und markieren. Denn anderes als, Vogeleier, werden Reptilieneier allgemein nicht gedreht. Nur wenn sie ruhig liegen, können kleine Schildkröten schlüpfen." Da es in den dortigen Breitengeraden unwahrscheinlich ist, dass die Eier ohne Hilfe ausbrüten, entnimmt er sie und legt sie in eine Brutmaschine. Rund 60 Tage dauert es dann bei bis zu 32 Grad und bis zu 80 Prozent Luftfeuchtigkeit. "Das Interessante ist, dass man bei 28 bis 30 Grad mehr Männchen erhält und bei mehr als 31 Grad mehr Weibchen", sagt Henke und erzählt, dass er zwecks Arterhaltung vorwiegend Weibchen züchte. Denn der Großenederer ist kein Züchter aus kommerziellen Gründen. Die Bedrohung der Art in Griechenland erschreckte ihn. Schildkröten gelten dort als Ungeziefer, in den 1970er und 1980er Jahren verdienten sich die Kinder in Griechenland ihr Taschengeld durch Absammeln und Verkauf der Tiere: "Das war ein Massengeschäft, wodurch hier auch die Preise für die Tiere so gering waren. Das änderte sich erst gegen Ende der 1980er, als die griechische Landschildkröte unter Artenschutz gestellt wurde." Heute ist sogar die Haltung der Tiere meldepflichtig. Der Preis für Jungtiere beträgt heute zwischen 80 und 90 Euro. Wenn die kleinen Kröten schlüpfen, ist ihr Panzer ganz weich und sie sind in etwa so groß wie ein Zwei-Euro-Stück. "Ich inseriere meinen Nachwuchs nicht und gebe ihn auch nicht zwangsläufig ab. Nur Leute, die mit der Haltung von Schildkröten vertraut sind, bekommen ein Tier von mir", sagt Henke. Denn gerade die Haltung liegt ihm am Herzen. Dabei ist gerade die eigentlich einfach: Wasser, Wärme, Licht und das richtige Futter sind der Schlüssel zu einem harten Panzer und einem langen Leben. "Hält man die Tiere draußen, geht es ihnen dort deutlich besser. Auch die Fütterung wird oft falsch gemacht", sagt Henke und erzählt, dass er kaum Nahrung für die gepanzerten Kröten kaufe. Er sammelt es beim Spaziergang mit seinem Hund am Wegesrand. "Frische Pflanzen, wie Löwenzahn oder Disteln, eigentlich alles, was die Kuh frisst, mögen sie gern und können sie vertragen. Früchte sind nicht gut, denn sie können den Fruchtzucker nicht vertragen", erklärt Henke. Die Überwinterung sei wichtig, um die Schildkröte langfristig fit zu halten. Ab Oktober gräbt sie sich dafür in feuchte Erde und erstarrt. Zuvor löst sie sich in einem Wasserbad: "Ohne dieses Entwässern wird sie während der Starre krank. Das alles habe ich mit der Zeit gelernt." Probleme damit, seine Tiere auseinanderzuhalten, hat Henke nicht: "Der Panzer ist wie ein Fingerabdruck, jedes Muster ist einzigartig." Und so auch der Charakter der Tiere. Einige sind etwas wilder und agiler, andere nicht. "Die Schildkröten sind nichts zum Spielen, sondern zum Beobachten. Ich finde sie klasse, denn kein Tier ist so alt, wie sie", sagt Henke lächelnd.

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