Pömbsen

Rosenstämme erinnern an Mitbürger

Umgestalteter Platz der ehemaligen Synagoge in Pömbsen eingeweiht

19.08.2014 | 19.08.2014, 12:37
Bärbel Beckmann steckt eine der Gedenktafeln mit den Namen der jüdischen Familienmitglieder aus Pömbsen neben den Rosenstock. - © FOTOS: SILKE RIETHMÜLLER
Bärbel Beckmann steckt eine der Gedenktafeln mit den Namen der jüdischen Familienmitglieder aus Pömbsen neben den Rosenstock. | © FOTOS: SILKE RIETHMÜLLER

Pömbsen. An der Stelle der ehemaligen Synagoge in Pömbsen erinnern seit kurzem zehn Rosenstämme an die jüdischen Familien, die zu Beginn des Naziregimes in dem Bergdorf lebten. Gestern wurde der neu gestaltete Platz in der Gerhard-Lödige-Straße mit einer kleinen Feierstunde seiner Bestimmung übergeben. Gleichzeitig wurde eine Schrift mit Kindheitserinnerungen des Pömbsers Simon Grünewald vorgestellt. In den kommenden Tagen soll zudem eine vom Vorbereitungsteam der 1000-Jahr-Feier zusammengestellte Collage mit Bildern des 1938 zerstörten jüdischen Gotteshauses aufgestellt werden.

Die achteckige, zweigeschossige Synagoge der kleinen jüdischen Gemeinde war 1885 in der Gerhard-Lödige-Straße erbaut worden. Für die ländliche Gegend war das Gotteshaus mit insgesamt 70 Plätzen ein prächtiger Bau, der mit seinem Kuppeldach über die übrigen Häuser im Ort hinausragte. Der kunstvoll gearbeitete Thoraschrein war aus Holz gefertigt, mehrere der Synagogenfenster in Buntglas und Blei gefasst.

Bisher erinnerte ein Gedenkstein an die ehemalige Synagoge, die während des Novemberpogroms 1938 zerstört worden war. Dazu kamen nun die zehn Rosenstöcke. "In Vorbereitung auf das 1.000-jährige Dorfjubiläum im kommenden Jahr stifteten Bürger aus Pömbsen und anderen Ortschaften im Gedenken an die jüdischen Familien jeweils einen Rosenstamm, der von der Stadt Bad Driburg gepflanzt wurde", erklärte Pastor Edgar Zoor. Keramiktafeln an den Stämmen zeigen seit gestern die Namen der Familienmitglieder, die 1933 dort lebten und in den folgenden Jahren der Naziherrschaft ihre Heimat und oft auch ihr Leben verloren.

An der Stelle, wo bis 1938 die Synagoge in Pömbsen gestanden hatte, erinnern neben dem Gedenkstein jetzt auch zehn Rosenstämme an die Schicksale der jüdischen Familien aus dem Dorf.
An der Stelle, wo bis 1938 die Synagoge in Pömbsen gestanden hatte, erinnern neben dem Gedenkstein jetzt auch zehn Rosenstämme an die Schicksale der jüdischen Familien aus dem Dorf.

"Es kann nur einen einzigen Grund geben, warum wir heute hier sind. Wir möchten im Erinnern an die jüdische Tradition unseres Dorfes und die Zerstörung dieser Kultur durch das Naziregime die Herzen der Menschen berühren, dass sie in der Sorge um den Frieden nicht nachlassen", betonte Zoor. Sein Dank galt den vielen Helfern, die diesen Ort der Erinnerung mitgestaltet haben und auch in Zukunft weiterhin pflegen werden.

"Die Rosenstämmchen sollen ein Zeichen dafür sein, dass die dornenreiche Geschichte des jüdischen Volkes nicht das Ende derer bedeuten kann, die an den lebendigen Gott glauben. Die Rosenblüten mögen uns daran erinnern, dass die Hoffnung nicht verblühen darf, dass Friede und Versöhnung möglich sind", so Pastor Edgar Zoor. Auch die zehn tönernen Gedenktafeln sollen dem Vergessen entgegenwirken: Denn die vertriebenen und getöteten jüdischen Mitbürger seien erst dann wirklich gestorben, wenn ihre Namen in Vergessenheit gerieten.

Simon Grünewald

Unter den Gästen der Feierstunde am Sonntag war auch Hartmut Prange, der die handschriftlichen Kindheits- und Jugenderinnerungen des Pömbsers Simon Grünewald (1868 bis 1962) in einem kleinen Heft mit dem Titel "An diesem Dorfe hing ich mit ganzer Seele" zusammengefasst hat. "Die Gebetzeiten wurden streng eingehalten, und es gab niemanden, der den Gottesdienst versäumt hätte. Zu den Selichothtagen begann man damit schon nachts um vier Uhr, wenn es noch stockfinster war. Uns Kindern aber fiel es sehr schwer, aus der Dunkelheit aus dem warmen Bett zu steigen und durch die kalte Herbstluft in die Synagoge zu gehen, die übrigens auch im Winter nicht geheizt war", heißt es darin unter anderem.