Würgassen-Gutachten zum Atommüll-Lager lässt Kritiker jubeln

Würgassen. Ein wissenschaftliches Gutachten zur Sinnhaftigkeit des Atommüll-Bereitstellungslagers in Würgassen bringt neuen Schwung in die öffentliche Diskussion. Zusammenfassen liest sich die 175-Seiten-Expertise im Grunde so: Ein solches Lager hätte sicherlich Vorteile in der Logistik, ist aber bei vernünftiger Planung der Anlieferung des schwach- und mittelradioaktiven Mülls nicht wirklich notwendig. Für dieses Ergebnis haben die Gutachter des TÜV Nord sehr detailliert verschiedene Größen wie Zeit, Strecke, Unfallrisiko und Strahlenbelastung der Bevölkerung sowie des Personals untersucht – und es empfiehlt sich vor dem Lesen ein Physik- und Trabsportwissenschaftliches Studium mit Schwerpunkt Atommüllendlagerung, um in Gänze nachzuvollziehen, wie die Experten zu ihrer Bewertung kommen. Beverungens Bürgermeister Hubertus Grimm hat zwar nichts in dieser Richtung studiert, beschäftigt sich qua Amt aber seit Jahren intensiv mit diesem Thema und hat auch das Gutachten sehr gründlich gelesen. &bdquo;Wir fühlen uns in unserer Auffassung bestätigt, dass ein Bereitsstellungslager nicht notwendig ist, sagt Grimm im Gespräch mit nw.de. Die Einlieferung werde durch ein Bereitstellungslager nicht signifikant verbessert, liest er aus der wissenschaftlichen Analyse heraus. Und er erinnert an das Verbesserungspotenzial an anderer Stelle, auf das im Gutachten hingewiesen wird. So würde ein Zwei-Schicht-Betrieb direkt im Endlager Schacht Konrad eine Menge bringen und zu einer deutlich verkürzten Einlagerungsdauer führen. Derzeit ist offenbar nur ein normaler Tagschicht-Betrieb geplant. Optimierungspotenzial gebe es auch an den derzeit rund 21 Zwischenlagern, die teilweise direkt an den ehemaligen Atomkraftwerken liegen. Bis auf zwei könnten diese aber ohne viel zusätzlichen Aufwand für eine Just-in-time-Lieferung direkt zum Endlager genutzt werden. »Man muss sich ernsthaft die Frage stellen: Will man das?« Natürlich hat auch ein Zwischenlager Vorteile. Das weiß auch Hubertus Grimm. So würden die anderen Zwischenlager schneller leer sein und auch die Transportkilometer würden deutlich reduziert, weil sich größere Verbände zusammenstellen lassen. Die Frage sei aber, ob dieser Vorteil die Nachteile eines Bereitstellungslagers aufwiegt. Grimm nennt da beispielsweise die Baukosten. Einst mit 500 Millionen Euro angegeben, ist jetzt schon allen Beteiligten klar, dass sie deutlich höher sein werden. Lager-Kritiker Matthias Goeken und Uwe Schünemann, beide CDU-Landtagsabgeordnete, sprechen inzwischen von etwa einer Milliarde Euro. Grimm warnt vor solchen Zahlen. Zurzeit könne die Baukosten niemand seriös vorhersagen. Aber weitere Nachteile sind offensichtlich. Grimm nennt die höhere Strahlenbelastung für Bevölkerung und Personal, wie sie das Gutachten beschreibt. Auch bringe man damit eine ganze Region gegen sich auf. &bdquo;Man muss sich ernsthaft die Frage stellen: Will man das?“ Grimm sieht jetzt ganz klar das Bundesumweltministerium am Zug, dass eine Neubewertung auf Basis des Gutachtens vornehmen müsse. Die erste wissenschaftliche Untersuchung zu dieser Frage, wie der Bürgermeister betont. Darin versteckt ist die Kritik, dass man in Berlin nicht selbst ein solches Gutachten in Auftrag gibt, bevor man eine solch weitreichende und teure Entscheidung fällt. Eine Vorwurf, den der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete Christian Haase ganz offen ausspricht. &bdquo;Ein solches Gutachten hätte an den Anfang aller Überlegungen gehört“, moniert der Beverunger Politiker. Er hat die Bundesumweltministerin schon einmal kritisiert. »Die Ministerin muss ihre Blockadehaltung aufgeben « Haase sieht in dem Gutachten ebenfalls die Bestätigung, dass die Vorteile eines Bereitstellungslagers nicht so groß seien, &bdquo;wie die Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung uns immer weiß machen wollte.“ Es gebe genug Optimierungsmöglichkeiten an anderer Stelle, die ein solches Lager entbehrlich machten. Auch er verwies auf die hohen Kosten. Die heimischen CDU-Landtagsabgeordneten aus NRW und Niedersachsen, Matthias Goeken und Uwe Schünemann, argumentieren in einer gemeinsamen Stellungnahme ganz ähnlich wie Grimm und Haase. &bdquo;Die Studie belegt, dass ein Bereitstellungslager für die Einlagerung in Schacht Konrad nicht erforderlich ist. Sogar ein Zweischichtbetrieb im Endlager ist ohne ein Bereitstellungslager möglich. Das hat bisher die BGZ immer bestritten.“ Die Zeitersparnis sei äußerst gering anzusehen. Dagegen werde die zusätzliche Belastung von Mitarbeitenden und Bevölkerung durch das Bereitstellungslager größer. Ihre klare Forderung: &bdquo;Aufgrund dieser Ergebnisse muss das Bundesumweltministerium die Planungen für das Bereitstellungslager in Würgassen stoppen. Insbesondere das Lagerregime in den Zwischenlagern muss endlich wissenschaftlich neu bewertet werden. Die Bundesumweltministerin muss ihre bisherige Blockadehaltung aufgeben und auf Grundlage der von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen beauftragten Studie eine wissenschaftlich basierte Lösung für die Einlagerung von radioaktiven Stoffen im Schacht Konrad finden.“ Ein bisschen Hoffnung hat Beverungens Bürgermeister Hubertus Grimm diesbezüglich. Er erinnert daran, dass Staatssekretäre im Bundesumweltministerium kürzlich bei ihrem Besuch in Beverungen zugesagt haben, das Gutachten in die Bewertung einfließen zu lassen.

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